Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
Vom Netzwerk:
umfassenden Backgroundcheck von Frau Chopra gemacht? Ich meine, da kann ja jeder kommen und behaupten, es sei eine ganz große Kiste geplant. Wenn sie das den Kollegen in Berlin gemeldet hat, und die haben nichts weiter unternommen, werden die schon ihre Gründe gehabt haben.«
    Backgroundcheck.
    Hm.
    Seifferheld kam sich auf einmal sehr alt und unfähig vor. Früher wäre das sein erster Gedanke gewesen, aber irgendwie hatte er angenommen, dass seine Marianne – investigative Journalistin, die sie war – das schon erledigt hatte und gewissermaßen für Rani Chopra bürgte.
    »Genau, diese Frau Chopra könnte irgendeine dahergelaufene Verrückte sein«, warf Bauer zwo ein. »Vielleicht will sie nur von sich ablenken und plant selbst die Entführung des Kulturattachés!«
    Kollege Wurster, wegen seiner durchgängig roten Körperbehaarung auch der »Bärenmarkenbär« genannt, schüttelte den Kopf. »Leute, wir lassen unseren Siggi nicht im Stich. Wenn er glaubt, dass begründete Verdachtsmomente vorliegen, dann stehen wir wie ein Mann hinter ihm. Okay, der Kulturattaché soll morgen Mittag einfliegen. Wir passen auf ihn auf. Wer von euch kann sich freinehmen?«
    »Ich bin morgen nach Stuttgart beordert. Dauerthema Stuttgart 21 .« Rogier Van der Weyden zuckte entschuldigend mit den Schultern und weil er fand, dass ihn die Schutzwesten in letzter Zeit dick aussehen ließen, überließ er Onis den Rest seines Steaks.
    Ein Hund im Glück.
    »Mist!«, rief Dombrowski entsetzt, nachdem er einen Blick auf den Terminkalender in seinem Smartphone geworfen hatte. »Morgen ist mein zwanzigster Hochzeitstag. Mein zwanzigster! Völlig vergessen. So eine Scheiße! Ich hab nix vorbereitet. Ich hab auch kein Geschenk. Scheiße, verdammte! Was jetzt?« Er starrte seine Kollegen mit weit aufgerissenen Augen an, warf einen Blick auf seine Armbanduhr, sah wieder hoch und rief: »Schmuck von
Druckenmüller?
Und ein Tisch für zwei im
Schlosshotel Friedrichsruhe?
Das ist doch gut, oder? Ja, das ist gut!« Mit diesen Worten sprang er von der Mauer und lief, ohne sich noch einmal umzudrehen, hektisch in Richtung Innenstadt davon.
    Die anderen sahen ihm nach. Man musste sich bei ihm nicht fragen, wie es kam, dass sich ein einfacher Beamter von der Sitte Schmuck vom feinsten Juwelier der Stadt und ein Abendessen in einem mehrfach gesternten Gourmettempel leisten konnte. Dombrowski gehörte mütterlicherseits zu einer der ältesten Familien von Schwäbisch Hall und schwamm im Geld. Was man nicht glauben würde, wenn man ihn in seinen zerschlissenen Jeans und seinen gelben Genscher-Gedächtnis-Pullundern sah.
    Seifferhelds schnelle Eingreiftruppe schrumpfte. Flehentlich sah er Wurster an. »Und?«, fragte er schließlich.
    Wurster schnitt eine Grimasse. »Das ist mir jetzt peinlich, aber …« Er starrte sehr angestrengt seine leere Pappschale an, in der sich nur noch ein paar Ketchupschlieren befanden. »Ich habe morgen einen Termin im Diak. Ein Eingriff …« Sein Adamsapfel hüpfte.
    Das war ein Schock. Seifferheld legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nichts Besorgniserregendes, hoffe ich?« Er erinnerte sich noch gut daran, wie hilflos man sich fühlte, wenn man in die Hände der Schulmedizin geriet und Teil einer stetig voluminöser werdenden Krankenakte wurde. Und wie zutiefst frustrierend es war, dass die Kassen die teure Apparatemedizin bezahlten, nicht aber die menschliche Arbeit, also etwa ein langes Diagnosegespräch. Man wurde in irgendeine Monstermaschine geschoben und durchleuchtet und kartographiert. Krankenhäuser erinnerten mittlerweile an eine Automechanikerwerkstatt, in der an einem herumgeschraubt wurde, jedoch nicht von echten Heilern, sondern allenfalls von gut geschulten Behandlern.
    Wurster schluckte schwer und sah über seine Schulter auf den Kocher, der an diesem Tag träge in der Hitze dahinfloss. »Also …«
    Onis stupste Wursters Bein mit der Schnauze an. Nein, nicht die mitfühlende Geste eines sensiblen Tieres, das spürte, wenn ein Mensch seelische Pein litt. Vielmehr ein ungeduldiges Stupsen, das besagte: »Jetzt reich mir endlich deine Pappschale, Alter, damit ich sie ausschlecken kann.«
    »Du bist unter Freunden, uns kannst du alles sagen«, ermunterte Seifferheld seinen Ex-Kollegen Wurster. Er kannte den Mann nun schon seit zehn Jahren, war bei der Taufe seines Sohnes Denis gewesen. Wursters Gesicht war eines der ersten gewesen, die er nach dem künstlichen Koma, in das man ihn nach der

Weitere Kostenlose Bücher