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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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»Ob ihm etwas zugestoßen ist?«
    Giacomo antwortete nicht sofort. Er betrachtete Tilmans Dreispitz, der zwischen ihnen auf dem Tisch lag. Er hatte sich gewundert, dass Tilman ihn nicht aufgelesen hatte. Womöglich hatte sie recht. Vielleicht hatten die Mörder herausbekommen, dass Tilman sie bei ihrem Überfall beobachtet hatte? Dann dürfte ihnen daran gelegen sein, ihn zu beseitigen.
    Â»Aber wenn Tilman nicht ihr Anführer ist, wer steckt dann hinter den beiden? Und was will dieser Unbekannte? Warum hat er versucht, den Dottore zu kaufen?«
    Â»Ich weiß es nicht.«
    Die junge Frau saß noch immer fassungslos hinter ihrem Schreibtisch. Giacomo hätte gern gewusst, wie sie hieß. Seltsam, dass sie schon so lange miteinander sprachen, und keiner kannte den Namen des anderen. Er musste den ersten Schritt machen.
    Â»Ich komme aus demselben Tal wie Signor Dalmonte. Aus dem Valle Vigezzo.«
    Â»Ich habe es mir gedacht. Damals schon, als du das erste Mal hier warst. Fast alle, die Herrn Dalmonte nach Arbeit fragen, kommen aus dem Vigezzotal. Du hast doch Arbeit gesucht, oder?«
    Giacomo bejahte. Ihre Stimme wurde leiser.
    Â»Er war damals wirklich nicht da, das musst du mir glauben. Übrigens, ich heiße Anna.«
    Â»Giacomo, Giacomo Felice.«
    Â»Felice?« Sie lächelte ein wenig. »Mit dem Namen müsstest du eigentlich ein glücklicher Mensch sein.«
    Sie schien Italienisch zu können. War der Vigezzino also ihr Vater?
    Er wusste es immer noch nicht. Überdies fand Giacomo die Bemerkung nicht besonders lustig, er erwiderte nichts.
    Sie schaute ihn prüfend an, schien zu überlegen. Der winzige maronenfarbene Fleck in ihrem Auge leuchtete. Vielleicht hatte sie gemerkt, dass ihn der dumme Spruch über seinen Namen verletzt hatte.
    Â»Ich werde dem Bürgerhauptmann Bescheid geben, du wirst mit ihm reden müssen«, sagte sie. Sie hatte sich wieder gefangen. Giacomo schluckte. Mit einer wie auch immer gearteten Obrigkeit wollte er nichts zu tun haben.
    Â»Ich verrate dich nicht. Mir wird schon etwas einfallen, was ich ihm sagen kann, wer du bist«, versprach sie, als sie sein wenig begeistertes Gesicht sah. Dann wurde sie ernst. »Ich mache mir Sorgen um Tilman. Die ›Henrietta‹ wurde von denselben Leuten überfallen, die deinen Dottore erpressen. Aber was hat das eine mit dem anderen zu tun? Wer steckt dahinter?«
    Dann fiel ihr etwas ein.
    Â»Hast du nicht gesagt, ihr Auftraggeber wolle Farina den Garaus machen?« Anna überlegte laut. »Also nicht nur Herrn Dalmonte, sondern auch Farina. Warum hat es jemand auf die beiden abgesehen? Und warum gerade in dem Moment, wo Feminis’ Tochter stirbt und das Geschäft zum Verkauf steht. Ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen. Oder …«
    Sie schien Giacomos Gegenwart vergessen zu haben.
    Â»â€¦Â oder es ist ein Täuschungsmanöver, und Farina steckt doch dahinter. Er ist beleidigt, dass Cettini und Herr Dalmonte ihm die Schuld am Tod von Feminis’ Tochter geben. Zu Recht oder Unrecht, wissen wir nicht. Sein Verhalten ist, gelinde gesagt, merkwürdig, über Cettinis Tod freut er sich und hält damit nicht hinterm Berg. Vor allem aber: Farina will beim Aqua mirabilis der Erste sein. Das Ende von Feminis’ Geschäft kommt ihm also, sagen wir einmal: gelegen. Aber dann ist da auf einmal ein Unbekannter, der Dottore, der ein ähnliches Heilwasser herstellt und die Leute glauben macht, es sei das Original. Begreiflich, dass das Farina nicht schmeckt. Er versucht, den Mann unschädlich zu machen, will sich dessen Produkt zu eigen machen.«
    Giacomo pfiff überrascht durch die Zähne.
    Â»Indem er mit ihm ein Geschäft eingeht …«
    Anna hob ratlos die Schultern.
    Â»Wahrscheinlich, aber so kommen wir nicht weiter, wir brauchen den Auftraggeber dieser Männer. Und falls Tilman etwas zugestoßen ist, weil er zu viel wusste, dann gnad’ uns Gott. Dann sind wir jetzt alle in Gefahr.«
    Giacomo stand auf. »Es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Niemand darf wissen, dass ich hier war. Ich hör mich um, sprecht Ihr mit Eurem Bürgerhauptmann, wenn es denn unbedingt sein muss. Und wegen Tilman, macht Euch keine Sorgen. Ich suche nach ihm. Wahrscheinlich treibt er sich nur irgendwo herum.«
    Aber Giacomo glaubte selbst nicht an seine letzten Worte. Sie brachte ihn zur Tür.
    Â»Danke, dass du gekommen

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