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Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Titel: Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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– war angelegt wie ein großes H. Ich hütete ein Haus im unteren Teil des linken senkrechten Strichs; das demolierte Gebäude des anderen abwesenden Juristen war das letzte oben links. Es war mit dem üblichen Streifenband abgesperrt; zwei große Kombis ohne besondere Kennzeichnung standen davor, und durch die geschwärzten Fensterhöhlen sahen wir ein paar Gestalten in hellen Schutzanzügen, vermutlich Leute von der Spurensicherung.
    Links – westlich – von diesem senkrechten Strich lagen das Feld, dessen Rand Coralie entlanggetaumelt sein mußte, und in einiger Entfernung von uns und voneinander zwei Bauernhöfe. Nach Nordwesten streunte ein unbefestigter Weg zwischen weiteren Feldern zu einem Wäldchen; eines der Felder war abgeerntet, auf dem anderen stand der Mais so hoch, daß er den Horizont samt Vorder- und Hintergrund bildete.
    Um zur eigentlichen Straße zu kommen, die das Kaff mit der Welt verband, mußte man den Querstrich des H passieren und dann den rechten senkrechten Strich, die zweite »Hauptstraße«, nach Norden nehmen.
    Ich wollte am Feldrand wenden, als Coralie meinen Arm berührte. »Fahr doch mal auf den Feldweg«, sagte sie. »Kommt mir irgendwie so vor, als wär das richtig. Aber frag nicht wieso.«
    »Sehr wohl, Mylady.« Ich ignorierte das Schild, das den Feldweg für alles außer landwirtschaftlichem Verkehr und Anliegern sperrte. Aus dem mehr als mannshohen Mais zur Rechten mochte jederzeit ein Tiger, aus den Stoppeln links eine Anakonda auftauchen, vorzugsweise mit Kelle.
    Bis zum Wäldchen war es fast ein Kilometer. Der Weg streifte die ersten Bäume und bog dann nach halbrechts, schätzungsweise Norden. In der Biegung öffnete sich links eine Art Holzweg.
    »Da drin«, sagte Coralie. »Ich glaube, da steht irgendwo mein Auto.«
    Ich mußte ein bißchen kurbeln, um größeren Löchern und herumliegenden Ästen auszuweichen. Wir passierten einen Baum mit Leiter und Hochsitz, einen Brennholzstapel, einen Langholzstapel, dann sahen wir durch ein Gebüsch etwas wie Metall schimmern, und dort stand ein älterer Polo.
    »Was um Himmels willen hat dich hierher gebracht? Gab’s keine anderen Parkplätze?« sagte ich.
    Coralie hob die Schultern. »Wenn ich das wüßte!« Sie stieg aus, ging zu dem abgestellten Wagen, probierte ihren Schlüssel, öffnete die Tür, bückte sich, langte hinein und hielt dann mit einem halb triumphierenden, halb erleichterten Lächeln eine Beuteltasche hoch.
    Ich stieg ebenfalls aus und ging zu ihr. »Na, herzlichen Glückwunsch«, sagte ich. »Scheint deins zu sein, wie?«
    »Ist meins, ja.«
    »Und jetzt?«
    Sie warf die Beuteltasche auf den Beifahrersitz. »Jetzt geht’s heim.« Mit einem schrägen Lächeln setzte sie hinzu: »Irgendwie muß ich mich wieder in meinem eigenen Leben einnisten. Erinnerungen sortieren, falls ich mich an irgendwas erinnere.«
    »War nett mit dir«, sagte ich. »Paß auf dich auf.«
    Sie hauchte mir einen sparsamen Kuß auf die linke Wange. »Danke für die Hilfe, Lebensretter. Ah, Moment.« Sie bückte sich ins Auto und kramte in der Tasche. Dann reichte sie mir eine Karte mit ihrem Namen, der Adresse in Nideggen und ihrer Handynummer. »Falls du mal dringend telefonieren willst und nicht weißt, wen du sonst anrufen sollst.«
    »Klar, dann ruf ich dich an. Und wenn dir noch was Interessantes einfällt, laß es mich wissen, ja?«
    »Mach ich. Darf ich noch mal vorbeikommen und berichten, wenn ich mich an was erinnere?«
    »Jederzeit.«

5. Kapitel
    Am Nachmittag sortierte ich meine Optionen, falls man das so nennen kann. In den letzten Monaten hatte ich etliche alte Bekannte angeschrieben oder von einem Callcenter aus angerufen. Manche hatten sich diese antiquierten Behelligungen verbeten und mich auf die Existenz von Blackberry, SMS und E-Mail sowie die Vorzüge von Facebook und Twitter verwiesen, andere legten ganz deutlich keinen Wert auf mich. Was kann ein ehemaliger Hauptfeldwebel schon tun, der seine »Übergangsgebührnisse« weitgehend aufgebraucht hat? Vielleicht hätte ich des Vaterlands Angebote annehmen sollen, mich irgendwie zu qualifizieren, aber es war nichts Passendes dabeigewesen. Im Moment hatte ich ein bis zum Jahresende versichertes, altes Auto, etwas mehr als tausend Euro, keine Krankenversicherung, ein zu hütendes Dach über dem Kopf und die Aussicht auf weitere dreihundert, sobald der Besitzer des Daches aus dem Urlaub heimkehrte. Und ein Bekannter in Köln, der mir eine schräge Sache vermittelt hatte,

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