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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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bist.«
    Â»Schon gut.«
    Plötzlich griff er unter sein Hemd und nestelte an einer langen Schnur. Langsam zog er den Sacchetto hervor.
    Â»Könnt Ihr das für mich aufbewahren? Dort, wo ich schlafe, ist es nicht sicher.«

VIERUNDZWANZIG
    Sie sah ihm nach, wie er den Filzengraben hinaufging in seinen löchrigen Schuhen. Leicht und geschmeidig, wie jemand, der sein Leben lang immer viel gelaufen ist. Hinter einem Hausvorsprung verlor sie ihn aus den Augen. Ihr fiel ein, dass sie ihn nicht gefragt hatte, wo er wohnte. Vielleicht in der Nähe der Stadtmauer, dort, wo dieser Dottore seine geheime Destillerie haben musste? Einmal hatte er den Severinskirchplatz erwähnt. Sie schimpfte mit sich, das hätte ihr nicht passieren dürfen.
    Ob es stimmte, was er ihr erzählt hatte? Sie hätte schwören können, dass er das erste Mal, damals Ende März, sich nur deshalb am Haus »Zur gelben Lilie« untergestellt hatte, um ungestört die Spedition auszuspionieren. Das Wetter war ihm gerade recht gekommen. Wer stellt sich nicht bei einem solchen Gewitterregen unter und wartet und schaut in der Gegend herum? Andererseits schien er sich nicht von der Stelle gerührt zu haben, als sie vorhin mit dem leer gegessenen Napf zur Küche gegangen war. Sie war länger als nötig weggeblieben, absichtlich. Sie hatte gelauscht, aber nichts gehört. Der Stuhl knarzte, wenn man aufstand. Bonifaz hätte ihn schon längst reparieren müssen, aber Giacomo konnte das nicht wissen. Und er hatte ihr seinen Geldbeutel anvertraut. Sie wog ihn in ihrer Hand. Es rührte sie, obwohl sie wusste, dass das Geld nicht ehrlich erworben war.
    Und wenn das Ganze doch eine List war, um ins Haus zu gelangen? Wenn seine Besorgnis um Moritz nur gespielt war und er gemeinsame Sache mit den Mördern machte? Was gab es Wertvolles im Haus, dass er sich mit allen Mitteln hinterrücks einzuschleichen versuchte? Aber er hatte ein offenes Gesicht gehabt, da war nichts Hintertückisches. Kann ein Mensch sich so verstellen?
    Anna fand keine Antworten. Sobald ihr ein Gedanke durch den Kopf ging, formte sich sofort ein Gegengedanke. Bei jeder Überlegung fiel ihr ein Argument ein, das genau dagegen sprach. Plötzlich war nichts mehr klar, was eben noch logisch erschien. Die Beine wurden ihr schwach, sie schloss die Haustür und setzte sich auf den Stuhl, auf dem Giacomo kurz zuvor gesessen hatte. Warum in aller Welt war sie ausgerechnet in dieser heillos verworrenen Situation völlig auf sich allein gestellt? Herrn Dalmonte erwarteten sie erst in zwei oder drei Tagen aus Frankfurt zurück. Ihr Vater würde kaum vor dem kommenden Wochenende in Köln eintreffen, und nicht einmal Frau Gertrude war da. Eine befreundete Familie hatte sie zu sich aufs Land eingeladen; der Zeitpunkt erschien ihnen günstig, wo ihr Mann doch verreist war. Zuerst wollte die Hausherrin nicht weg, aber Anna, die Köchin und die Knechte hatten ihr zugeredet, sie könne beruhigt fahren. Es war ein Trugschluss gewesen, Anna hatte sich überschätzt.
    Draußen in der Küche hörte sie Johanna und Resa mit dem Geschirr klappern. Es war Zeit, sich für die Besuche fertig zu machen, die sie sich vorgenommen hatte. Doch zuerst wollte sie zu Simon Kall. Der Bürgerhauptmann war jetzt der Einzige, der ihr helfen konnte, er und seine Männer. Immerhin hatten sie nun einen Anhaltspunkt, wo sie nach den beiden Unbekannten suchen konnten. Sie rief Severin, damit er Sänfte und Träger holte und sie begleitete. Um in dieser schwierigen Mission Sitte und Anstand zu wahren.
    Sie ließ, wie Johanna es ihr eingetrichtert hatte, bei Tabakhändler Gebert ihren ganzen Charme spielen, überwand sich, lächelte engelhaft und raspelte Süßholz. Mit Erfolg. Gebert räumte ein, dass die Spedition, zu der er gewechselt war, ihm mit einem außergewöhnlichen Preisangebot entgegengekommen sei. Wegen der Diebstähle wäre er doch dem liebenswürdigen Signor Dalmonte nie und nimmer untreu geworden, log er ungeniert, verriet aber den Namen des anderen Unternehmers mit keinem Wort. Anna drängte nicht, sie würden Farina schon noch zu fassen kriegen. Was der Händler als außergewöhnliches Preisangebot bezeichnete, nannte sie im Stillen schlichtweg unanständig und gab sich besorgt. Er solle das nur nicht an die große Glocke hängen, in Teufels Küche könne er damit kommen. Ob er denn die

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