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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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der Menge, die Nacht, der Tod‹ und so weiter. Aber nichts Zielführendes bisher. Bis auf die Korrespondenz mit denen, die bereits tot sind.«
    »Und wenn wir einen Schritt weiter gehen? Jenseits der üblichen Suchmaschinen?«
    »Das sollten wir tun, aber das dauert«, sagte Hermann.
    »Warum?«
    »Es gibt Seiten, die tauchen in keiner Suchmaschine auf. Diese ganzen Pädophilen-Clubs, ›Girllovers‹ und wie die alle heißen, haben ein verschworenes Netzwerk, in dem ihre Bilder zirkulieren und die selbst Google nicht findet, weil diese Leute völlig unkonventionelle Webseiten programmieren. Die haben Adressen, die so lang sind, dass man dafür ein ganzes DIN-A4-Blatt braucht, und die verstümmelte Versionen des Hypercodes nutzen, zum Beispiel ›htp‹ statt ›http‹.« Hermann machte eine Geste, als wollte er in die Gummibärchentüte greifen, nur war die Tüte oben in seinem Büro bei der IT und nicht hier. Auch ohne Gummibärchen fuhr er fort: »Google scannt vor allem die Semantik und die Textteile auf der Landing Page einer Seite. Diese Pädophilen-Netzwerke kleistern die Landing Page dann mit kryptischen Symbolen und Zahlen voll, die Google in keinen Kontext einordnen kann und die de facto, wenn überhaupt, bei Suchergebnis Nummer achthunderttausend auftauchen. Und so wollen diese Leute es auch.«
    »Haben wir Daten dazu?«, fragte Clara.
    »Die Jungs von der Sitte können ganze Romane darüber erzählen. Es gibt ein Universum verstümmelter Webseiten mit kryptischen Landing Pages, die mit abgekürzten http-Frameworks arbeiten. Was sich dahinter verbirgt, ist das nackte Grauen.« Er schaute Winterfeld an. »Walter, du kennst diese Geschichte aus Hamburg. Diese Freaks mit dem sechs Monate alten Säugling, der nacheinander von drei Männern vergewaltigt und dann getötet wurde.« Er schaute in die Runde, als würde die Erinnerung ihn noch immer erschüttern. »Es ist alles wahr.«
    Auch Clara kannte die Geschichte. Nachdem Hermann die Szenen gesehen hatte, damals noch in Hamburg, war er zwei Jahre lang Alkoholiker gewesen, hatte dann aber die Kurve gekriegt. Jetzt war er nicht nur trocken, sondern konnte das eine oder andere Bierchen trinken, ohne dass es eskalierte. Man musste wohl durch dieses Säurebad gehen, um als besserer, stärkerer, härterer Polizist wiedergeboren zu werden.
    Die Dinge, die wir sehen, dachte Clara. Besonders das Internet. Auf den ersten Blick ein weiterer Pflasterstein auf der großen Straße des Wissens. Doch wenn man diesen Stein umdreht, sieht man ein ekelerregendes Chaos aus Exkrementen und Verwesung, Maden, Würmern und Spinnen, die aufgescheucht und in perfider Hektik durcheinanderwimmeln. Dummerweise war es gerade Claras Job, diese ekelhaften Steine immer wieder umzudrehen.
    » Kommt unser Killer aus dem Pädophilen-Netzwerk?« Clara schaute MacDeath an.
    Der schüttelte den Kopf. »Der Modus Operandi ist ganz anders. Die Taten sind nicht primär sexuell motiviert, und die beiden Opfer waren zwischen Mitte und Ende zwanzig. Eine völlig andere Zielgruppe.«
    »Aber er könnte ähnliche Netzwerke nutzen?« Clara ließ nicht locker.
    Hermann meldete sich wieder zu Wort. »Er könnte seine Themen genauso verschlüsselt irgendwo hosten, wie es die Pädophilenklubs machen.«
    »Aber was sollte ihm das bringen?«, fragte Winterfeld. »Er hat doch keine Community oder so was?«
    »Wissen wir das?«, fragte Clara.
    »Wissen wir nicht«, sagte MacDeath. »Aber es würde nicht passen. Über neunzig Prozent aller Serienkiller arbeiten allein. Und dieser Typ ist für mich der Extremfall des einsamen Wolfs.« Er kaute auf dem Bügel seiner Brille. »Und er ist binär codiert.«
    »Auf Deutsch, bitte«, sagte Winterfeld.
    »Entweder er macht es für sich selbst und für uns«, MacDeath blickte Clara an, »oder er geht ganz groß an die Öffentlichkeit.«
    »Meinen Sie?« Winterfeld stand missmutig auf und nahm seine Zigarillos vom Tisch. »Bellmann hat mich vor einer halben Stunde angerufen. Er will auf alle Fälle vermeiden, dass die Presse auf der Sache herumreitet oder irgendetwas rausposaunt. Ein Killer, der aus dem Internet heraus wahllos Frauen umbringt, und die Polizei hat nicht die leiseste Ahnung, wer er ist, wäre das gefundene Fressen für die Presse.« Er wechselte die Zigarilloschachtel von einer Hand in die andere. »›Der Online-Mörder‹ oder so etwas. So eine Schlagzeile fehlt uns gerade noch.« Er atmete geräuschvoll aus. »Wenn der Killer irgendetwas plant oder

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