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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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aus Tiefschlafphasen zu wecken vermochte. Arndt hatte sich daher für die Maschinengewehrsalve aus einem Eminem-Song entschieden.
    Als im
Posthörnle
um exakt 21:02 Uhr das Maschinengewehr losballerte, kauten Klaus und Guido Schmälzle ungerührt weiter. Eduard allerdings, der immer noch das Dilemma des übervollen Mundes zu lösen trachtete, wurde von dem Geballere direkt neben seiner linken Gehörmuschel so überrascht, dass er drei Viertel des Bulgursalates in hohem Bogen auf den Nebentisch spuckte, was zwar sein unmittelbares Problem löste, aber neue Probleme schuf, da der Nebentisch von drei stämmigen Russlanddeutschen belegt war. Im Gegensatz zu den restlichen Gästen, die angesichts des scheinbar brutalen Maschinengewehrüberfalls ausnahmslos zitternd unter den Tischen kauerten, blieben die drei Herren, die auch im Restaurant ihre Sonnenbrillen nicht ablegten, ungerührt sitzen.
    Ungerührt, aber Bulgursalat-verziert.
    Sie fanden das nicht lustig.
    Gar nicht lustig.

Mitternacht
    Seht meinen Schatten, In schöner Koinzidenz Trinkt er auf mein Wohl.
    Schmälzle, Gotthelf und Eduard sangen mit Igor, Boris und Pjotr schon zum wiederholten Mal
Kalinka, Kalinka, Kalinka, maja.
Der Bulgursalatzwischenfall war vergessen. Nach vier Flaschen Wodka war so gut wie alles vergessen. Igor, Boris und Pjotr waren wieder gut drauf. Sogar sehr gut drauf. Aber noch weitgehend nüchtern. Eine Flasche pro Kopf stellte für sie nach einem leckeren Essen das normale Digestifquantum dar. Klaus war schon nach dem zweiten Glas Wodka vom Stuhl gerutscht und lag schnarchend unter dem Tisch. Gotthelf, Schmälzle und Eduard hielten wacker mit den Russen mit, mussten allerdings im Laufe der Nacht vom Notarzt mit Verdacht auf Alkoholvergiftung behandelt werden.
    Love is in the air.
    Olaf robbte sich vorsichtig an seine schlafende Frau heran. Momentan war er so ausgehungert nach ein wenig körperlicher Zuwendung, dass er nicht davor zurückschreckte, im heimischen Bett die
Geschichte der O
nachzuspielen.
    Dummerweise war Susanne wach.
    »Was machst du denn da?!«
    Olaf küsste ihren Oberarm. »Ich liebe dich«, hauchte er.
    »Hä?« Susanne hatte die Bettdecke über ihren Kopf mit den Papilloten gezogen und hörte nichts.
    »Ich liebe dich«, rief Olaf mit seiner ganzen, inbrünstigen Manneskraft.
    Woraufhin Ola-Sanne im Nebenzimmer wach wurde und krähte.
    »Nur ein Quickie, was meinst du?«, raunte Olaf und flog gleich darauf auch schon wieder in hohem Bogen aus dem Bett. Er hätte nicht nur den Boden, sondern auch die Wand polstern sollen. So knallte er ungeschützt gegen die Rauhfasertapete.
    Er konnte von Glück reden, dass er nur mit einer Quetschverletzung an der Schläfe und zwei Veilchen davongekommen war.
    Afrika – dunkel lockender Kontinent …
    Die KLM -Maschine aus Amsterdam setzte um ein Uhr Ortszeit am Flughafen Jomo Kenyatta International in Nairobi auf. Ungewöhnlich schnell rollte sie zur Unit 1 für internationale Flüge.
    Die Stewardessen rissen die Türen auf, und es sprach für das gute Training des KLM -Bordpersonals, dass es nicht einfach nach draußen stürzte, sondern den Passagieren den Vortritt ließ, die aus dem Flugzeug quollen, als sei ein beutejagender Tyrannosaurus Rex hinter ihnen her. Männer ließen ihre Frauen zurück, Mütter ihre Kinder. Alle wollten nur raus, raus, raus.
    Dem Chef der Flughafensicherheit entging das Durcheinander nicht, und er ließ beim Piloten anfragen, ob ein Verdacht auf Terroraktivitäten bestünde.
    Der Pilot (er trug zu diesem Zeitpunkt eine Sauerstoffmaske und war der Einzige an Bord, der frei durchatmen konnte) verneinte.
    Es handelte sich lediglich um den Reizmagen, besser gesagt den Reizdarm, von Pfarrer Hölderlein. Beziehungsweise um die wahlweise halbverdauten, halbflüssigen sowie schwefeligen, gasförmigen Folgen besagten Reizverdauungsorgans. Das gesamte Flugzeug stank nach Fürzen und Erbrochenem. Unglaublich, dass all das dem Körperinneren eines einzigen Menschen entstammen sollte.
    Kapitän Van der Aeckeren empfand in diesem Moment großes Mitleid mit den von Pfarrer Hölderlein zu missionierenden Afrikanern. Diese armen Menschen. Das müsste man doch irgendwem melden können.
    Vielleicht Amnesty International?
    Der Himmel will mich nicht. Und die Hölle hat Angst, ich könnte das Kommando übernehmen …
    So endete der Tag, der ohne Glockengeläut begonnen hatte.
    Fast alle schliefen friedlich. Manche schnarchten, andere nicht. Manche jagten im Traum mit

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