Finger, Hut und Teufelsbrut
Forum,
die sich neben dem Eingang befand. Da Seifferheld den Vorabend mit Rani Chopra verbracht hatte, hatte Klaus ihn auf dem Weg durch die Marktstraße und die Gelbinger Gasse auf den neuesten Informationsstand gebracht. Klaus hatte sich ein wenig geziert, als Seifferheld ihn für diesen Sondereinsatz rekrutieren wollte, denn sein Schädel pochte und strafte das Sprichwort Lügen, dass man von Wodka keinen Kater bekommen konnte. Schon gar nicht von nur zwei Schnapsgläsern voll. In ihm miaute es kräftig.
»Na schön, darüber reden wir wann anders. Mal sehen, mit welcher Tarnung könnten wir uns am besten einschleichen?« Seifferheld studierte die Informationstafel. »Ayurveda-Massage unter fachkundiger Anleitung der Doktoren Reji und Jagadish. Willst du dich massieren lassen, Klaus?«
Klaus wollte. Und visualisierte zwei ganzkörpereingeölte, vollbusige Inderinnen mit Doktortitel, die wie Kali je acht Arme hatten und ihn somit sechzehnhändig klopfen, kneten, streicheln und drücken konnten. Ein wohliges Seufzen entrang sich seiner Männerkehle.
»Aha, heute fängt hier ein Kochkurs an:
Ayurvedisch kochen – leicht gemacht.
Na also, da melde ich mich an. Perfekt.« Seifferheld strich sich die eisengraue Kurzhaarfrisur glatt. »Und vergiss nicht: Wann immer du eine Buddha-Figur siehst, drehst du sie in einem unbeobachteten Moment um und schaust nach, ob ein USB -Stick darin versteckt ist! Klar?«
»Klar.«
So klar war das leider gar nicht. Rani konnte sich – aus Angst oder in zunehmender Panik, weil auch an diesem Morgen noch kein Lebenszeichen von ihrem Vater eingegangen war – beim besten Willen nicht daran erinnern, in welchem Buddha sie den USB -Stick versteckt hatte.
Aber wie viele Buddha-Figuren konnte es im
Indian Forum
schon geben? Das waren doch Hindus!
Sie betraten das Forum. Gleich rechts an der Anmeldetheke wurden sie von einer freundlichen Frau empfangen. Schwäbin, somit gab es keinerlei Verständigungsprobleme.
»Kennen Sie sich denn mit Ayurveda aus?«, fragte sie, kaum dass die Männer ihr Begehr geäußert hatten.
Seifferheld und Klaus schüttelten unisono die Köpfe.
»Der Begriff ›Ayurveda‹ stammt aus dem altindischen Sanskrit und bedeutet ganzheitliches Wissen. ›Vedi‹, also ›vom Leben‹, und ›ayus‹, ›die Wissenschaft‹«, fing die Empfangsdame an, aber Seifferheld winkte ab.
»Ich finde, es ist immer am besten, wenn man unvoreingenommen an Neues herangeht. Mein Freund hier will einfach nur massiert werden, und ich möchte mich zum Kochkurs anmelden, wenn das so kurzfristig noch geht.«
Es ging noch.
Während Klaus einen ausliegenden Flyer studierte und bei dem Punkt »Vaginaler Öl-Einlauf, 30 Minuten, 50 Euro« beinahe in Ohnmacht gefallen wäre, buchte Seifferheld für ihn eine Massage aller Vitalpunkte für 90 Euro.
Die Dame vom Empfang läutete eine Glocke, und eine unglaublich grazile, junge Inderin in einem weißen Sari und mit einem ebenholzschwarzen Zopf, der fast bis zum Boden zu reichen schien, kam förmlich angeschwebt. Klaus schöpfte Hoffnung.
»Aber keine Einläufe!«, erklärte er, nur zur Sicherheit. Sie schüttelte stumm lächelnd den Kopf und entführte ihn nach oben in die Massageräume.
Als Seifferheld gleich darauf Klausens panische Stimme brüllen hörte: »Wie? Dr. Jagadish ist ein Mann? Und Dr. Reji auch? Die beiden wollen mich massieren? Und ich soll mich ausziehen? Ganz? Nackt?«, ignorierte er das einfach.
Sorgen Sie dafür, dass das Verbrechen sich für Sie auszahlt – werden Sie Anwalt!
Karina betrat hoch erhobenen Hauptes die Redaktion des
Haller Tagblatts,
Fela junior in ein quietschebuntes Tragetuch vor dem Bauch gewickelt. Hinter ihr kam ein junger Mann herein, der trotz der mörderischen Hitze einen Fischgrätanzug und eine Krawatte trug.
Karina sah sich suchend um, aber noch bevor sie Fela an seinem Schreibtisch in der hinteren rechten Ecke des Großraumbüros entdeckt hatte, hörte sie ihn schon verächtlich fragen: »Ist das dein neuer Lover?«
Da der Fischgrätjüngling noch unter Pubertätsakne litt, definitiv nach Schweiß roch (wobei nicht ganz klar war, ob es Hitzeschweiß war oder der Angstschweiß angesichts seines ersten Vor-Ort-Einsatzes als Anwalt) und ganz generell eine Aura von unerotischer Bubenhaftigkeit verströmte, war diese Frage eine Beleidigung ihrer Auswahlkriterien und somit ihrer Weiblichkeit. Doch Karina sagte nichts.
»Sind Sie Herr Fela Nneka?«, fragte der junge
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