Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)
kann.«
»Bißchen dünn.«
»Für opulente Lügen kennen wir uns noch nicht gut genug.«
»Warum machst du das?«
»Ich schulde ihm noch was, von früher.«
Ich überlegte einen Moment. »Jemand hat Oswin also hier in der Nähe gesehen? Oder etwas über ihn gehört? Sonst wärst du ja kaum in diese verlassene Gegend gekommen. Ich meine, wer kommt denn freiwillig in dieses Schlummerkaff, das morgens alle ganz schnell verlassen, weil woanders mehr los ist? Jobs, zum Beispiel?«
Baltasar betrachtete den Glutkegel des Zigarillo. »Es gibt da zwei oder drei Dinge«, sagte er langsam. »Aber das ist alles sehr unklar. Wischiwaschi, gewissermaßen. Wo und wann bist du mit diesem Oswin verabredet?«
»Willst du etwa mit?«
»Ah, nein; vielleicht würde ich ihn ja verschrecken. Oder er schließt Maul und Klüsen, wenn er mich sieht.«
»Schlösse er. Was hast du vor?«
Er langte in die Innentasche der leichten Jacke, die er über den Stuhl gelegt hatte. »Hier.«
Ich betrachtete das Handy, das er mir zuschob. »Was soll ich damit?«
»Tja, was? Im Kaffee rühren? Fliegen zerquetschen? Man könnte auch damit telefonieren. Ein kleines Prepaid-Dings. Unter BM hab ich die Nummer des Geschwists gespeichert, das an meinem Busen rastet. Rostet. Wer, der, bekanntlich.«
Ich nahm das Gerät in die Hand.
Matzbach wühlte in einer anderen Jackentasche und förderte das zugehörige Ladegerät zutage. »Hier«, sagte er.
»Da. Ja. Und jetzt?«
»Nix.« Er nuckelte an seinem Zigarillo. »Das Leben ist schon viel ersprießlicher als vorgestern«, sagte er dann.
»Freut mich. Ich hoffe, es geht dir schlechter als morgen. Aber was wird das, wenn’s fertig ist?«
»Ich muß noch zwei oder drei Dinge erledigen. In Erfahrung bringen.« Er stand auf. »Heute abend weiß ich wahrscheinlich mehr und kann dir dann mehr sagen. Wann trefft ihr euch? Wo?«
»Am Donnerstag abend. Acht, halb neun. In der Kneipe an der Furt.«
»Bei Mick und Helga?« Er klang beinahe erfreut.
»Kennst du den Laden?«
»Natürlich.« Er schnalzte. »Als du noch an Windeln gelutscht hast, bin ich manchmal bei denen gewesen.«
»Ich hab nie an Windeln gelutscht.«
»Ha. Du ahnst ja nicht, was dir entgangen ist.«
»Moment noch«, sagte ich, als er die Jacke vom Stuhl nahm und sich zum Haus wandte.
»Ja, was denn?«
»Also, ich helfe dir, ohne das Haus zu vernachlässigen. Und auf keinen Fall liefere ich einen alten Kumpel ans Messer.«
Matzbach zog die Jacke an. Sie war ihm einige Nummern zu groß. »Wer redet von Messer? Im Gegenteil. Ich habe vor, ihn vor Messern zu bewahren.«
»Na schön. Wann geht’s weiter?«
Er runzelte die Stirn. »Ah. Gute Frage. Donnerstag abend. Ich …« Er zupfte an seinem Polohemd, das ebenfalls zu groß war. »Wie du siehst, hat man mich vermindert. Die Kraft ist nicht mehr mit mir.«
Ich lachte. »Okay, also als Jedi taugst du nicht. Und?«
»Ich werde am Donnerstag … hm.« Er schien zu überlegen. Dann knurrte er etwas Unverständliches und sagte: »Gegenüber von der Kneipe, auf diesem Erftufer. Irgendwo gibt’s da Gebüsch. Gesträuch, Gestrüpp. Da werd ich drin stecken. Oder dahinter, je nachdem. Und zusehen, was ihr so macht. Ich nehm an, bei dem Wetter schlotzt ihr euer Bier auf der Terrasse am Strom, wie?«
»Sollten wir?«
»O ja bitte sehr aber doch, sonst seh ich ja nix.«
»Was willst du sehen?«
Er hob die Schultern. »Zum Beispiel, ob euch jemand beobachtet.«
6. Kapitel
Abends ging ich mit einer Flasche Wein aus Möllers Beständen – es war vereinbart, daß ich mich aus dem linken der beiden Weinregale bedienen durfte; im rechten lagen die teureren Tropfen – durch den Garten und am Feld entlang zu Gereon. Das Gartenhäuschen, in dem er zur Zeit wohnte, gehörte zum Haus neben dem zerstörten des Juristen Arndt. Der Besitzer hatte Gereon umfangreiche Gartenarbeiten aufgetragen, ehe er in Ferien fuhr, und hatte ihn außerdem mehr oder minder gebeten, solange das Gartenhaus zu nutzen und auf Heim und Besitz zu achten. In dem Kabuff, von Gereon »Wigwam« geheißen, gab es Strom und Wasser, Klo und Dusche, Herd und Kühlschrank; wahrscheinlich hatte es einmal als Gästequartier gedient.
»Na, halbwegs erholt von Sonntag?« sagte ich.
»O Mann.« Er verdrehte die Augen. »Einer von den Schnäpsen muß ziemlich schlecht gewesen sein. Moment.« Er ging zum Radio – Fernsehen gab es nicht, kein Mangel bei der Qualität der Programme – und stellte es leiser. Er hatte Deutschlandfunk
Weitere Kostenlose Bücher