Finger, Hut und Teufelsbrut
haben. Einen Moment.«
Dr. Wong lief aus dem Zimmer und kam ewig nicht wieder.
Karina und Fela sahen sich an und rollten mit den Augen. Ein seltener Augenblick der Einigkeit.
Baby Fela gluckste.
Das Insektensummen war nicht mehr zu hören, wahrscheinlich war die Fliege auf Dr. Wongs Schulter aus dem Zimmer gesurft.
Deutschlands bekanntestes Drei-Gänge-Menü:
Bratwurst, Brötchen, Senf
Der Mord-zwo-Stammtisch, dem Seifferheld trotz seines berufsunfallbedingten Vorruhestandes die Treue hielt, traf sich normalerweise immer abends in der
Sonne
zu Kutteln und Bier. Aber es lag ein Notfall vor. Seifferheld hatte seine Ex-Kollegen von der Mordkommission daher spontan zum Mittagessen eingeladen. Und zwar am besten Imbissstand von ganz Hall:
Merz
am Haalplatz.
Vor Jahren – ach was, Jahrzehnten – hatte man bei
Merz
Pommes und Würste noch aus einer Art Wohnwagen mit Herdplatte heraus verkauft. Zumindest in der Erinnerung von Siegfried Seifferheld. Mittlerweile gab es ein hochmodernes Imbisshäuschen mit viel Glas, einem Schrägdach und einladenden Tischen an der Seite, an denen man sich niederlassen konnte.
Der Mord-zwo-Stammtisch setzte sich jedoch geschlossen auf die Haalmauer mit Blick auf den Kocher, wie zu Pubertätszeiten, nur dass sie nicht wie damals kifften und Asbach Uralt mit Cola tranken, sondern ihre diversen Fleischwaren aßen und alkoholfreies Bier dazu tranken. Sie mussten ja alle noch arbeiten.
Kulinarisch hatten sich die Jungs für die markig-männlichen Klassiker entschieden: Currywurst mit Brötchen, Schaschlik mit Brötchen und Steak mit Brötchen. Nur Bauer zwo wählte ein Frauengericht: drei Reibekuchen mit Apfelmus. Aber Bauer zwo hatte ja auch eine Minipli-Dauerwelle. Es ging das Gerücht, dass er sich sogar einmal die Woche die schwielige Hornhaut von den Füßen raspelte. Bauer zwo war einfach kein richtiger Kerl. Aber er war der Assistent der Chefin und mithin eine zu duldende Notwendigkeit.
»Jungs, ich brauche eure Hilfe«, fing Seifferheld an.
Hovawart Onis saß in Habachtstellung zu seinen Füßen. Er hoffte auf gelegentliche Fleischhappen.
»Siggi, ich fühle mich von dir missbraucht. Du scheinst nur zum Mord-zwo-Stammtisch zu kommen, wenn du was brauchst«, jammerte Dombrowski mit übertriebenem Tremolo in der Stimme.
»Sagt einer, der gar nicht richtig zum Mord-zwo-Stammtisch gehört«, wandte Wurster ein. Nicht ganz zu Unrecht, weil Dombrowski eigentlich für die Sitte tätig war, aber wenn man nur oft genug uneingeladen bei einem Stammtisch auftauchte, gehörte man irgendwann eben doch dazu. Vor allem, wenn man regelmäßig eine Runde Bier ausgab, und das tat Dombrowski. An diesem Mittag hatte er für das
Haller Löwenbräu Meistergold Alkoholfrei
gelöhnt, das sie alle gerade tranken. Nun ja, alle außer Bauer zwo, der trank ein Gläschen Holundersekt.
Was sich liebt, das neckt sich, das wusste Seifferheld. Darum ging er gar nicht weiter auf Dombrowskis Zwischenruf ein, sondern warf Onis ein Currywursträdchen zu und erzählte seinen Ex-Kollegen von Rani Chopra, dem verschwundenen USB -Stick und der geplanten Entführung des Kulturattachés.
Als er geendet hatte, herrschte erst mal Schweigen.
Man hörte nur das Kauen von Bauer zwo, der wie immer mit offenem Mund aß. Womöglich brauchte er die Abkühlung durch den geöffneten Mundraum, weil er auch an diesem heißen Tag seine obligatorische lila Motorradlederkluft trug. Zog er die überhaupt jemals aus? Zum Schlafen? Zum Duschen?
»Habt ihr bezüglich des Besuchs von Kulturattaché Johar irgendetwas von den Kollegen gehört? Gibt es besondere Sicherheitsvorkehrungen wegen einer möglichen Entführung?«, fragte Seifferheld.
Alle schüttelten die Köpfe, auch Onis, allerdings nicht verneinend, sondern spekulierend, aus welcher Richtung der nächste Fleischhappen angeflogen kommen könnte. »Allzeit bereit!« lautete das Motto der Pfadfinder und hungriger Hovawarts.
»Über den Schreibtisch der Chefin ging nichts, von wegen Entführung«, sagte Bauer zwo und warf Onis ein Stück Reibekuchen zu. Aber als Gourmethund war man ja nicht verpflichtet, alles zu fressen. Der Reibekuchenhappen fiel zu Boden, wo sich gleich darauf zwei vorwitzige Spatzen auf ihn stürzten.
»Ähem, Siggi«, fing Van der Weyden zögernd an und kratzte sich seinen Dreitagebart am Kinn. Rogier war im Rahmen eines europäischen Austauschprogramms nach Hall gekommen und der Liebe wegen geblieben. »Nichts für ungut, aber hast du einen
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