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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Pickeljurist.
    Fela beachtete ihn gar nicht weiter. Im Gegensatz zu sämtlichen anderen anwesenden Journalisten. Sie waren im Begriff, einer Tragödie altgriechischen Ausmaßes beizuwohnen, und das wollte keiner von ihnen verpassen. Neugier war für den Reporterberuf schließlich zwingend notwendig. Sie zogen, je nach Persönlichkeit, Softgetränke und Schnittchen beziehungsweise Fotoapparate und Aufnahmegeräte aus ihren Schubladen und machten es sich bequem. Die Telefone wurden auf den Praktikanten umgestellt.
    Mehrheitlich galt ihre Aufmerksamkeit allerdings Karina und Fela. Der Anwalt hatte es als Nebendarsteller sichtlich schwer. In den Originalfolgen von
Raumschiff Enterprise
wäre er schon längst als entbehrlicher Statist von einer außerirdischen Lebensform verspeist oder atomisiert worden.
    »Weißt du eigentlich, wie verdammt stinksauer ich war? Ich hätte mir ja gern jeden Chinesen der Stadt vorgenommen und ihn grün und blau geprügelt, aber das war es mir dann doch nicht wert.« Fela guckte grimmig. Verletzter Männerstolz. Getroffen bis ins Mark.
    Aber auch frech gelogen, denn natürlich war es ihm das wert gewesen.
    Fela hatte extra vorgeschlagen, den allwöchentlichen Redaktionsumtrunk im
Yangtse
durchzuführen, um die Kellner aufzumischen, die sich dann jedoch leider als Mongolen herausgestellt hatten. Und er war auf Chinesen fixiert. Darum hatte er sich an jenem Abend eine Keilerei mit einem nur auf der Durchreise befindlichen Austauschstudenten aus Shanghai geliefert, weil dieser auf Felas pampige Frage, ob er mit seiner Freundin geschlafen habe, keck gezwinkert hatte. Erst später, als Redaktionskollegen den armen Chinesen vor Felas Fäusten in Sicherheit gebracht hatten, stellte sich heraus, dass der junge Asiate unter einem nervösen Zucken litt und quasi immer zwinkerte, wenn man ihn ansprach.
    Bei dem Gerangel hatte allerdings eine von Felas hochpreisigen Kameras einen Kratzer abbekommen, und seitdem sah er von Handgreiflichkeiten gegenüber Asiaten ab. Der Kollegenmittagstisch im
Wokman
fand jedoch seitdem ohne ihn statt.
    Fela war zum privaten Wutbürger mutiert.
    Karina schwieg immer noch.
    »Herr Nneka, ich habe eine gerichtliche Verfügung für Sie.« Der junge Jurist hielt Fela den Umschlag unter die Nase. Seine Eltern hatten ihn seinerzeit gezwungen, Jura zu studieren. Sie kannten ihren Sohn und wussten, dass man für ein Jurastudium nicht brillant sein musste, es reichten dafür eine überschaubare Portion gesunden Menschenverstandes und saubere Fingernägel. Das trauten sie ihm zu. Gerade so.
    »Wie bitte?« Endlich nahm Fela ihn wahr.
    Seine beiden Kollegen aus der Sportredaktion, die damals auch bei der Chinamann-Attacke dabei gewesen waren, rollten die Ärmel hoch, um gegebenenfalls eingreifen zu können.
    »Wir verlangen einen Vaterschaftstest.«
    »Redest du mit mir, du Wicht? Redest du mit mir?« Fela trat auf den Anwalt zu.
    Der wich zurück. »Ich muss Sie warnen. Körperliche Gewalt bringe ich unverzüglich zur Anzeige.«
    Fela bohrte ihm seinen Zeigefinger in die Fischgrätbrust. »Ich tu dir nichts, Kleiner. Ich werde so zuvorkommend zu dir sein, wie es mir dein Mundgeruch erlaubt. Aber sprich mich nie wieder an, kapiert?!«
    Der Junganwalt war beleidigt. Er putzte seine Zähne dreimal täglich. Und verwendete Zahnseide. Allerdings verzichtete er auf Deodorant. Ebenso wie Russell Crowe. Ein Mann musste nach Mann duften, das nannte man animalischen Magnetismus.
    Fela spürte den Drang, zu brüllen, zu treten, etwas zu zerschlagen, gern die Pickelnase dieses Anzugträgers, aber er fühlte sich beobachtet. Es waren jedoch nicht die Blicke der Kollegen, die ihn störten, es waren die kleinen Knopfaugen in Mandelformat, die ihm aus Karinas Tragetuch entgegenblickten. Er hatte immer gedacht, dass so kleine Knirpse noch gar nicht konzentriert gucken konnten. Aber es ließ sich nicht leugnen, dieser buddhagleiche Wonneproppen schaute ihn an. Fixierte ihn förmlich. Bohrte seinen Buddha-Blick tief in seine Seele.
    Fela horchte in sich hinein. Regte sich da etwas Warmes? Etwa Vatergefühle?
    Nein, er hörte nur das Knurren seines Magens.
    »Ihr könnt mich mal!«, schrie er, stürmte zur Tür hinaus und knallte sie hinter sich zu.
    Karina seufzte. Mit diesem Idioten würde sie nun bis ans Ende ihrer Tage gewissermaßen wie durch eine unsichtbare Nabelschnur verbunden sein, weil sie ein gemeinsames Kind hatten. Ehrlich, wenn sie sich das vorher klargemacht hätte, hätte sie beim

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