Finish - Roman
schweißtriefenden Körper wehen und wischte sich den Sand von den Lippen.
Entfernt nahm er wahr, wie sich Grimthorp in Nadelstreifenanzug, Weste und Melone und mit einer riesigen, eierförmigen 1/100-Stoppuhr in der Hand über ihn beugte. »51 und drei Zehntel, ein Hundertstel mehr oder weniger«, sagte der Trainer. »Noch drei Sekunden.«
Seit Anfang März kamen sie zweimal wöchentlich an den Strand, wo er sich gegen den schneidenden Wind stemmte und unermüdlich die steilen Dünen hinaufhetzte. Vor allem beim Windmühlenlauf war es von Anfang an ans Eingemachte gegangen. Der Großteil der rund 330 Meter langen Strecke ging über weichen Sand und führte zuerst um eine verfallene alte Windmühle an der Küste herum, dann über harten Sand am Wasser entlang und schließlich eine fast senkrechte, 50 Meter hohe Sandböschung hinauf. Beim ersten Mal war Buck auf den letzten 50 Metern fast auf allen vieren gewesen und hatte, oben angekommen, auf Grimthorps frischgeputzte Schuhe gekotzt. All das hatte ihn lungenzerfetzende 60,4 Sekunden gekostet.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte Grimthorp von Anfang an darauf bestanden, die 330 Meter in 48 Sekunden zu schaffen. Buck hatte sich ganz auf sein Tempo konzentriert und war beim zweiten Mal auf 56 Sekunden gekommen, und nun, beim dritten Versuch, lag er fast bei 51.
Er setzte sich auf, und Grimthorp legte ihm einen Bademantel über die Schultern, um ihn gegen die kalte Märzbrise zu schützen.
»Das war’s, Grimthorp«, sagte er. »Ich krieg’ keinen Meter mehr aus mir raus. Keinen verflixten Meter.«
Grimthorp kniete sich hin und setzte sich neben Buck in den Sand. »Bei uns in Lancashire gibt’s ein Sprichwort. Wer nicht aufgibt, wird auch nicht besiegt.«
Buck wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Bei uns in Connecticut gibt’s auch ein Sprichwort. Wo nichts ist, ist auch nichts zu holen.«
Jedes Mal, wenn sie aus Cromer zurückkehrten, ging Buck dieselbe Frage im Kopf herum. Was, in Gottes Namen, hatte all das Rauf- und Runtergerenne in den Dünen mit Geschwindigkeit und Sprint zu tun? Zugegeben, er hatte abgenommen und lag jetzt nur noch zwei Kilo über seinem Wettkampfgewicht. Auch seine Muskeln waren jetzt hart und kräftig. Doch Buck kannte seinen Körper gut genug, um zu wissen, dass aus seinen Beinen kein Quäntchen mehr herauszuholen war, nicht der kleinste Funke, der seinen Känguru-Start, den er nun endlich beherrschte, hätte effektiver machen können. Sein Herz mochte jetzt so groß wie eine Kanonenkugel sein, doch bei dem kurzen Sprint im April würde ihm das herzlich wenig nützen.
Er hatte sich die Frage verkniffen, teils aus Respekt vor Grimthorp und teils, weil er sich noch immer für seinen erbärmlichen Zustand bei seiner Ankunft in England schämte. Vielleicht war das Grimthorps Methode, seiner körperlichen Kondition einen groben Rahmen zu geben, und die Feinheiten kämen später, in den nächsten drei Wochen vor dem Wettlauf in Stamford Bridge. Wenn dem so war, dann leistete Grimthorp ganze Arbeit.
Dennoch war Buck guter Laune. Fast täglich traf ein Brief von Hettie ein, worin sie Dinge schrieb, die ihn beim Lesen erröten ließen. Grimthorp konnte sich gut vorstellen, was diese parfümierten Umschläge zu bedeuten hatten,doch er sagte nichts. Solange sein Schützling sich voll auf sein Training konzentrierte, konnte er sich nicht beschweren. Grimthorp wusste, dass Plan B zu 100 Prozent aufging. Jetzt fehlte nur noch Moriarty.
Randolph Hotel, Osford, 2. April 1877
Als Moriarty den Tagungsraum des Hotels betrat, schlug ihm eine frostige Atmosphäre entgegen. Da saßen sie also steif um den langen, glänzenden Tisch herum, die Größen des englischen Amateursports, dieselbe Sorte hochnäsiger, arroganter Mistkerle, die seinen Vater vor fast 30 Jahren aus Glencalvie vertrieben hatten. Moriarty wurde gebeten, am Kopfende des Tisches neben dem Vorsitzenden Sir Murray Clark Platz zu nehmen, einem glatzköpfigen, älteren Herrn mit breiten Koteletten.
Clark, dem jeweils sechs Ausschussmitglieder zur Seite saßen, blätterte durch einen Stoß Papiere, der vor ihm auf dem Tisch lag, zog eines heraus und betrachtete es durch sein Monokel.
»Da haben wir es, Mr. Moriarty«, sagte er. »Eine Anmeldung für die Meisterschaftssprints von einem gewissen Mr. Buck Miller, für den Sie, so nehme ich an, als Sprecher fungieren.«
Moriarty nickte.
»Miller?«, fragte Clark. »Engländer?«
»Nein, Deutscher.«
Zu beiden Seiten des
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