Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
Vom Netzwerk:
dich endlich ran und erzähl mir nachher, wie es war, aber in allen Einzelheiten.«
    »Diane ist keine, die man einfach flachlegt«, widersprach Kilian, während Gregor obszön ins Handy stöhnte.
    Kilian verdrehte die Augen.
    Er mochte Gregor, aber wenn es um Frauen ging, nervte er tierisch. Im Moment war er scharf auf die rothaarige Aushilfe. Bisher ließ sie ihn abblitzen, aber Kilian wusste, dass Gregor früher oder später ans Ziel kommen würde. Für sein Empfinden sah Gregor nicht einmal gut aus. Aber vielleicht wog es mehr, dass er Stürmer beim TUS Cuxhaven war, für den er samstags Tore schoss. Dass er einen Jeep fuhr – wobei so ein Ungetüm mit Allradantrieb doch unmöglich der Grund sein konnte, warum Frauen auf ihn flogen. Da fiel wohl eher ins Gewicht, dass er keine Party ausließ.
    »Ich muss auflegen, Alter«, sagte Gregor jetzt. »Der Chef krakeelt. Mach dich endlich an die Tussi ran, hinter der bist du doch schon ewig her. Und, Alter …«
    »Was?«
    »Bring mir endlich mal die Kohle mit, die du mir schuldest. Hundert Euro sind krass viel Geld!«
    Kilian legte auf, rief Diane an und war froh, dass er sie erreichte. Als sie keine halbe Stunde später eintraf, hatte Kilian es nicht eilig, zur Arbeit zu kommen, und begann die Küche aufzuräumen.
    »Ich denke, du musst los?«, sagte sie, setzte sich zu Maxi, die mittlerweile eingeschlafen war, und streichelte ihr behutsam über den Kopf.
    Kilian antwortete nicht, er dachte über ein Gesprächsthema nach, das es ihm ermöglichte, sich noch ein wenig mit Diane zu unterhalten. »Ich habe Iska Bade getroffen und sie nach der Telefonnummer ihrer Schwester gefragt.«
    »Was versprichst du dir davon?«
    »Ich weiß nicht, ich will einfach nur mit ihr reden.«
    »Aber warum jetzt, nach so vielen Jahren?«
    »Weil ich es nicht konnte, als sie den Kontakt damals gesucht hat«, antwortete Kilian. »Ich habe einfach das Gefühl, dass es mir hilft, sie zu sehen.«
    »Phyllis lebt völlig zurückgezogen, sie hat sich lange Vorwürfe gemacht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Wir kannten uns vom Fußballtraining und haben uns auch nach den schrecklichen Ereignissen nicht aus den Augen verloren«, sagte Diane stockend.
    »Das wusste ich nicht.«
    »Es gibt viele Leute, die ihr zugesetzt haben, sie musste einiges einstecken. Klar, natürlich fährt der Coach erst nach Hause, wenn alle Kinder abgeholt sind. Anfangs war ich auch wütend auf sie.« Dianes Blick wurde glasig. »Aber Schuldzuweisungen bringen nichts! Außerdem ist sie schon genug gestraft, durch Ivos Tod, meine ich. Das heißt natürlich nicht … Ich meine, ich empfinde es nicht als gerechte Strafe … Nicht dass du mich falsch verstehst.«
    »Unsinn. Ich weiß, was du meinst.«
    Diane begann zu weinen. »Ich weiß, wovon ich rede … Ich hatte eine Tochter. Sie starb an plötzlichem Kindstod, als sie vier Monate alt war. Ich hatte mir so sehr ein Kind gewünscht, aber Gina ist gestorben, einfach so.«
    Kilian legte einen Arm um Diane.
    »Mein kleiner Engel ist tot«, flüsterte Diane.
    »Das tut mir sehr leid.«
    »Es gibt Tage, da weiß ich einfach nicht weiter. Immerhin kann ich mittlerweile von ihr erzählen. Es ist Maxi, die mich dann bei der Stange hält, mir Kraft gibt, weiterzumachen.«
    Mit diesen Worten löste sich Diane aus Kilians Arm, band ihren blonden Pferdeschwanz straffer nach hinten, atmete tief durch und versuchte zu lächeln. »Ich wollte dir das nicht erzählen, entschuldige bitte. Du hast genug eigene Probleme. Aber ich möchte dir sagen, dass Coach Dieckmanns genauso wenig Schuld trifft wie dich! Phyllis hat sich ihrer Verantwortung gestellt, in Gesprächen, beim Prozess damals, und sie hat deinen Vater um Verzeihung gebeten. Die Mädchenmannschaft hat sie allerdings nie wieder gecoacht.«
    »Sie hat sich bei Johann entschuldigt?«
    »Ja.«
    Kilian schossen Tränen in die Augen. Diane breitete die Arme aus, er ließ sich bereitwillig hineinfallen. Sie drückte ihn an sich. Kilian spürte ihren warmen, weichen Körper, sie roch so gut.
    Er wollte für immer in ihren Armen liegen bleiben.
    Der Klammergriff an seiner Schulter war schmerzhaft und überraschte ihn völlig. »Das könnte dir so gefallen, du Penner!« Sein Vater lallte die Worte nur, aber trotzdem klangen sie aggressiv. Er riss Kilian hoch. »Drückst du wieder auf die Tränendrüse, du Armleuchter?«
    Johanns knochige Beine steckten in Boxershorts. Er trug ein löchriges T-Shirt, seine grauen Locken hingen strähnig herab,

Weitere Kostenlose Bücher