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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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ein Wiehern zu hören. Gleich würden Hoss, Adam und Little Joe auf die Bühne geritten kommen. An seiner Frauenstimme musste Tayfun noch arbeiten, weswegen er ursprünglich auch keine Sprechrolle bekommen hatte.
    El Presidente atmete dennoch erleichtert auf, der Arzt im Publikum kehrte an seinen Platz zurück.
    Die Leiche rollte mit den Augen.
    Die einzig echte Leiche war in diesem Moment der Theaterring, diese wunderbare Institution, die über Jahrzehnte in Schwäbisch Hall auch und gerade während der Wintersaison für kulturell hochwertige Theaterstücke gesorgt hatte. Ansonsten war die Stadt ja vor allem für ihr sommerliches Freilichttheater berühmt.
    Man hatte diverse Landesbühnen verpflichtet, die in dem großen Neubausaal Goethe-, Schiller- oder Ionesco-Stücke zur Aufführung brachten. Aber der Zahn der Zeit hatte den Theaterring ausradiert, wie Karina immer zu sagen pflegte. Kaum Geld, wenig Zuschauer, dann noch weniger Geld und so gut wie keine Zuschauer mehr – und irgendwann war Sense.
    Daraufhin hatten engagierte, junge Theaterringler selbst ein Ensemble gebildet. Sie besaßen zwar alle mehr Leidenschaft als Talent und hatten schon genug damit zu tun, ihre Texte auswendig zu lernen und nicht gegen die spärlichen Requisiten zu stoßen, aber dennoch war der vergleichsweise winzige Theaterkeller, in dem sie seitdem auftraten, immer gut besetzt.
    So wie an diesem Abend.
    Die Tote in der Bibliothek
von Agatha Christie stand auf dem Programm.
    Dank einer redaktionellen Vorankündigung im
Haller Tagblatt
 – Anzeigen konnten sich die Theaterringler natürlich nicht leisten – war der Theaterkeller ausverkauft, und das nicht nur mit Hilfe von Verwandten und Freunden der Darsteller.
    Karina, die erst vor kurzem Mutter geworden war, agierte als Leiche. Sie starb gleich im ersten Akt und ließ den Schlussapplaus aus, damit sie schnell wieder nach Hause zum Stillen konnte.
    Manche suchten das Scheinwerferlicht ja regelrecht, waren zur Rampensau geboren und »meiselten« sich immer wieder ins Bild, will heißen an den vorderen Bühnenmittenrand (wie man es Inge Meisel nachgesagt hatte). Karina hingegen machte es nichts aus, früh zu sterben und im Programm nur unter »ferner lagen tot herum« genannt zu werden.
    Als herumliegende Leiche konnte man sehr gut über das Leben im Allgemeinen und kleine, gelbe Babys im Besonderen nachdenken. Das Problem war nur, dass der Theaterkeller furchtbar kalt und feucht war und man am nächsten Tag entsetzlich steife Knochen hatte …

[home]
    Prolog:
    Ein … äh … perfekter Tag
    Aus dem Polizeibericht
    Einbrecher verleihen sich Flügel
    In einem Supermarkt in der Innenstadt wurde Sonntagnacht gegen zwei Uhr ein Einbruchsalarm ausgelöst. Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Täter mit rund 1000 Dosen Red Bull verschwunden sind. Sie konnten unerkannt entfliehen. Oder entfliegen? Die Polizei sucht jedenfalls Zeugen: ( 0791 ) 4444 .
    Der frühe Vogel kann mich mal!
    Fertig.
    Siegfried Seifferheld, Kommissar im berufsunfallbedingten Vorruhestand, drückte auf die »Senden«-Taste seines Laptops. Wie immer hatte er im Morgengrauen – seit seinem 60 . Geburtstag litt er unter seniler Bettflucht – in der Küche den Polizeibericht für das
Haller Tagblatt
geschrieben. Eine ungeliebte Aufgabe, die ihm Polizeichefin Gesine Bauer aufs Auge gedrückt hatte, weil sie glaubte, auf diese Weise würde er sich noch mit seinem alten Job verbunden fühlen und endlich aufhören, jedes Mal seine Nase schnüffelnd hineinzustecken, wenn es irgendwo in Schwäbisch Hall einen spektakulären Kriminalfall zu lösen gab. Doch Seifferheld hasste diese Aufgabe. Er bemühte sich nach Kräften, die Berichte so abzufassen, dass Frau Bauer die Redlichkeit der Polizeiarbeit in Gefahr gebracht sah und ihm den Job wieder entzog, aber bislang war ihm das nicht gelungen.
    »Gleich gibt’s Frühstück«, rief er unter die Tischplatte.
    Hovawart Onis ließ seinen geliebten rosa Teddy aus dem Maul fallen und wedelte mit dem Schwanz. Besagter Schwanz war eine sogenannte »Knickrute«, weswegen Onis nicht zur Zucht zugelassen wurde, obwohl er mit seinem bernsteinfarbenen Fell ein ausnehmend hübsches Tier war.
    Doch erst spitzten beide die Ohren, Herr und Hund. Es war halb sieben Uhr morgens. Noch fünf Sekunden …
    Um Schlag halb sieben Uhr setzten jeden Morgen die vollen Glocken der evangelischen Stadtkirche St. Michael zum Morgengeläut ein. Das wuchtige Dröhnen konnte Tote

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