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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Kröten in der Tasche aus der Sache rauskämen, sei doch nichts dabei, einander ein wenig unter die Arme zu greifen. Buck würde sein Publikum gewiss nicht enttäuschen, versicherte Moriarty und schüttelte Bunn herzlich die Hand, sie würden den Känguru-Start und ein spannendes Rennen geboten kriegen. Buck würde eine gute Show liefern. Niemand würde sich hinterher über ein abgekartetes Spiel beschweren können.
    Josiah Headleys Taktik beim 400-Meter-Lauf war ritualisiert wie ein Zulu-Tanz: Im ersten Abschnitt des Rennens nahm er die Geschwindigkeit raus, indem er schnell nach vorne kam, dann hielt er sich bedeckt, um den Gegner in Sicherheit zu wiegen, und wenn dem das Tempo schließlich zu langsam wurde und er vorbeizog, hängte Headley sich dran und legte auf den letzten 50 Metern einen vernichtenden Spurt hin. Dieses Finish kam so spät und heftig, dass noch kein Gegner ihm etwas hatte entgegensetzen können, und so hatte Headley zahlreiche Duelle gewonnen, oftmals in relativ langsamer Zeit.
    Hin und wieder hatte ein Gegner einen frühen Ausbruch gegen Ende der ersten 200 Meter gewagt, doch Headley hatte stets genug Tempo gehabt, um den Rückstand wieder wettzumachen und auf der Zielgeraden trotzdem in die Vollen zu gehen. Mit den Spitzenläufern machte es Headley genauso. Er hängte sich bis in die Zielgerade an sie dran und servierte sie nur 50 Meter vor dem Zielband mit einem gnadenlosen Spurt ab. Dennoch riet Moriarty Buck, von Anfang an gleichmäßig schnell zu laufen, um Headley den Saft aus den Beinen zu ziehen. Buck sollte in seinem Tempo laufen, statt es sich von Headley vorschreiben zu lassen. Das war der verlässliche Weg zum Sieg.
    Er verlor kein Wort über Bunns Angebot, denn dies war Bucks Stunde, und nichts sollte sie schmälern. Sollte Buck geschlagen werden, läge die Schuld einzig bei ihm,Moriarty, denn schließlich hatte er diesen Coup im Herbst 1876 geplant – und wäre der Tatsache geschuldet, dass Buck einfach nicht für derlei Wettkämpfe gemacht war.
    Im Stadion war es still wie in einer Kathedrale. Buck warf Headley einen verstohlenen Blick zu. Der Mann hatte keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem rußverdreckten Kohlenträger vier Monate zuvor. Blass, mager und sehnig, mit kräftig gewölbten Schenkeln und schmalen Waden – das war Bucks erster Eindruck. »Nichts als ’n Paar Beine mit Kopf obendrauf«, hätte Weir gesagt.
    Er bemerkte, dass Headley ihn ebenfalls musterte. Was er wohl sah? Zweifellos dieselbe Kraft, dasselbe Gleichmaß der Glieder. Doch auch eine gewölbte, kräftige Brust, breite, muskulöse Schultern. Womöglich war er verblüfft, vielleicht sogar entsetzt, denn so waren Läufer normalerweise nicht gebaut.
    »Meine Herren?« Es war der Starter, ein kantiger, schnauzbärtiger Mann in einem grauen Einreiher. Er stand im Innenfeld hinter einem Holztisch, hinter dem vier ähnlich gekleidete Herren mittleren Alters saßen.
    »Ich heiße Mr. Garforth. Dies hier sind meine Helfer, allesamt mit Sheffield-Erfahrung: Mr. McAllister, Mr. Gore, Mr. Prenrose und Mr. Winterbottom.«
    Jeder der Herren nickte, und Garforth blickte die Läufer an. »Sollte es Unstimmigkeiten geben, bin ich der höchste Schiedsrichter.«
    Er griff in seine Uhrtasche, kramte darin herum und zog einen goldenen Sovereign hervor. Er nickte Buck zu.
    »Als Herausforderer und unser Gast, Sir, würden Sie ansagen?«
    »Kopf«, sagte Buck. Seine Stimme klang ihm fremd.
    Garforth schnippte das Geldstück in die Luft und ließ es auf seinen schlanken linken Handrücken fallen. Er legte seine Rechte darüber und zog sie wieder zurück.
    »Zahl. Sie haben die Wahl, Mr. Headley.«
    »Ich lauf’ auf der Innenseite«, knurrte Headley und sah mit finsterem Blick zur Bahn hinüber.
    Garforth nickte. »Dann machen Sie sich bitte fertig, Gentlemen.«
    Er trat an den Tisch, griff nach seiner Startpistole und öffnete sie. Dann drehte er die Trommel, hielt die Pistole hoch und feuerte einen Probeschuss ab.
    Beim Krachen der Pistole brach ein Grölen im Stadion los. Es kam aus tiefster Kehle, von Männern, die ihren Wochenlohn auf einen der Läufer gesetzt hatten oder einfach nur dabei sein wollten, wenn der Yankee mit dem Känguru-Start gegen den großen Josiah Headley antrat. Für diesen Augenblick hatten sie ihren Sixpence bezahlt, und dafür würden sie gefälligst etwas zu sehen bekommen.
    Buck schälte sich aus dem Bademantel und ging zu Moriarty, Billy Joe, Grimthorp und Weir hinüber, die an der Laufbahn

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