Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Joe fand das völlig nebensächlich. Sie fuhren nach England, damit Buck all die Lords und Marquis in die Wüste schickte und sie dabei einen Haufen Geld verdienten; wenn Buck nicht in Form war, war es doch besser, die Meisterschaften sausen zu lassen und sich eine schöne Zeit zu machen. Diesmal konnte er Moriarty nicht verstehen, und den anderen ging es ähnlich.
    Wenige Wochen vor ihrer Abreise nach England war Billy Joe, der noch immer mit seiner Muskelzerrung zuschaffen hatte, niedergeschlagen und schlecht gelaunt. Moriarty steckte bis zum Hals in Proben, Buck fristete sein trübes Dasein im fernen England, und seine Beziehung zu Mandy hatte einen neuen Tiefstand erreicht.
    Der jüngste Rückschlag erfolgte just, nachdem sie als Ersatz für die erkrankte Diva Charlotte Hall als Cordelia in Booths Lear am Niblo’s aufgetreten war. Mandy schlug sich wacker, verfügte aber nicht über das technische Rüstzeug, um es mit der Größe des Theaters oder Edwin Booths Charisma aufzunehmen.
    Dennoch war das Stück ein Erfolg gewesen, fünfmal musste die Truppe vor den Vorhang treten, und obwohl Booth Mandys Grenzen kannte, bedachte er sie mit reichlich Lob. Später hatte es in Booths kleiner Wohnung in der Park Avenue einen Empfang gegeben. Die Schauspieler waren in die behaglichen, hell erleuchteten Räume geströmt und hatten die Bilder der vergangenen Erfolge Edwins und seines Vaters Junius bewundert, die die Wände zierten.
    Wie so viele Schauspielerinnen lechzte auch die von der Aufführung beflügelte Mandy nach jedem noch so kleinen Lob. Strahlend stand sie in einem gelben Seidenkleid zwischen den aufgeregt schwatzenden Kollegen und nippte an ihrem Champagner.
    Neben ihr standen Eleanor und Moriarty und lobten sie in den höchsten Tönen. Booth sah zu Billy Joe hinüber, der sich hingesetzt hatte, um sein Bein zu schonen, und fragte ihn, wie Mandy ihm gefallen habe.
    »Gut – zumindest das, was man von ihr mitgekriegt hat«, antwortete Billy Joe ohne nachzudenken, stemmte sich mühsam aus dem Stuhl und humpelte zwischen den Schauspielern und Bühnenarbeitern hindurch, um sich ein Glas Champagner vom Tablett zu nehmen.
    »Verdammt«, sagte er und humpelte wieder zurück. »Diese Sehne ist noch immer nicht in Ordnung, Moriarty – Doktor hin oder her.«
    Moriarty antwortete nicht und blickte verstohlen zu Mandy hinüber, die versuchte, sich ihre Verzweiflung nicht anmerken zu lassen.
    Unbekümmert und ohne die frostige Stimmung zu bemerken, setzte sich Billy Joe wieder hin und hob sein Glas an die Lippen.
    »Hast du noch mehr dazu zu sagen?«, fragte Mandy schließlich.
    »Nur, dass du nicht genug Ausstrahlung hattest«, sagte er knapp. Mandy blieb stumm, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Billy Joe redete munter weiter.
    »Du musst die Bühne ausfüllen, Mandy, wie unser Edwin hier. Den Augenblick beim Schopf packen – das sagst du doch immer, nicht wahr, Moriarty?«
    Moriarty schwieg. Keine Frage, Billy Joe hatte den Finger in die Wunde gelegt, doch wieso musste er ausgerechnet jetzt so gottverdammt ehrlich sein?
    Eleanor versuchte, zu retten, was zu retten war. »Wann erscheinen die Kritiken, Edwin?«
    Doch so leicht ließ sich Mandy nicht ablenken. »Ich weiß , dass ich nicht Charlotte Hall bin«, sagte sie mit bemüht fester Stimme. »Aber ich habe mein Bestes gegeben. Ich bin nicht wie du, Billy Joe. Eher wie Buck – ich muss hart dafür arbeiten. Aber so einer wie du gibt sich nicht einmal die Mühe, das zu verstehen, und deshalb wirst du’s auch nie verstehen. Nie!«, sagte sie bitter.
    Billy Joes Gesicht wurde tiefrot. Hilfesuchend sah er zu Eleanor und Moriarty, doch von dort war keine Hilfe zu erwarten. Entschuldigungen stammelnd, stand er auf, hinkte zur Tür und ging die Treppe hinunter und auf die Straße hinaus.
    Ziellos stapfte er durch die mitternächtlich dunklen Straßen und musste sich eingestehen, dass er von dem Mann, den Mandy sich erträumte, nicht weiter hätte entfernt sein können. Wenn es überhaupt je die Chance gegeben hatte, sie für sich zu gewinnen, so hatte er sie heute Abend ein füralle Mal verspielt. Er wünschte, er wäre bei Buck in England und könnte das einfache Norfolker Landleben genießen.
    Cromer Sands, Norfolk, 27. März 1877
    Buck stürzte über die sandige Kuppe und landete vornüber auf seinem Gesicht. Er wollte sich übergeben, doch er hatte nicht die Kraft dazu. Stattdessen wälzte er sich auf den Rücken, ließ den kalten Ostwind über seinen

Weitere Kostenlose Bücher