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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Indianer‹ weg. Als er mit dem Laufen anfing, strich er das ›jung‹.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    Moriarty beendete seine Gesichtsreinigung und stand auf. »Locker bleiben. Wir können den Indianer nicht bloßstellen, sonst macht er das Gleiche mit uns, und dann habenwir alle ein Problem. Wir müssen nur dafür sorgen, dass Billy Joe ein gutes Rennen macht.«
    Zuerst kamen die Kamelrennen. 1855 hatte die Armee Kamele in den Südwesten gebracht und 75 davon im texanischen Camp Verde stationiert, das fortan »Klein-Ägypten« genannt wurde. Allerdings war das Unternehmen nicht gerade von Erfolg gekrönt. Eingefleischte Kavalleristen, deren Beine auf die Statur der Pferde geeicht waren, konnten sich auf den Tieren nicht halten, und die Rekruten wurden ordentlich seekrank.
    Und so wurde die militärische Unternehmung ad acta gelegt, die Kamele wurden an einen Kamel-Import mit Sitz in San Francisco verkauft, und 1860 begann man, im amerikanischen Südwesten Kamelkarawanen einzuführen. Der Bürgerkrieg setzte der Sache ein Ende. Die Herden wurden aufgelöst, ein Großteil der Tiere an Zoos und Varietés verscherbelt, und der Rest blieb sich selbst überlassen. Die Nachkommen dieser Streuner wurden jährlich bei den Rennen in Virginia City eingesetzt.
    Nach vier Kamelrennen begannen sich die Gehsteige der Hauptstraße wieder zu füllen. Bis zu den ersten Läufen war es nur noch eine Stunde hin, und die letzten Wetten wurden gemacht. Moriarty wusste, dass der Manager des Indianers und eine Handvoll seiner Leute irgendwo in der Menge Geld auf ihren Mann setzten. So weit westlich hatte Moriarty den Indianer noch nie gesehen, vor allem nicht inkognito, und bei dem dichten, schwarzen Bart hatte selbst er Schwierigkeiten, ihn zu erkennen.
    Der Indianer war ein Spitzenläufer, und seit sie sich 1871 das erste Mal in New Orleans begegnet waren, hatte Feeney ihn in Topform gebracht. Nythbran war eine perfekte Laufmaschine: 1,80 Meter groß, 76 Kilo schwer und bestens gelaunt. Feeney hatte ihn sparsam eingesetzt und nur zwei oder drei große Dinger pro Jahr mit ihm veranstaltet. 1873 hatte er ihn nach Kuba gebracht, wo er einen Traberauf 50 Meter geschlagen hatte, und ein Jahr darauf nach Paris, um den besten Läufern Europas einen Denkzettel zu verpassen. Regelmäßig war der Indianer bei 100 Metern auf ebenem Grund gestoppt worden, und 1874 in New Orleans schaffte er auf 130 Metern zwei Zehntelsekunden unter der Sollzeit. Mit seinen 26 Jahren war er jetzt auf dem Gipfel seines Könnens und schätzungsweise eine volle Zehntelsekunde schneller als Billy Joe. Ein Meister seiner Zunft, genau wie Deerfoot über ein Jahrzehnt zuvor.
    Die Vorläufe begannen in der drückenden Mittagssonne auf der Main Street. Die Straße hatte sich in einen engen, durch Schnüre in fünf Bahnen unterteilten Korridor verwandelt, und die Menschenmenge drängte gegen die Seile der beiden äußeren Bahnen. Den ersten Vorlauf machte der Indianer in 14,7 Sekunden und war kaum außer Puste, als er mit fünf Metern Vorsprung über die Ziellinie kam. Der Lokalmatador Wallace war vier Zehntelsekunden langsamer und hatte Mühe, sich einen flinken kleinen Mexikaner namens Aquido vom Leib zu halten. Baird und Dalla Barba nahmen die nächsten beiden Vorläufe mit Leichtigkeit in 14,9 Sekunden, und Billy Joe den letzten noch müheloser in ebenfalls 14,9 Sekunden.
    Vom Balkon des Eldorado aus konnte Moriarty sehen, dass trotz Billy Joes guter Leistung noch ein ganzer Meter zwischen ihm und dem Indianer lag. Und dieser Meter war dem Start geschuldet, wo der nie ganz austarierte Billy Joe mit dem geschmeidig losschnellenden Indianer nicht mithalten konnte. Einmal gestartet, konnte Billy Joe es mit seinem Gegner aufnehmen, doch es nützte nichts – das Ergebnis war von vornherein klar.
    Drei Stunden vor dem Finale kehrte Moriarty zum Sawmill Theatre zurück, um sich mit Billy Joe und Buck zu beraten.
    Als er ankam, lag Billy Joe bäuchlings im Durchgang auf dem dreckigen, mit Sägespänen bestreuten Boden. Buck stand mit zerknirschtem Gesicht daneben.
    »Red du mit ihm, Moriarty«, sagte er kopfschüttelnd. »Der ist total durchgedreht.«
    Billy Joe setzte sich auf, klopfte sich den Staub von den Kleidern und blickte seinen Manager an.
    »Ich kann es gewinnen«, sagte er. »Ich rieche es förmlich.«
    »Klar kannst du«, sagte Moriarty beschwichtigend.
    »Nein, ich mein’s ernst«, beharrte Billy Joe. »Passt mal auf.«
    Er stand auf und setzte sich auf die Bank

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