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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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Kästchen mit bunten Murmeln fand. Ich weiß, dass du es dort versteckt hattest, aber wenn du das nicht getan hättest, würde ich wahrscheinlich heute noch buddeln. Ja, und so bin ich immer noch. Ich gebe nicht auf! Das Gleiche gilt für meine Gewichtsreduktion. Zwischendurch stand die Waage, bewegte sich einfach nicht, aber jetzt wiege ich schon fünfzehn Kilo weniger als bei meiner Ankunft! Ich bin ein Kämpfer, und das werde ich allen beweisen!
    Dies schrieb, dein frustrierter Junge
    PS: Ich möchte dich ja nicht drängen, aber ich würde mich freuen, wenn du mich besuchen kommst. Wirklich! Und könntest du mir dann die Bücher mitbringen, die auf der beiliegenden Liste stehen? Mit dem Lesestoff, den wir hier haben, kann ich nichts anfangen! Du würdest mir eine große Freude machen!
    R.

Cuxhaven-Duhnen, Christian-Brütt-Weg
    Ein warmer Wind kam vom Meer über die Düne und wehte das zusammengekehrte Laub über den Rasen. Noch schien die Sonne, doch Phyllis roch den Wetterumschwung. Sie hatte einen von Iskas Gartenstühlen samt Tisch in die Sonne gestellt. Ein blassblauer Seidenschal, den sie locker um den Hals trug, betonte, ebenso wie der Goldschmuck, ihre sonnengebräunte Haut und gab ihrer ansonsten etwas burschikosen Erscheinung eine feminine Note. Der Hund schlief zu ihren Füßen. Phyllis freute sich, dass sie das Haus ihrer Schwester ein paar Tage hüten konnte.
    Iska besuchte Verwandte auf Helgoland.
    Phyllis dachte an Anna Koranth. Wie gern hätte sie die Freundin ihrer Schwester kennengelernt, die nun seit fast einem Jahr in Döse begraben lag. Die Konsequenz, mit der sie ihre Tat ausgeführt hatte, imponierte ihr, das gab sie unumwunden zu.
    Phyllis war es satt, sich von ihren Schuldgefühlen auffressen zu lassen, passiv zu sein, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren. Und in Sachen Rache fühlte sie sich Anna unglaublich nah, glaubte zu verstehen, worum es dieser Frau gegangen war. Sie wollte raus aus der Ecke, in der sie seit Jahren festsaß, und sie war ihre Tatenlosigkeit satt. Ihr Zorn musste dahin, wo er hingehörte.
    Ronald Dallinger. Gott sei Dank saß er noch eine Weile, es blieb Zeit, sich jeden Schritt genau zu überlegen. Dieser Mann hatte Ivo getötet, ihre Nichte völlig aus der Bahn geworfen und Maxi Bernsen traumatisiert. Ronald Dallinger machte Phyllis unendlich wütend. Sie wollte Gerechtigkeit und ihren Frieden.
    Als erste Regentropfen fielen, ging sie ins Haus. Der Westi trottete hinterher. Drinnen war es feucht und kalt. Phyllis holte Holz aus dem Schuppen und machte Feuer im Kamin. Schnell breitete sich angenehme Wärme aus. Sie versorgte den Hund, setzte sich dann mit der Post in den Sessel am Fenster, genoss einen Grog. Iska hatte ihr aufgetragen, die Korrespondenz zu öffnen. Die meisten Umschläge enthielten bloß Werbung.
    Ein Brief kam von Iskas Anwalt.
    Phyllis öffnete ihn, las ihn zweimal, versuchte, die Konsequenz der Worte zu erfassen. Dr. Meyer-Reich teilte Iska mit, dass die Möglichkeit bestand, dass Dallinger nach einer Verbüßung von zwei Dritteln seiner Freiheitsstrafe vorzeitig aus der Haft entlassen würde. Entsprechende Anträge waren gestellt. Der Rechtsanwalt wies darauf hin, dass die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt wohl nicht zum Nachteil des Angeklagten ausfallen würde, anscheinend verhielt sich Ivos Mörder im Knast zur Zufriedenheit der Verantwortlichen. Jetzt wartete die Strafvollstreckungskammer noch auf die psychologischen Gutachten, die eine positive Prognose enthalten mussten, bevor die Entscheidung zu Dallingers Gunsten fallen konnte.
    Offenbar kooperierte der Dreckskerl auf allen Ebenen. Der Tag, vor dem sich Phyllis immer gefürchtet hatte, kam vielleicht schneller als gedacht. Meyer-Reichs Schreiben endete mit dem Hinweis, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen sei.
    Phyllis schob den Auflauf vom Vortag in den Ofen und goss sich einen Sherry ein. Ihre Gedanken überschlugen sich, während sie Schluck für Schluck trank. Als das Essen warm war, stellte sie die feuerfeste Form auf ein Holzbrett und aß ohne Appetit. Vielleicht war Dallingers verfrühte Entlassung auf den zweiten Blick gar keine schlechte Sache. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.
    Phyllis nahm Stift und Papier.
    Bis in die frühen Morgenstunden saß sie über ihren Aufzeichnungen. Als es draußen hell wurde, legte sie sich ins Bett.
     
    Beim Aufwachen fühlte sie sich stark und frisch. Im Laufe des Vormittags führte

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