Finish - Roman
anzufertigen. Nein, Stumpys Doughnuts waren nicht Handwerk, sie waren Kunst, und die von Boss Frenn angeordnete Ruhepause schenkte Stumpy genau die Muße, die er zur Herstellung seiner Wunderwerke brauchte.
Gleich am nächsten Morgen machte er sich eifrig an die Arbeit, während die Jungs von Circle X anfingen, die Schäden der Flussdurchquerung in Ordnung zu bringen. Es wurde ausgelost, wer vorausreiten und die Strecke der kommenden Tage in Augenschein nehmen sollte, und die unglücklichen Verlierer Jess Holt und Sam Peck ließen sich hoch und heilig versprechen, dass bis zu ihrer Rückkehr niemand ihre Doughnuts anrührte. Derart beschwichtigt, waren die beiden mit dem verführerischen Duft aus Stumpys Küche in der Nase früh am nächsten Morgen gen Norden aufgebrochen.
Die Männer schienen aus dem Nichts zu kommen. GegenMittag waren bereits zehn Cowboys im Lager aufgetaucht, um ihre Tagesdienste gratis anzubieten, und am Nachmittag hatten sich noch sieben weitere hinzugesellt, so dass ihre Zahl die der Circle-X-Männer inzwischen überstieg. Obwohl niemand ein Wort darüber verlor, war klar, dass Holt und Peck die Kunde von Stumpys Gebäck weit gestreut hatten: Wahrlich, der Tag des Doughnut war gekommen! Von der verheißungsvollen Aussicht auf Stumpys Delikatesse nach Süden gelockt, deren Duft über halb Texas zu schweben schien, hatten die Männer bis zum Abend Arbeiten erledigt, die normalerweise einen weiteren Tag in Anspruch genommen hätten.
Abends am Lagerfeuer überschlug Billy Joe grob die Meilen, die auf der Jagd nach dem Heiligen Doughnut an jenem Tag zurückgelegt worden waren. Bescheiden gerechnet waren es 500, doch die Reise hatte sich gelohnt, davon waren alle überzeugt.
Hastig schaufelten sich die Cowboys den Mordseintopf hinein, in der Hoffnung, es möge ihnen rascher das bescheren, wonach sie gierten, sich sehnten, verzehrten. Stumpy zog den Moment genüsslich in die Länge und kellte eine Portion nach der anderen aus, bis der Topf leer war. Schließlich hielt selbst Frenn es nicht mehr aus. Er warf Stumpy seinen allseits gefürchteten »stählernen Blick« zu, woraufhin der bärtige, krummbeinige kleine Koch grummelnd in Richtung Verpflegungswagen davonschlurfte.
Endlich kehrte er mit einem Blech voller in Zucker und Zimt gewälzter heißer, saftiger Doughnuts zurück. Die erste Portion ging so schnell herunter, dass sie kaum den Gaumen berührte, und Stumpy goß den Männern Arbuckle’s nach. Sein Rezept für Arbuckle’s-Kaffee war ganz einfach: »Zwei Stunden einkochen und dann ein Hufeisen reinwerfen. Wenn es untergeht, braucht er noch ’ne Weile.«
Noch ein stählerner Blick, und Stumpy kam mit einer frischen Ladung wieder: duftig, leicht und warm, die Könige im Reich der Doughnuts. Wieder verschwanden sie imNu und wurden mit großen Schlucken schwarzem Arbuckle’s heruntergespült. Danach war kein stählerner Blick mehr nötig, denn Stumpy hatte Feuer gefangen und brachte unermüdlich ein Tablett nach dem nächsten voll dampfender Doughnuts, als wäre er Herrscher im Schlaraffenland. Billy Joe aß wie in einem süßen Traum, löste seinen Gürtel Loch um Loch und öffnete ihn schließlich ganz.
Dann waren die Männer endlich satt. Rülpsend und stöhnend saßen sie im Lichtkreis des Lagerfeuers, während vom Flussufer das friedliche Muhen der Rinder herüberscholl.
Als die fremden Cowboys und die Circle-X-Männer endlich ins Plaudern kamen, sprach man über Pferde und Indianer, und am meisten redete ein grauhaariger Veteran in speckigen Lederhosen namens O’Grady, der ebenfalls dem Lockruf der Doughnuts gefolgt war.
Die meisten Leute wüssten nicht einmal, dass die Indianer bis vor 100 Jahren noch gar keine Pferde kannten, tönte O’Grady. Nein, die Indianer seien ein Läufervolk, verdammt schnell und nicht kleinzukriegen, und wenn sie einen Weißen schnappten, gewährten sie ihm häufig die Gnade des Pfeillaufs.
Dabei wurde ein Pfeil rund 100 Schritt weit geschossen, und kaum hatte der Gefangene ihn erreicht, rannte er in einem Affenzahn los, und die schnellsten Krieger setzten ihm nach. Nur wenige hätten diese Prüfung überlebt, und soweit O’Grady wusste, hätten nur Daniel Boone und Davy Crockett es mit ihnen aufnehmen können.
Als Erste hätten die Spanier Pferde in den Westen gebracht und die Indianer zu einem Reitervolk gemacht, erzählte O’Grady, der sich langsam warmgeredet hatte. Für Apachen war Pferdestehlen so selbstverständlich wie Essen und
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