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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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weitläufiger war, als er gedacht hatte. Und da die hier lebenden Inder Hindus und keine Buddhisten waren, herrschte eine eklatante Unterversorgung an Buddha-Figuren. Er hätte Rani um eine genauere Auffindanweisung bitten sollen.
    Auf die Gefahr hin, dass ihn von nun an sechs Schwäbisch Haller und ein indischer Koch für inkontinent hielten, wollte er sich jetzt auf den Weg zum Empfang machen, um nach weiteren Figuren zu suchen. Vielleicht gab es welche im Shop.
    »Der Körper will, was er will.« Mit diesen Worten hinkte Seifferheld in den Flur hinaus. Er spürte, wie sich die Blicke der anderen in seinen Rücken bohrten. Im Hinausgehen meinte er noch, eine Brise heftigen Kopfschüttelns hinter sich zu spüren.
    Der Empfang war verwaist. Seifferheld hörte die Empfangsdame draußen vor dem Eingang mit dem Postboten plaudern. Sehr gut!
    Ein absichernder kurzer Blick die Treppe nach oben.
    Niemand zu sehen.
    Seifferheld hinkte geräuschlos zur Theke, streckte den Arm aus und …
    »Ein wunderschönes Stück, nicht wahr?« Ein blonder, blauäugiger Mann, der ein wenig wie ein Wikinger aussah, erhob sich hinter der Theke aus der Hocke und lächelte künstlich. Er trug die typisch indische Männertracht, die aussah wie eine Mischung aus Tunika und Schlafanzughose. Es war nicht nur ein künstliches, sondern auch ein misstrauisches Lächeln. Der Buddha, nach dem Seifferheld so begehrlich die Hand ausgestreckt hatte, war nämlich nicht besonders groß und würde problemlos in Seifferhelds Jackentasche passen.
    Seifferheld knurrte innerlich. Jetzt hielt man ihn also auch noch für einen Dieb. Für einen inkontinenten Dieb.
    »Ja, ein ausnehmend schönes Stück. Frühbuddhistisch?«
    »Ah, Sie kennen sich aus!« Der blonde Inder trat näher.
    »Auskennen« konnte man es nicht wirklich nennen. Seifferheld besaß einfach noch ein perfektes Sehvermögen und hatte die kleine Karte mühelos entziffern können, die halb unter der Buddha-Figur hervorragte.
Frühbuddhistischer Buddha, exakte Nachbildung, Made in Taiwan.
    »Ja, frühbuddhistisch, in der für diese Periode typischen Lotussitzhaltung. Sie können die Figur kaufen. Nur 30  Euro 25 .« Der Mann streckte ihm die Hand entgegen. »Bertram Schöll, Student der Indologie an der Uni Göttingen. Ich absolviere hier ein Praktikum.«
    Seifferheld wollte einschlagen und merkte gerade noch rechtzeitig, dass ihm Herr Schöll nicht die Rechte zur Begrüßung reichte, sondern ihm einen Zettel mit einer Übersicht der käuflich zu erwerbenden Gegenstände im
Indian Forum
Shop entgegenhielt. »Wenn Sie zwei Buddhas erstehen, bekommen Sie eine Packung Räucherstäbchen gratis dazu!«
    Seifferheld vermutete, dass Schöll am Umsatz beteiligt war. Wenn er jetzt kniff, würde der junge Mann vermutlich misstrauisch jeden seiner Schritte durchs Haus verfolgen.
    »Wie viele Buddha-Figuren gibt es denn hier im
Indian Forum?
«, fragte Seifferheld betont beiläufig, während er seinen Geldbeutel aus der hinteren Hosentasche zog.
    Schöll sah ihn mit ausdruckslosem Gesicht an. »Hier im Shop haben wir insgesamt noch … Moment … drei Buddhas.«
    »Und sonst im Haus? Als Dekogegenstände?«
    »Die sind unverkäuflich.«
    »Ja, natürlich, aber rein aus Interesse gefragt: wie viele Buddhas?« Seifferheld blieb hartnäckig.
    »Die meisten Angestellten sind Hindus. Die Buddhas sind für die Kundschaft. Die erwartet das.«
    So weit war Seifferheld auch schon gewesen. »Wie viele?«, wiederholte er ungeduldig.
    Schöll legte die Stirn kraus. »Zwei große draußen im Garten, einen hier im Erdgeschoss vor den Toiletten und noch einen ausnehmend seltenen Buntglas-Buddha aus der Mogulperiode oben im ersten Stock. Also insgesamt vier.«
    In diesem Moment hörte man aus dem ersten Stock ein infernalisches Poltern und gleich darauf das hässliche Geräusch von Glas, das in tausend Scherben zersprang.
    »O je!«, tönte die Stimme von Klaus. »Das war ein Unfall! Ein Versehen! Tut mir leid! Mea culpa! Sack und Asche!«
    »Drei«, korrigierte Seifferheld seufzend nach unten.
    »Wie bitte?« Schöll sah zur Treppe. Glasscherben purzelten herunter.
    »Ich nehme alle drei Buddhas aus dem Shop«, erklärte Seifferheld rasch.
    Schöll lächelte.
    »Und könnten Sie sie mir bitte einzeln als Geschenk einpacken?«
    Das Lächeln erlosch. »Selbstverständlich, der Herr.«
    Während Schöll nach draußen lief, um die Empfangsdame zu holen, damit sie die sperrigen Buddhas verpackte, zückte Seifferheld sein Handy

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