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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Steinhügel, den die Teilnehmer umrunden mussten, ehe sie wieder talwärts liefen. Braun und grün erhob sich der Berg jenseits des Turnierplatzes, und die Wolken warfen flüchtige Schatten auf seinen grasigen, felsigen Rücken, über den sich kaum sichtbar ein einsamer Pfad zur Spitze emporschlängelte. Rund 800 Meter bis zum Gipfel, dachte Moriarty: vielleicht acht Minuten strammes Laufen. Er blickte sich um. Das Alter seiner Kontrahenten erstaunte ihn: Es reichte von milchgesichtigen Bürschchen in Halbschuhen bis zu ergrauten, weißbärtigen Alten in Wanderstiefeln.
    Beim Krachen der Pistole ging Moriarty mit einem Satz in Führung, um als Erster auf dem Pfad zu sein. Er erreichte ihn mit 20 Metern Vorsprung und hastete Staub und Steine spritzend die schotterige Piste empor. Doch er fand zu keinemRhythmus, und nach nur wenigen 100 Metern, die er sich die huckelige, grasige Strecke hinaufgekämpft hatte, spürte er, wie die Vorderseite seiner Oberschenkel zu schmerzen begannen. 20 Meter später zogen zwei Läufer links und rechts an ihm vorbei und stießen ihm im Vorüberlaufen die Ellenbogen in die Seiten. Nach weiteren 20 Metern überholten ihn abermals drei Männer, zwei davon in Wanderstiefeln. Moriarty hatte nur 300 Meter der Bergstrecke zurückgelegt, doch er steckte in ernsten Schwierigkeiten, die Muskulatur seiner Beine war kurz vor dem Krampf, und selbst ein gemächlicher Trott war kaum möglich. Als auf den nächsten 100 Metern sechs weitere Läufer an ihm vorbeizogen, war es ihm fast schon egal. Seine Beine waren am Ende, er war völlig außer Atem und kurz davor, sich zu übergeben. Dies hier war alles andere als ein normales Rennen – noch nie zuvor hatte er mit solchen Problemen zu kämpfen gehabt.
    Als er den Steinhügel auf dem Gipfel des Black Tor umrundet hatte, war er wieder an die vierzehnte Stelle vorgerückt, der Schweiß rann ihm in die Augen und er rang nach Luft.
    Moriartys Herz schlug wie ein Hammer in seiner Brust. All seiner Erschöpfung zum Trotz fühlte er sich gut. So viel zu ärztlichem Rat; er hatte einen Berg bezwungen, und dafür ging es ihm noch ziemlich passabel. Dann kam sein Mittagessen hoch und landete als bittere grüne Fontäne vor ihm im Gras. Keuchend blickte Moriarty den Berg hinab und schüttelte den Kopf. Weit unten konnte er Graftons weißes Festzelt sehen. Die einheimischen Läufer scherten sich nicht um den Streckenverlauf und galoppierten in großen Sätzen den Abhang hinunter. Das war’s, dachte er. Alles oder nichts. Blind stürzte er sich den Black Tor hinab und blieb irgendwie auf den Beinen, die wie durch ein Wunder nicht unter ihm wegbrachen. Trotz des vertrackten, unübersichtlichen Felsengeländes fand er zu einem Rhythmus, der allerdings nichts mit herkömmlichem Laufenzu tun hatte, und nach halber Strecke bergab hatte er sieben Plätze wettmachen können und lag nur noch 150 Meter hinter der Spitzengruppe. 100 Meter vor dem Fuß des Berges war er nur noch 80 Meter von den vier führenden Läufern entfernt, die gerade die Hauptstraße überquerten und zur letzten Runde auf das Sportfeld einbogen. Beim Erreichen des Sportfeldes lag er nur noch knapp 50 Meter zurück und holte stetig auf. In röchelnden, gierigen Zügen rang er nach Luft.
    Als er die Tribüne des Earls passierte, hatten sich alle von ihren Stühlen erhoben. Inzwischen schleppte sich Moriarty plattfüßig und mit gebeugten Knien voran; was er tat, ließ sich kaum noch als Laufen bezeichnen. Die Spitzenläufer 30 Meter vor ihm nahm er nur noch verschwommen wahr.
    Dann, 200 Meter vor dem Ziel und mit knapp zehn Metern Rückstand, passierte es. Er verfiel in ein torkelndes Stolpern, er sah aus wie die Karikatur eines Läufers, und verzweifelt suchte er nach dem Schlüsselwort, das seinen vollkommen weggetretenen Muskeln wieder auf die Sprünge helfen konnte. Irgendwie gelang es ihm, sich taumelnd auf den Beinen zu halten, und nur blinder tierischer Instinkt bewahrte ihn vor dem Zusammenbruch.
    Die drei führenden Läufer berührten das Zielband, doch Moriarty ließ nicht locker. Er hörte nicht, wie das Publikum johlend die übrigen Läufer empfing, die das Sportfeld erreichten. Acht Meter vor der Zielgeraden sackte er auf die Knie und ließ sich vornüber auf die Hände fallen. Schweiß rann ihm in die Augen. Dann drang der Triumph durch seinen Schmerz, die überwältigende Erkenntnis, dass er es geschafft, dass er alles aus sich herausgeholt hatte. Und nichts war zerborsten, nichts war

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