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Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Titel: Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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seine Muskelmassen leichtfüßig, eher wie ein Tänzer denn wie ein Athlet. »Bongartz, eh?« sagte er. »Ich bin Hegel.« Dabei grinste er.
    »Tut mir leid; hoffentlich nicht auch noch Fritz?«
    »Nee, aber Vornamen gibt’s hier sowieso nicht.«
    »Okay. Sonst noch was, was nicht geht?«
    Er blickte auf die Zigarette in meiner Hand. »Qualmen. Mögen die Chefs nicht. Außer manchmal, wenn sie selbst ‘ne Havanna lutschen.«
    »Sag mal, wer ist der mit dem Leinenanzug?«
    Hegel mußte sich nicht umdrehen; er wußte, wen ich meinte. »Das ist der Oberchef. Herr Seidler.«
    »Kommt mir so vor, als ob ich den schon mal irgendwo gesehen hätte. Zeitung oder Fernsehen.«
    »Kann sein. Ist meistens dabei, wenn die Kanzlerin nach Peking oder Washington oder sonst wohin reist. Wann fängst du an?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Weiß ich noch nicht. Erstens nicht, ob; das entscheidet Abromeit, nehm ich an. Und zweitens bin ich die nächsten paar Wochen noch beschäftigt.«
    Er betrachtete seine manikürten Nägel. Vielleicht zählte er auch die schwarzen Haare auf dem Handrücken. Dann blickte er mich an. Seine Augen waren vollkommen ausdruckslos. »Abromeit hat mir gerade signalisiert, daß wir mehr oder weniger fertig sind. Du kannst gehen; er wird sich melden. Oder einer von uns, in seinem Auftrag.«
    »Geht das bei ihm immer so schnell? Kandidaten inspizieren?«
    »Für dich hat er sich mehr Zeit genommen als sonst üblich.«
    »Na denn.« Ich nickte ihm zu. »Vielleicht sehen wir uns demnächst.«
    »Wahrscheinlich. Findest du allein raus?«
    »Kein Problem.«
    Auf dem Weg zum Ausgang fand ich mich hinter dem schlanken, drahtigen Orientalen, mit dem Seidler länger geredet hatte. Offenbar wollte er zu den Toiletten. Als er den Arm hob, um die mit
Gentlemen
markierte Tür zu öffnen, sah ich die Umrisse eines Schulterhalfters unter seiner Jacke und fragte mich, wer er sein mochte. Zu den Sicherheitsleuten gehörte er wohl nicht; er hatte sich nicht wie einer der Domestiken bewegt. Die sicher nicht nur mich abgetastet hatten.
    Für den Heimweg vom Supermarkt benutzte ich etliche Umwege, um sicherzugehen, daß mir niemand folgte, und ließ den Wagen schließlich auf dem kleinen Parkplatz am Wald, wo wahrscheinlich Matzbachs alter Citroën gestanden hatte.
    Kann sein, daß ich übertrieben vorsichtig war. Die glaubwürdigste Erklärung scheint mir zu sein, daß ich gewissermaßen automatisch in »Kampfmodus« geraten war. Ein Mann, der aus irgendeinem zentralasiatischen Land stammte und im Golfclub, wo alle anderen abgetastet worden waren, eine Waffe tragen durfte. Der heute auf einem Parkplatz aufgetaucht war. Ein alter Kamerad, dessen Leiche ich in einer afghanischen Höhle verscharrt wähnte, sein Auftauchen, die dadurch ausgelösten Erinnerungen, sein Plaudern mit dem Asiaten … Dazu die Frage, ob er jener Oswin sein konnte, von dem Coralie gesagt hatte, er sei mal ein netter Mann gewesen – aber wie viele Oswins sollte es denn plötzlich an der Erft geben?
    Ich war eben dabei, die Einkäufe wegzuräumen, als Coralie auftauchte. Sie gähnte, war vom Schlaf etwas verquollen und wollte nach der flüchtigen Reinigung vor dem Schlummer nun gründlich duschen, Staub und Mörtel abwaschen und dadurch vielleicht Erinnerungen freispülen. Ich verzichtete darauf, blöde Bemerkungen über Erinnerungen zu machen, die man besser verschüttet lassen sollte, und fragte, ob sie nach dem Duschen noch einen Kaffee haben wollte. Sie nickte und verschwand, und ich tränkte und fütterte die Maschine.
    Der Rest des Tages und der Abend waren ereignislos, abgesehen von Coralies Redseligkeit.
    »Machen Sie sich nichts daraus«, sagte sie irgendwann; vielleicht hatte ich durch Miene oder Gesten Verblüffung oder Überdruß bekundet. »In schottischen Schlössern soll es ja Poltergeister geben, und in irgendwelchen Vulkanschluchten der Eifel werden eben Plappergeister ausgebrütet.«
    »Sind Sie so einer?«
    »Mindestens anderthalb. Müssen wir uns eigentlich siezen?«
    »Das können wir tun oder lassen, wie es uns beliebt.«
    »Mir beliebt es, BoBo zu duzen. Wenn BoBo nichts dagegen hat.«
    »Hat er nicht.«
    Sie schob den Teller mit Käserinden und Brotkrümeln weiter auf den Küchentisch und hob das Weinglas. »Na dann.«
    Ich stieß mit ihr an, trank ein eher symbolisches Schlückchen, stellte das Glas weg und drehte die nächste Zigarette.
    »Nicht sehr gesprächig, oder? Kann ich auch eine haben?«
    Ich gab ihr die fertige

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