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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Überfall auf ein Schiff.«
    Jetzt, nach dem Essen, fiel ihm das Reden leichter. »Diese beiden Männer, die mich und den Dottore überfallen haben, haben den Tod von Moritz auf dem Gewissen. Und Tilman ist ihr sauberer Anführer«, schloss er endlich und lehnte sich zurück. Er zog Tilmans alten Dreispitz aus der Rocktasche, wie um die Wahrheit seiner Worte zu unterstreichen.
    Die junge Frau griff nach dem speckigen Hut und drehte ihn nach allen Seiten, als ob sie darin lesen wollte.
    Â»Ich kenne deinen Tilmann«, sagte sie, und nun war es an Giacomo, erstaunt zu sein.
    Â»Ihr kennt ihn? Von woher?«
    Â»Hier in der Pfarrei kennt jeder jeden«, gab sie zurück. »Tilman ist einer der gutmütigsten und hilfsbereitesten Menschen, die ich kenne. Völlig ausgeschlossen, dass er mit diesen Verbrechern unter einer Decke steckt.«
    Â»Wenn Ihr es glaubt, bitte! Ich habe ihm auch einmal vertraut. Aber wer sonst sollte die Sache mit dem Schiff gewusst haben? Er wusste von Moritz’ Tod, von den englischen Seifen. Und außerdem hatte er nagelneue Stiefel an, als ich ihn das letzte Mal sah«, setzte Giacomo auftrumpfend hinzu. Das war Beweis genug, dass Tilman keine weiße Weste hatte.
    Die junge Frau lächelte kaum merklich.
    Â»Die neuen Schuhe hat er von Herrn Dalmonte. Für ehrliche Arbeit. Aber es stimmt, was du sagst: Tilman weiß viel. Er weiß immer viel, weil er überall herumkommt. Und vermutlich hat er geahnt, dass es bei der Herstellung eures Aqua mirabilis nicht ganz ehrlich zugeht. Ich denke zum Beispiel an einen Überfall auf einen Boten vor Farinas Haus.«
    Giacomo schwieg. Sie war schlauer, als er dachte.
    Â»Du und dein Dottore, ihr habt selbst Dreck am Stecken. Daher glaubst du, dass Tilman euch erpressen wollte. Dass er euch deshalb die zwei Halunken auf den Hals gehetzt hat.«
    Sie stand auf, nahm die Suppenschüssel und brachte sie nach hinten in die Küche. Giacomo rührte sich nicht von seinem Platz. Was machte sie so sicher, dass Tilman nicht hinter der Erpressung steckte? Er wünschte, es wäre so.
    Â»Was willst du wirklich hier?«, fragte sie, als sie zurückkam.
    Es dauerte lange, bis er antwortete: »Tilman hat mich für den Tod eines Kindes verantwortlich gemacht, das ich nicht einmal kannte. Ich habe nichts damit zu tun, aber ich will wissen, was passiert ist. Ich kann nicht verstehen, warum sich jemand an einem Kind vergreift.«
    Giacomo sah der jungen Frau an, dass ihr die Antwort nicht reichte. Eine billige Erklärung. Aber er war nicht bereit, mehr zu sagen.
    Â»Wie sehen die beiden Männer aus, die dir aufgelauert haben?«, fragte sie schließlich. Während er die beiden, so gut er konnte, beschrieb, machte sie sich Notizen.
    Â»Und der Große, wie läuft der?«
    Zuerst verstand er nicht, was sie meinte. Aber dann begriff er. Der Blonde hatte einen seltsamen Gang gehabt.
    Â»Ja …«, begann er.
    Â»Bitte, versuch seinen Gang nachzumachen!« Sie bedrängte ihn förmlich.
    Giacomo erhob sich linkisch und ging zur Wand. Dort drehte er sich um, überlegte, dann fing er vorsichtig zu gehen an.
    Â»Nein, nicht so.«
    Er ging zurück zur Wand und fing von vorn an.
    Â»Ich hab’s«, stellte er beim dritten Versuch fest. »So ähnlich.« Er schlenkerte Arme und Beine und drehte den Oberkörper vor und zurück.
    Â»Das sind sie, die Mörder von Moritz. Und vielleicht auch von Cettini.«
    Â»Das sage ich doch!« Giacomo wurmte, dass die Frau ihm anscheinend bisher nicht richtig zugehört oder ihm nicht geglaubt hatte.
    Â»Wer ist Cettini?«, fragte er dennoch.
    Â»Das ist jetzt nicht wichtig«, winkte sie ab. Dann fuhr sie fort: »Ja, du hast es die ganze Zeit schon gesagt, aber ich wollte einen Beweis. Die Gangart dieses Mannes ist es. Und sie beweist auch, dass Tilman nicht mit den beiden unter einer Decke steckt. Denn dann wäre er nicht in der Nacht des Überfalls zu uns gekommen, um zu erzählen, was er gesehen hat. Aber genau das hat er gemacht. Und uns gezeigt, wie einer der Mörder lief, der Größere der beiden. Würde er Konsorten verraten? Bestimmt nicht.«
    Giacomo dachte darüber nach.
    Â»Ihr glaubt also, dass Tilman unschuldig ist?«
    Â»Ich glaube es nicht, ich weiß es. Wir haben Tilman sogar gebeten, nach den Mördern Ausschau zu halten.«
    Plötzlich schlug sie sich erschrocken auf den Mund.

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