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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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die Augen waren ausdruckslos. Er sah merkwürdig aufgedunsen aus.
    Diane stand sofort auf, versuchte, sich zwischen Kilian und seinen Vater zu stellen, doch Kilian schob sie sanft zur Seite. »Paps, bitte, mach jetzt kein Theater. Maxi schläft, soll ich dir einen Kaffee kochen?«
    Sein Vater ließ sich aufs Sofa fallen, es schien, als habe er bereits all seine Kräfte verbraucht. »Du bist so ein Schleimer, wirfst dich an Dianes Busen, heulst und lässt dich bemuttern.« Johann sah zu Diane. »Wir wollen mal nicht vergessen, wer an dem Fiasko hier schuld ist! Er ist ein mieses Arschloch, der seine Schwester für ein paar bunte Pillen …«
    »Hör doch endlich auf, deinem Sohn ständig Vorwürfe zu machen«, platzte Diane hervor. »Ich kann deine ewige Leier einfach nicht mehr hören! Kilian sollte längst ein eigenes Leben führen, stattdessen hängt er hier rum, muss sich um seine Schwester kümmern, weil du dazu nicht in der Lage bist! Und zu allem Überfluss hältst du ihn auch noch in seinen Schuldgefühlen fest!«
    Johann starrte von Diane zu Kilian. Zuerst hatte es den Anschein, als wollte er sich aufbäumen, Stellung beziehen, losbrüllen. Doch dann fiel er langsam in sich zusammen, wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht. Diane weckte Maxi, ließ Johann sitzen und führte sie in ihr Zimmer.
    Kilian kümmerte sich ebenfalls nicht weiter um seinen Vater, zog einen sauberen Pullover über, nahm seinen Rucksack und klopfte an Maxis Zimmertür.
    Er umarmte seine Schwester herzlich und Diane steif.
    Anschließend verließ er das Haus mit dem Gefühl, Diane näher gekommen zu sein als jemals zuvor. Die acht Jahre Altersunterschied schienen auf einmal unwichtig. Sie hatte ihm ihre verletzliche Seite gezeigt, und das berührte Kilian. Heute hatte sich bestätigt, was er schon lange wusste.
    Diane Hanson war einfach der Oberhammer.
     
    Liebe Mutter,
    ich weiß, »Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben« und »Hochmut kommt vor dem Fall«. Blablabla! Entschuldige bitte, aber manchmal kann ich deine Sprüche kaum ertragen. Der Professor ermutigt mich, dir solche Dinge zu sagen. Außerdem hört es sich für mich so an, als würdet ihr mir die Verlegung nicht gönnen. Auf welcher Seite steht ihr eigentlich? Ich bin so genervt und gebe langsam die Hoffnung auf! Dazu kotzt mich diese ätzende Hitze an!
    Hier drin ist es unerträglich. Du glaubst gar nicht, wie gerne ich mal in die Nordsee springen würde. Ja, du hast richtig gehört. Hier verliere ich sogar meine Angst vor dem Meer. Du bekommst sowieso einen unheimlichen Schmacht auf so banale Dinge wie Honigmelonen, ein kühles Bier nach Sonnenuntergang mit Blick aufs Meer oder einen Spaziergang am Morgen. Weißt du noch, wie sehr mich die Vögel immer genervt haben, die morgens ab fünf Uhr lärmten? Jetzt würde ich sie gerne mal singen hören. Ich fühle mich wirklich sehr eingeschränkt und abgeschnitten von der Welt. Doch dann erfreue ich mich wieder an Kleinigkeiten.
    Den Sonnenaufgang lasse ich mir morgens jedenfalls nicht entgehen, gerade jetzt im Sommer. Deine Weisheiten, die ich, wie ich oben erwähnte, manchmal verfluche, können auch tröstlich sein. Einige erscheinen mir jetzt doch nicht so dumm. Zum Beispiel: »Wenn du den Hahn einsperrst, geht die Sonne doch auf.« Wie wahr! Du siehst, liebe Mutter, ich kann auch etwas von dir annehmen.
    Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten, außer dass nun mein Antrag auf das Fernstudium abgelehnt wurde. Ist das nicht gemein! Ich meine, da reden immer alle von Resozialisierung, aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Da will man sich in der Gesellschaft engagieren, und es werden einem nur Steine in den Weg gelegt. So etwas verärgert mich, um es mal vorsichtig auszudrücken, denn so viele Jungs sitzen hier ja nicht ein, die das Zeug für ein Studium haben.
    Willkür, sage ich dir, reine Willkür.
    Prof. Peters meint, ich solle mich nicht entmutigen lassen und weiter Anträge stellen. Letztlich will man vielleicht meine Beharrlichkeit prüfen. Daran soll es nicht scheitern, du weißt, wie ausdauernd ich sein kann, wenn ich etwas wirklich will.
    Erinnerst du dich daran, als ich den Waldboden hinter unserem Haus in Bremen umgegraben habe, weil ich überzeugt war, dass dort ein Schatz verbuddelt ist? Jeden Tag habe ich mehrere Stunden im Boden herumgewühlt, stand bis zu den Knien in mindestens zehn Gruben. Damals war ich, glaube ich, elf Jahre alt. Du hast mich graben lassen, bis ich schließlich ein goldenes

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