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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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spurlos verschwunden. Moriarty hatte ihn nicht aufgehalten und auch Buck und Mandy geraten, ihn in Ruhe zu lassen. Noch nie hatte er Billy Joe ernsthaft trinken sehen, doch irgendwann gab es schließlich immer ein erstes Mal. Er hatte ihm erzählt, das Ganze sei eine abgekartete Sache gewesen, Beauregarde und Kennedy hätten auf Nythbran gewettet, dabei wüssten sie ganz genau, dass Billy Joe den Indianer geschlagen hatte. Doch der Texaner war untröstlich. Er saß in der ersten Reihe des Theaters, starrte auf die leere Bühne und bemerkte nicht, dass jemand hinter ihm stand.
    Der Indianer hüstelte. Mit leerem Blick drehte sich Billy Joe um.
    Der Läufer streckte Billy Joe seine Hand hin. Ein Bündel Geldscheine war darin.
    »Nehmen Sie es«, sagte der Indianer. »Sie haben es vollauf verdient.«
    Einen Moment lang war Billy Joe wie vor den Kopf geschlagen.
    »Na, los«, sagte der Indianer. »Gegen mich hat noch niejemand gewonnen, doch wenn’s einer tut, weiß ich das verdammt genau. Nehmen Sie’s.«
    Er setzte sich neben Billy Joe. »Wo zum Teufel haben Sie gelernt, so schnell zu starten? Ich hab noch nie jemanden so starten sehen.«
    »Logik«, nuschelte Billy Joe und hielt dem Indianer die Flasche hin.
    »Würden Sie mir das zeigen?«, fragte Nythbran und nahm einen Schluck.
    »Na klar«, antwortete Billy Joe und erhob sich leicht schwankend.
    Dann hockte er sich auf den staubigen Boden, und der Indianer sah aufmerksam zu und tat es ihm gleich.
    »Wie nennen Sie das?«, fragte Nythbran mit einem Seitenblick.
    Billy Joe schwieg einen Moment. »Känguru-Start«, sagte er dann. »Ich nenne es Känguru-Start.«
    Mandy hatte Billy Joe Speed noch nie so deprimiert gesehen. Seit Virginia City war er zusammen mit Buck schweigend neben dem Wagen hergeritten, auf dem sie mit Eleanor und Moriarty saß. Sie waren unterwegs zum Kopfbahnhof von Ogden, von dem aus sie in ihr Winterquartier nach San Francisco reisen würden. Von Eleanor ermuntert, versuchte sie, aus Billy Joe etwas über seine Vergangenheit herauszukitzeln, und allmählich gab er nach.
    Sein Vater Adam Clark war Engländer gewesen, erzählte er, ein Bergmann aus Kent, der 1843 nach Australien verfrachtet worden war, weil er versucht hatte, eine Gewerkschaft zu gründen.
    1850 war Adam Clark aus Australien geflohen und hatte sich mit anderen ehemaligen Gefangenen über Hawaii nach San Francisco durchgeschlagen. Dort gab es die Sydney Ducks, eine gesetzlose Bande australischer Exilanten, die fast so mächtig wie die Regierung war, doch Adam hatte sich geweigert, ihnen beizutreten, und sich stattdessen demKomitee der Bürgerwehr angeschlossen, dessen Anführer der nicht minder skrupellose und hitzige Politiker Sam Brannan war. 1852 hatten Brannan und seine Bürgerwehr gesetzestreue Bürger von San Francisco für eine Kampftruppe mobilisiert und die Ducks niedergeschlagen, und Clark war gen Süden nach San Antonio weitergezogen, um sich als Rancher zu versuchen. 1854 hatte er eine Spanierin namens Maria Ordonez geheiratet.
    Ein Jahr später wurde William Joseph geboren, und kaum konnte er laufen, rannte er auch schon. In seiner Jugend war Adam selbst Läufer gewesen, denn in Kent war es seit Jahrhunderten Brauch, dass die Dörfer in einem »Barlauf« genannten Wettbewerb gegeneinander antraten. Als Billy Joe fünf war, bekam er von seinem Vater auf 100 Meter 50 Meter Vorsprung. Sieben Jahre später waren es nur noch zehn Meter, und im Jahr 1868, Billy Joe war zwölf Jahre alt, tat er das, was er sich seit neun Jahren gewünscht hatte: Er schlug seinen Vater ab der Startlinie.
    20 Meilen vor Ogden saßen Mandy und Billy Joe nebeneinander am abendlichen Lagerfeuer. Nicht weit von ihnen hockten Moriarty und Buck auf ihren Sätteln und probten Macbeth , während Eleanor Kostüme flickte.
    Irgendwie fühlte sich Mandy Billy Joe durch seine Niederlage näher, als sie es bei seinen Erfolgen getan hatte. Zum ersten Mal zeigte er Verletzlichkeit. In der einbrechenden Dämmerung spürte sie, wie die Enttäuschung von Virginia City erneut in ihm auflebte. Glasig starrte er ins Feuer, und fast meinte sie, den verzweifelten Endkampf gegen den Indianer in den tanzenden Flammen sehen zu können.
    »Und wie bist du darauf gekommen, dass du wirklich schnell laufen kannst?«, fragte sie. »Abgesehen von San Antonio, meine ich.«
    Billy Joes Antwort kam prompt. »Durch einen Doughnut«, sagte er. »Soll ich’s dir erzählen?«

8
DER TAG DES DOUGHNUT
    Billy Joe Speed konnte

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