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Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Titel: Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Jahren anläßlich einer Beerdigung getragen hatte. Er paßte noch, und nach längerem Suchen fand ich in einem Wandschrank ein Bügeleisen, zu dessen Bedienung man nicht zuerst zehn Seiten miserabel übersetztes Elektronikjapanisch bewältigen mußte. Eine mittelblaue Krawatte lieh ich mir aus den Beständen des Hausherrn.
    Ich fuhr mit etwas mehr Zeit als nötig los und parkte den schäbigen Fiesta zwischen allerlei Edelkutschen und protzigen SUVs vor dem Hauptgebäude des Clubs. Ein dezent geschminkter Bursche mit Perle im linken Ohr verwies mich auf das Stichwort Abromeit an einen Mann des Typs Muskeltier, dessen einziger Schmuck aus einem Funkclip hinter dem Ohr bestand. Es war ebenfalls das linke. Er bat mich in einen Durchgang, wo er mich abtastete.
    »Nichts für ungut«, sagte er dabei. »Muß sein. Ich nehme an, du bist der Neue?«
    »Demnächst«, sagte ich. »Vielleicht. Hängt ja nicht nur von mir ab.«
    Er nickte und brachte mich zur nächsten Tür, wo er mich einem ähnlich gebauten Kollegen übergab mit der Bemerkung, ich sei das Päckchen für Herrn Abromeit.
    Ich weiß nicht, wie viele Säle der Club hatte; dieser hier war so groß, daß die etwa fünfzig Leute ihre gewohnheitsmäßig ausgefahrenen Ellenbogen nicht anlegen mußten. Vierzig Männer – Herren, pardon – und zehn Damen standen, lehnten und schlenderten durch den Raum und über die zum Grün hin abfallende Terrasse. Etwa die Hälfte der Gentlemen trug den dunkelgrünen Clubblazer mit Wappen – leuchtend orange – über der linken Brust, die übrigen waren entweder keine Mitglieder oder sahen das mit dem
esprit de corps
nicht so eng.
    Der Sicherheitsmann geleitete mich zu zwei wohlfrisierten, jungen Damen in Hosenanzügen und einem Blazerträger mittleren Alters mit schütterem Blondhaar und beißend graublauen Augen, die uns entgegenstarrten.
    »Was gibt’s, Kaufmann?«
    »Bodo Bongartz, Herr Abromeit.«
    Abromeit nickte. Mit einer knappen Bewegung der Hand, die er mir dann zur knappen Begrüßung reichte, entließ er den Wächter. Mit einem weiteren knappen Nicken entschuldigte er sich bei den Damen – ein besseres Wort als dies allzu höfliche »entschuldigen« fällt mir nicht ein.
    »Tummeln Sie sich einfach«, sagte er. »Getränke gibt’s da drüben.«
    »Danke sehr; ich bediene mich.«
    »Ich nehme an, Sie wissen, worum es mir geht.«
    »Aye-aye, Sir.«
    Er hob die Brauen. »Muß nicht sein. Sie hören von mir. Sie können ja ein wenig mit den Kollegen reden. Bis demnächst.«
    Ein weiteres karges Nicken, dann ging er zu einer Gruppe von Leuten, die offensichtlich einen älteren Herrn in leichtem Sommeranzug umstand. »Hofierte« wäre vielleicht zu stark. Ich schob die linke Hand in die Hosentasche, schlenderte betont lässig zum Buffet und nahm mir dort ein Glas Sprudel.
    Mir war klar, was Abromeit wollte – sehen, ob ich mich in dieser Gesellschaft einigermaßen bewegen konnte. Wenn ich irgendwann für die Sicherheit solcher Personen zuständig sein sollte, mußte ich unter ihnen unauffällig bleiben. Zu ihnen passen, wie eben geschulte Domestiken zu ihren Herrschaften passen. Was er über mich ansonsten wissen wollte, hatte er längst in Erfahrung gebracht.
    Einige der Leute kamen mir irgendwie bekannt vor. Wenn ich mich nicht irrte, waren keine Promis der A-Klasse dabei, sondern die wichtigeren der Klassen B, C und D, die den Galionsfiguren das Händeschütteln und die telegenen Auftritte überlassen, während sie im Hintergrund das Denken und die eigentliche Arbeit erledigen. Wahrscheinlich hatte ich das eine oder andere Gesicht auf Bildern gesehen: eine Delegation, ein Besuch, ein Empfang, wo sie und ihresgleichen sich im Hintergrund halten, um dem Minister, der nicht einmal ein Fünfzigstel dessen bezieht, was sie bekommen, nicht die nebensächliche Schau zu stehlen.
    Auf der Terrasse gab es ein paar Stehtische mit Aschbechern; ich trug mein Glas dorthin und drehte mir eine Zigarette. Dabei sortierte ich, ohne auffällig zu starren, die Anwesenden in die Klassen B, C, D und Zubehör ein. Schwergewicht innerhalb der B-Klasse schien mir der ältere Herr im Sommeranzug zu sein, der sich eben angeregt mit einem Orientalen unterhielt. Einer von beiden hatte wohl einen Scherz gemacht, denn die Umstehenden lachten. Pflichtschuldig? Ich konnte es nicht beurteilen; vielleicht war der Witz ja tatsächlich gut gewesen.
    Plötzlich tauchte neben mir der Gorilla auf, der mich vorhin im Durchgang abgetastet hatte. Er bewegte

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