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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ihre Starthaltung ein.
    Dann erscholl die Pistole, und die Läufer schnellten los. Auf den ersten 20 Metern lag der Schotte McDougall vorn, und Miller war zwei Meter hinter ihm an vierter Stelle. So viel zum Känguru-Start. Nach 50 Metern hatte sich der Yankee auf den dritten Platz vorgekämpft und lag nur noch anderthalb Meter zurück, doch McDougall führte noch immer. Nach 30 weiteren Metern war der Yankee wieder30 Zentimeter näher gerückt und war noch immer Dritter, doch als sie das Zielband berührten, siegte McDougall mit einem guten Meter Vorsprung in 10,2 Sekunden, und Miller wurde Zweiter. Die Buchmacher jubelten laut und lange.
    Für eingefleischte Laufsportkenner, die nicht auf Miller gewettet hatten, war das Ergebnis keine Überraschung. Känguru-Start hin oder her, der Cowboy konnte einfach nicht mithalten, und das ganze Gerede, er sei den Rothäuten davongelaufen, zeigte nur, dass Indianer den Engländern noch weniger das Wasser reichen konnten als Yankees. Nichtsdestoweniger war es ein fairer Wettkampf gewesen, und Miller hatte alles gegeben. Als er mit hängendem Kopf auf den Gang zutrottete, der unter der Tribüne hindurchführte, konnte selbst ein Blinder sehen, dass er am Boden zerstört war.
    Buck schmeckte die Tränen, die seine Wangen hinabrannen, und er hielt kurz inne, um sich die Augen zu wischen, ehe er weiter auf die Unterführung zuschlich, an der Grimthorp, Moriarty und Billy Joe auf ihn warteten. Von Anfang an war der Wurm drin gewesen, und Schuld daran waren nicht nur seine Ausschweifungen auf der S.S. Harold gewesen. Grimthorps Training hatte seinen Beinen einfach den Schwung genommen. Hatte er seine Geschwindigkeit erst einmal erreicht, konnte er sie endlos halten, doch auf den ersten 20 Metern kam er einfach nicht auf Touren, er musste noch zu sehr ackern. Er war stark, aber nicht schnell gewesen.
    Während er durch ein Gewitter aus Buh-Rufen und herabwirbelnden Programmheften ging, wurde das Endergebnis auf Tafeln geschrieben und von weiß berockten Helfern in den Stadionecken aufgestellt. 3000 Meilen, um von einem College-Jungen vernascht zu werden, von einem Amateur. Doch trotz seiner Scham sah er, dass Moriarty lächelte.
    »Guter Lauf«, sagte er. »Bei den Voraussetzungen.«
    »Gut!«, platzte Billy Joe heraus. »Der ist gelaufen wie eine Kröte!«
    »Und ob«, sagte Moriarty geheimnisvoll. »Was hätte er denn auch sonst tun sollen?«
    »Gewinnen«, knurrte Buck.
    »Nein«, sagte Moriarty. »Das war nicht der Plan. Ist es auch nie gewesen.«
    »Der Plan? Was für ein Plan?«, fragte Billy Joe.
    »Dass Buck gegen den schnellsten Mann der Welt antritt«, entgegnete Moriarty. »Gegen einen Profi.«
    »Aber er ist gerade von – von einem Amateur geschlagen worden«, sagte Billy Joe.
    »Ja. Aber über 100 Meter. Und wie gesagt – das war nie mein Plan, und Grimthorps auch nicht. Von Anfang an nicht.«
    »Was hast du vor, Moriarty?«, fragte Buck, der plötzlich merkte, dass etwas in der Luft lag.
    »Dich 400 Meter laufen zu lassen.«
    Barnsley, Yorkshire, 5. Mai 1877
    »Weltmeister bin ich, jawoll.« Josiah Headleys Gesicht war unter der dicken Schicht Kohlestaub kaum zu erkennen, nur seine hellblauen, vom Weiß umgebenen Augen leuchteten. Er balancierte einen braunen Sack auf dem Kopf und war von oben bis unten in eine Art schwarzledernen Kittel gehüllt, der in der Taille von einem dicken Strick zusammengehalten wurde. Von seinem Kohlewagen aus, der von zwei ausgemergelten schwarzen Ponys gezogen wurde, sah er auf Moriarty, Buck und Billy Joe herunter.
    Es hatte zu regnen angefangen, und das Wasser rann in hellen Spuren über Headleys Gesicht. Wie sie dort auf der rutschigen Kopfsteinpflasterstraße in Barnsley standen und zu ihm hinaufschauten, konnte Buck kaum glauben, dass dieser Kerl tatsächlich Josiah Headley war, der 400 Meter unter 49 Sekunden lief.
    »Bin noch nie geschlagen worden«, sagte Headley und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht, so dass sich der Ruß in grauen Schlieren über Mund und Wangen zog.
    »Und wie hätten Sie es gern?«, fragte Moriarty.
    Headley legte zwei Finger an die Nase und schnäuzte sich. »Da reden Sie besser mit meinem Manager Mr. Bunn.«
    Eine Woche später war in der Sporting Life folgende Ankündigung zu lesen:
    Mr. William Bunn gibt bekannt, dass Josiah Headley am 1. September 1877 auf der Victoria-Rennbahn in Barnsley über eine Strecke von 400 Metern gegen den Amerikaner Buck Miller antreten wird. Die Prämie beträgt

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