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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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anhand der Sportzeitschrift Bell’s Life . Für den Seneca lief es nicht sonderlich gut. Martins große Champion-Tournee war zu einem schäbigen, ausgelaugten Haufen verkommen, der sich mit einem eigenen »Reisestadion« im Gepäck von Wettkampf zu Wettkampf schleppte. Das Stadion bestand aus mehreren Hundert Metern Plane und Zaungestänge, das die Sportler selber auf halbwegs geeigneten Grasflächen zu einem improvisierten Sportfeld zusammenbauen mussten, ehe sie den Zuschauern einen Sixpence für ihre »Wettkämpfe« abknöpften.
    Dem sportinteressierten Publikum wurde bald klar, dass die fast täglich stattfindenden Rennen kaum mehr als eine Show waren und mit echten sportlichen Wettkämpfen nur noch herzlich wenig zu tun hatten. Es wurde gemunkelt, Deerfoot hätte eine Schwäche für Feuerwasser, und gegen Mitte der Tournee war offensichtlich, dass der Indianer völlig aus der Form war. Ende August war Martin nach heftigen Streitereien gezwungen, den Rest der Reise abzublasen. Zum ersten Mal gingen die Tourverläufe von Booth und Deerfoot jäh auseinander.
    Dennoch hatte Moriarty in Manchester weitere Bekanntschaft mit dem englischen Laufsport gemacht, der in der Stadt ganz groß geschrieben wurde. Fast täglich wurden auf jeder geeigneten Freifläche der Gegend Mann-gegen-Mann-Rennen ausgetragen, und im Stadion vor den Toren der Stadt fanden die großen Handicap-Läufe statt.
    Ausgerechnet hier, im Ruß und Dreck von Manchester, sollte Moriarty seine sportliche Ausbildung vollenden: Erbegegnete Läufern, die in bleibesohlten Schuhen liefen, um die Handicapper zu betrügen, »Blendern« von auswärts, die von den Buchmachern eingeschleust wurden, um beim lokalen Wettbewerb abzusahnen und dann weiterzuziehen, und er lernte die Geheimnistuerei kennen, mit der Trainer ihre Schützlinge bei den Vorbereitungen auf einen Zweikampf oder ein großes Handicap-Rennen umgaben. Und so begann Moriarty ausgerechnet in Manchester, seine Zukunft zu planen – als Schauspieler, als Läufer und als Manager.
    Immer wieder hatte der alte Junius Brutus ihm eingebläut, niemals das Publikum anzusehen, zumindest nicht vor dem letzten Vorhang. Moriarty hatte keinerlei Schwierigkeiten, sich an diese Maxime zu halten, denn sobald er ganz »im Spiel« war, wurde das Publikum völlig nebensächlich.
    Jedoch am letzten Abend in Manchester, als er den Laertes zu Booths Hamlet gab, wanderten seine Augen aus unerfindlichen Gründen ins Parkett. Und dort in der ersten Reihe saß Eleanor. Fast hätte er den Faden verloren und musste sich zusammenreißen, um nach den Zeilen »Gern tret’ ich bei und will mit Zuversicht um diese brüderliche Wette fechten. Gebt uns Rapiere, kommt!«, die das Duell mit Hamlet einläuteten, seinen Einsatz nicht zu verpassen.
    Als er sich endlich wieder gefangen hatte, stürzte er sich derart überschwänglich in den Kampf, dass sein Gegenüber kaum mitkam. Zum Glück war die Choreografie gut einstudiert, und Booth konnte seinem Kollegen zuzischen, er solle sich gefälligst zurückhalten. Die Warnung brachte Moriarty wieder zur Vernunft. Für den Rest des Duells hatte er sich im Griff und lieferte einen makellosen Tod.
    Mindestens weitere zwanzig quälende Minuten mussten vergehen, ehe Moriarty seinen Vorhang bekam. Erwartungsvoll suchte sein Blick die erste Reihe ab. Doch Eleanors Platz war leer. Er spürte, wie sein Herz sich zusammenkrampfte, und abermals musste Booth ihn anzischen: »Verbeug dich, du Idiot!«
    Wenige Minuten später schlich Moriarty mit gesenktem Kopf hinter die Kulissen. Hinter ihm sprühte Edwin Booth nur so vor Freude und sonnte sich im begeisterten Beifall der Zuschauer. Kaum waren sie bis zu ihren winzigen Garderoben in den Tiefen des Theaters vorgedrungen, schlüpfte Moriarty in seine Kammer und schloss die Tür. Einen Augenblick lang saß er nur da und starrte in den geborstenen Spiegel. Dann zog er sich mit einem tiefen Seufzer den Schnurrbart von der Oberlippe und griff nach dem Topf mit der Abschminkcreme. Gedankenverloren blickte er in den Spiegel, schmierte sich mit beiden Händen die fettige weiße Paste auf Stirn und Wangen, griff mit einem weiteren Seufzer nach einem Tuch auf dem Tisch und verbarg das Gesicht darin.
    Da klopfte es hinter ihm leise an die Tür. Moriarty wischte sich noch nicht einmal die Creme vom Gesicht. Er stürzte zur Tür und stieß dabei den Stuhl um.
    Vor ihm stand Eleanor in einem blauen Samtkleid, mit einem herrlichen großen Blumenhut auf dem Kopf, und

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