finde-mich-sofort.de (German Edition)
verströmten einen hölzernen Duft. Ich zog mir, auf sein Geheiß hin, einen Kimono über. Er trug eine weite, indisch wirkende Hose. Wir nahmen uns gegenüber, im Schneidersitz, auf der Matratze Platz. Er umschloss mit seinen großen Hände meine und sprach: »Das ist das Begrüßungsritual. Du musst dich nur entspannen und gar nichts tun. Genieße einfach und lass dich verwöhnen. Ich werde deinen ganzen Körper massieren. Küsse und Penetrationen sind ausgeschlossen.«
Zum Glück, dachte ich und versuchte, mich locker zu machen. Mr . Tantra machte einen professionellen Eindruck. Das beruhigte mich ein bisschen. Denn ich hatte schon auf dem Weg hierher begonnen, meinen Mut zu bereuen. Er begann, meine Hände und Füße zu massieren. Ich schloss die Augen und ließ mich führen, als wir uns hinstellten und er mir den Kimono und sich selbst die Hose auszog. Er zog das tantrische Band um mich: Er umrundete mich, wobei er mit einer Hand über meinen Körper strich – vom Kopf bis zu den Füßen. Dann lag ich auf dem Bauch, und er massierte mit Federn und Händen, legte warme, feuchte Tücher auf mich, trocknete mich ab. Alles lief sehr ruhig und langsam ab. Ich hörte die Musik und spürte die unterschiedlichen Stoffe auf meiner Haut. Wie zufällig streifte er auch immer wieder den Intimbereich. Sanft, fast unmerklich. Auf dem Rücken liegend die gleichen Rituale. Fast eine Stunde war schon vergangen, als er sich zwischen meine Beine kniete und langsam und zart meinen Intimbereich massierte.
Wenn sich Männer doch immer so viel Zeit dafür nehmen würden, dachte ich noch, bevor ich gar nichts mehr dachte. Während Mr . Tantra noch meine Beine und Füße massierte, kam ich wieder zu mir. Diskret verließ er das Zimmer.
Zurück in der Realität, dachte ich kurz darüber nach, ob ich mich jetzt genieren müsste. Ich entschied mich dagegen. Allerdings entschied ich mich auch gegen Mr . Tantra als Partner. Er war ein gut aussehender und sinnlicher Mann. Aber eben ein Mann, der Frauen massierte. Oft und sehr gern und – überall!
Profile und Profilneurosen
Wie oft habe ich mir schon gewünscht, diese blöde Sucherei im Netz aufgeben zu können! Und mehr oder weniger geht es allen in der großen »Internet-Partnersuch-Familie« so. Das weiß ich aus virtuellen Gesprächen und habe es auch in einigen Profilen gelesen. Ein fremder, von mir nie kontaktierter Verzweifelter brachte die Gefühle, die auch mich – allerdings in Bezug auf die Männerwelt – in regelmäßigen Abständen befallen, auf den Punkt:
Ich hab ja soooo die Schnauze voll von irgendwelchen Traumfrauen! Das Skurrile ist doch Folgendes: Wenn ich mir diese Trillionen Profile hier anschaue, spricht doch aus allen die gleiche Sehnsucht, oder? Wenn jedoch die Erfüllung dieser zum Greifen nahe scheint, kann niemand mehr damit umgehen, stellt sich keiner mehr. Man gibt schlicht lieber auf. Eine traurige Scheiße ist das doch! Ein Klassiker auch diejenigen, die schon gleich zu Beginn und idealerweise im selben Atemzug mit dem Satz: › Ich liebe dich! ‹ die Unangefochtenheit ihrer Freiräume klarstellen. Was für ’ ne Grütze!
Ja! Lass es raus! Schön zu wissen, dass nicht nur Frauen solche Probleme haben. Das tut gut.
Ab und an, überwiegend nachts, geht es auf meiner Single-Plattform zu wie am Stammtisch. Man trifft sich und plaudert mit den Anwesenden über die neuesten Affären, zudringliche Verhaltensweisen der Mitbewerber, über den Umgang miteinander und lustige Erlebnisse. Man schickt sich einen Gruß.
Wenn jemand lange nicht da war, fragt man: »Na, zurückgekehrt? Warst ja mindestens zwei Monate weg, warum? Hat’s nicht geklappt? Na dann.« Eigentlich wie mit guten alten Freunden. Aber nur eigentlich, denn in der virtuellen Welt freue ich mich, wenn ich einen von den vielen Hoffenden, sich Langweilenden und von der Einsamkeit Ablenkenden nie wieder online sehe. Dann wünsche ich mir, dass wenigstens einer seine Traumfrau gefunden hat. Nein, ich will es glauben. Ganz fest.
Auf jeder dieser »Ich will endlich einen Partner«-Seiten findet man als Ansporn und zur Motivation kleine Geschichten von glücklichen Paaren, die sich genau auf dieser Seite getroffen haben: Nini und Rudolf, Beach und Ball, Hexe und Bernd. In allen Einzelheiten wird den ungläubigen und demotivierten Erfolglosen das Gefühl der großen Liebe am eigenen Beispiel geschildert.
»Wir schweben auf Wolke Sieben!«, »Der beste Mann ist jetzt weg!«, »Ich wusste sofort, dass
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