finde-mich-sofort.de (German Edition)
es Seelenverwandtschaft ist!«, »Zwei Familien wachsen zusammen!« und »Wie im Märchen!« schreiben die frisch Verliebten. Blablabla! Die sollen damit vor allem die zahlenden Mitglieder bei der Stange halten. Apropos bezahlen: Ich suchte nach wie vor ausschließlich auf Seiten, die nichts kosteten, hatte mir aber andere angesehen. Die Preise sind sehr unterschiedlich, manchmal bezahlen Frauen nichts, manchmal ist es sogar für alle kostenlos und meistens muss man löhnen. Es gibt Monats- und Jahresabos von fünfzig Euro bis super teuer! Auch die Angebote auf diesen Seiten unterscheiden sich, wobei mir manche in der Anwendung so kompliziert vorkamen, dass ich es erst gar nicht wieder versuchte. Es gibt Single-Seiten für Schwule, für Pferdenarren, für Superreiche, sogenannte Elite-Seiten, einige bieten Suchhilfen wie einen Charaktercheck an. Man muss viele Fragen beantworten, und dann wird der am besten passende Partner vorgeschlagen. Die Auswahl ist riesig und manchmal verwirrend. Um nicht den Überblick zu verlieren, konzentrierten Alexandra und ich uns bald ausschließlich auf zwei Portale.
Aber zurück zu den Jubelgeschichten. Ich überlegte beim Lesen dieser Groschenromane, ob ich mir bei meinem eigenen Profil nicht doch mehr Mühe geben sollte. Genauer aufschreiben, was ich will?
Alexandra warnte mich zwar und war der Meinung, dass Frauen, die wissen, was sie wollen, die Männer verschrecken, aber ich meinte, mich für die Suchgemeinde interessanter machen zu müssen. Je mehr Männer mich anklicken, so hoffte ich, desto größer die Auswahl und die Gewinnchancen!
Ich hatte zunächst kein Foto ins Netz gestellt, was eine Kontaktaufnahme in den meisten Fällen verhindert. Ich selber will ja auch nur Männer kennenlernen, die ich vorher gesehen habe. Das Foto in einem Profil ist der erste und maßgebende Eindruck, den ich zur Entscheidungsfindung brauche. Wenn zum Beispiel das Motorrad eines Mannes auf dem eingestellten Foto größer ist als er selbst, ahne ich, welche Prioritäten er setzt. Sitzt jemand auf einer grauen Quelle-Couch im Siebziger-Jahre-Stil, hinter ihm ein Neubaufenster mit weißen Stores und auf dem Fensterbrett Trockenblumen in goldener Plastikvase, weiß ich, dass ich an seiner Geschmackssicherheit zweifeln darf. Lässt sich jemand mit seinem Hund ablichten, hat er bei mir schlechte Karten, das könnte ich Chica nicht antun.
Also, Foto ist wichtig. Aussagekräftiges Foto sowieso. Daher sagte ich mir: egal, ob du erkannt wirst oder nicht – und stellte ein ziemlich verschwommenes Porträt in mein Single-Profil. Die Sorge, meine Anonymität wäre gefährdet, wenn man mich auf dem Foto erkennen würde, löste sich quasi in Luft auf. Dass ich seit vier Jahren die Lotto-Show Telebingo im MDR moderiere, trug, wie ich erleichtert feststellen konnte, nicht so sehr zur Popularität bei. Gegen die zwei bis drei schwärmenden Fernsehzuschauer konnte ich mich ganz gut erwehren. Ich wurde mutiger.
Jetzt wollte ich mein Lieblingsfoto auf die Seite meines Profils laden. Auf dem Bild, welches zufällig zwischen Maske und Fernsehsendung von einem Kollegen aufgenommen wurde, lächle ich verschmitzt, beuge mich nach vorn und öffne meine Jeansjacke ein wenig, so dass man in mein Dekolleté schauen kann. Ein bisschen unwohl war mir ja bei dem Gedanken, ein Foto, welches meine weiblichen Attribute betont, ins Netz zu stellen. Welchen Eindruck macht das auf die Männer? Würden sie nun leichte Beute wittern? Bisher war es bei meiner Männersuche um den Sex ja nicht besonders bestellt. Wahrscheinlich liegt das am sinkenden Testosteronspiegel in der Mitte des Lebens. Warum habe ich immer diese Zweifel? Das Foto zeigt doch auch, dass ich nicht nur sexy, sondern auch humorvoll bin. Also schickte ich es ab, und zwei Tage später stand es im Netz.
Entgegen meiner Befürchtung, jetzt würden sich nur noch Männer melden, die ausschließlich auf eine Affäre aus sind, hatte ich nun das Gefühl, mir wirklich einen passenden Partner aussuchen zu können. Diese Erfahrung versöhnte mich zunehmend mit der Männerwelt, widerlegt sie doch das Klischee vom triebgesteuerten, amüsiersüchtigen und verantwortungslosen männlichen Subjekt.
Vielleicht habe ich diesem Bild ja Carsten s Bekanntschaft zu verdanken? Sein Foto im Netz sprach auch für Humor und machte mich neugierig. Er schaute mit hochgezogenen Augenbrauen über seinen Sonnenbrillenrand. Sein schelmisches Lächeln nahm mich sofort für ihn ein. Im Netz nannte
Weitere Kostenlose Bücher