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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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und wählte Ranis Nummer.
    »Wir sind nicht fündig geworden«, flüsterte er in die Sprechmuschel. »Sagten Sie nicht, Sie hätten den USB -Stick in einem der Buddhas im Erdgeschoss versteckt?«
    »Ja, im Erdgeschoss.«
    »Und wo?«
    »Ich … ich weiß es nicht mehr.«
    Man hörte ein Aufschluchzen.
    »Ist ja gut, ganz ruhig. Versetzen Sie sich zurück an jenen Abend. Sie haben den Stick in der Hand, sehen sich nach einem Buddha um …« Seifferheld versuchte, hypnotisch zu klingen, doch auf dem Flur hörte er schon Schritte, die sich näherten.
    »Sie entdecken einen Buddha … und er befindet sich … er befindet sich …«
    Rani jauchzte auf. »Es ist ein roter Keramikbuddha! Und er befindet sich auf einem Podest im Flur.«
    Seifferheld konnte sein Handy gerade noch rechtzeitig wegstecken. Schöll und die Empfangsdame kamen lächelnd auf ihn zu. Ersterer verschwand hinter einer Tür mit der Aufschrift
Privat,
Letztere fragte: »Wir haben Geschenkpapier für den Herrn und für die Dame. Was darf es für Sie sein?«
    »Dreimal Dame«, sagte Seifferheld. Und: »Ich warte im Flur.«
    »Macht dann 90  Euro 75 .« Sie lächelte verbindlich.
    Seifferheld seufzte und löhnte. Dann ging er in den Flur. Weit und breit kein Podest und natürlich auch kein roter Buddha. Dafür der Herr im Cordanzug aus der Kochtruppe, der ihm hinter einer mannshohen Topfpflanze verstohlen zuwinkte. »Pst«, machte der Cordanzugträger, »pst, hier drüben. Ich habe mich aus dem Kurs geschlichen. Bin ohnehin nur wegen meiner Frau dabei. Hier, nehmen Sie, das ist für Sie.«
    Verstohlen drückte er Seifferheld eine weiße Schachtel in die Hand, nachdem er sich zuvor mehrmals umgesehen hatte. »Ich leide auch unter häufigem Harndrang. Man wird eben nicht jünger.« Er lachte unfroh. »Prostasenol plus. Kapseln gegen Blasenschwäche beim Mann. Eine Extraktkombination aus Sägepalme und Brennnessel. Nehmen Sie es dreimal täglich. Es wirkt Wunder! Damit
Sie
Ihr Leben bestimmen und nicht Ihre Blase. Ich schwöre darauf.«
    In diesem Moment kam Klaus schwer atmend die Treppe heruntergepoltert. »Ich lasse keinen Vaginaleinlauf an mir machen!«, gellte er panisch und verschwand durch die Eingangstür auf Nimmerwiedersehen.
    Der Cordsamtanzug zog sich diskret wieder in Richtung Küche zurück.
    Ein schmalhüftiger Inder kam die Treppe heruntergeeilt. »Gehören Sie und der schreiende Herr zusammen?«, fragte er Seifferheld. »Wir wollten ihm zum Abschluss der Massage etwas Öl auf die Stirn träufeln, aber er scheint da etwas missverstanden zu haben.«
    Seifferheld seufzte und improvisierte. »Was sein Gesicht betrifft, reagiert er leicht über. Eine Phobie. Seit Generationen in männlicher Linie vererbt.«
    Der Inder musterte ihn kritisch.
    Die Empfangsdame tauchte mit den drei aufwendig verpackten Buddhas auf. »Können Sie die denn allein tragen?«, erkundigte sie sich, nachdem sie ihm die Buddhas in die Arme gedrückt hatte.
    »Wird schon gehen«, log Seifferheld, denn die Rundbäuche waren verdammt schwer. Nie und nimmer waren die innen hohl.
    Doch wie so oft erwies sich, dass Schwerlasttransporte zwar zu einem Achsenbruch führen können, aber auch zu Erkenntnissen. Keine drei Meter von der Haustür des
Indian Forums
entfernt, plumpste ihm der oberste Buddha auf den Boden, was der Geschenkverpackung nicht wirklich zuträglich war, den Plastikbuddha selbst aber nicht weiter störte. Als Seifferheld sich unter Ächzen bückte, um ihn aufzuheben, sah er vor einer der Mülltonnen des
Indian Forums
etwas liegen.
    Scherben.
    Keramikscherben.
    Rote Keramikscherben.
    Heureka!
    Ich respektiere die Wahrheit viel zu sehr, um sie bei jeder noch so banalen Gelegenheit zu bemüßigen. (Mark Twain)
    »Großer Gott, wie siehst du denn aus?« Silke Genschweins Linke, in der sie ihr Handy hielt, schoss ebenso nach oben wie ihre Rechte, aber Gott sei Dank schlug sie sich nur mit der Rechten vor den Mund, sonst hätte es eine aufgeplatzte Lippe gegeben.
    Olaf Schmüller sagte nichts, sondern ging direkt auf den Wasserkocher zu und goss sich heißes Wasser über seinen Grünteebeutel. Im Reha-Zentrum war Kaffee verpönt.
    »Ich seh aus wie immer«, brummte er und zog den Beutel nach geschätzten drei Sekunden wieder aus der Tasse.
    Seine Aussage war leider nicht gänzlich zutreffend: Da seine Augen von exakt zwei knallvioletten, an den Rändern ins Rosafarbene changierenden Veilchen geschmückt wurden, sah er eben nicht aus wie immer, sondern eher wie ein

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