Finne dich selbst!
Janne ist aus Lahti. Wir fahren zum Sportgelände. Hier steht auch die Messehalle, die Eissporthalle der Lahti Pelicans und das »Lahden Stadion«, das Stadion, in dem der FC Lahti spielt. Gegenüber davon ist die gewaltige Skisprunganlage. Im Stadion finden Leichtathletikwettbewerbe und Skilanglauf statt. Große Banner hängen im Rund und verweisen auf ehemalige und künftige Wettbewerbe. Die »Veteranen-Europameisterschaften« der Leichtathletik 2009 . 2015 , jetzt schon angekündigt, die Nordischen Skiweltmeisterschaften.
Direkt vor dem Stadion steht ein Bronzedenkmal, ein Soldat auf Langlaufskiern. In diesem Moment kommt uns eine Gruppe junger finnischer Soldaten in Uniform entgegen, auf Fahrrädern, brav in Linie, einer hinter dem anderen, Frauen und Männer. Sie waren im Schwimmbad, wie wir später erfahren. Keiner von uns hat je eine Kompanie auf Fahrrädern gesehen. Besitzt die Bundeswehr überhaupt Fahrräder?
An der Außenwand des Stadions hängt das Wappen des FC Lahti, ein Schild, in der Mitte ein Fußball, mit Gründungsjahr darunter, 1996 , gehalten von einer Meerjungfrau und dem finnischen Löwen. Darunter das Spruchband »In unum omnes«. Sehr frei übersetzt: In einer Mannschaft verbunden.
» FC Lahti? Kenne ich«, sagt Hermann. »Die spielten erste Division oder wie das hier heißt.«
Für den Fußballfan und um das einzuordnen: Der FC Lahti ist quasi der 1 . FC Köln von Finnland, früher sehr erfolgreich, heute mehrfach hoch und runter. Der Verein entstand 1996 aus der Fusion von Reipas Lahti und Kuusysi Lahti. In den Achtzigern wechselten sich HSK Helsinki und Kuusysi fast jährlich als Meister ab, und Kuusysi wurde zweimal Pokalsieger. Reipas Lahti hatte seine große Zeit in den Sechzigern und Siebzigern und wurde damals allein siebenmal Pokalsieger. Lange spielte der FC Lahti in der Veikkausliiga, der höchsten finnischen Spielklasse, in die er soeben wieder aufgestiegen ist, sogar mit einem Profi aus Deutschland in der Mannschaft. 14 Mannschaften kämpfen dort um die finnische Meisterschaft. Es ist faktisch eine Sommerliga, die Spiele beginnen erst im März oder April und enden schon im Oktober.
Das gesamte Gelände aber wird überragt von den Salpausselkä-Schanzen, drei unterschiedlich hohen Skisprungschanzen nebeneinander. Die Anlage ist legendär. Ähnlich der Vier-Schanzen-Tournee gibt es in Skandinavien die »Nordische Tournee« der Skispringer mit Wettbewerben in Lillehammer, Oslo, Kupio und Lahti. »Hill Size«, die Sprungturmhöhen, sind, von rechts nach links, 70 , 97 und 130 Meter. Links am höchsten Turm vorbei führt eine Seilbahn mit Doppelsitzen zu den Sprungtürmen empor, Service für fußmüde Wanderer und unentbehrlich für die Skispringer in Training und Wettbewerben. Rechts am Hang sind die Steh- und Sitzplätze bis runter zum Auslauf zu sehen. Das Ski-Stadion fasst 80 000 Menschen, zu anderen Zeiten waren hier sogar mehr als 100 000 Zuschauer bei den Wettbewerben.
Die drei Bauwerke bieten ein erhabenes Bild. Die Eiffeltürme von Lahti. Wahrzeichen der Stadt. Man findet sie auf Prospekten genauso wie in der Eiscreme-Reklame. Der Zauber winterlich verschneiter Schanzen fehlt jetzt im finnischen Hochsommer, trotzdem sind sie absolut beeindruckend.
Wir blicken hoch zu den drei Türmen. Und wir schauen runter zur Landezone. »Watt is datt denn?«, sagt Hermann verdutzt. In der Landezone der größten Schanze ist ein Schwimmbad! Seelenruhig ziehen dort einige Schwimmer ihre Bahnen.
»Im Sommer ist das ein Bad«, erklärt Axel. »Da wird nur auf den beiden kleineren Schanzen trainiert, und die Springer landen unten auf dem Kunstrasen.«
Hermann sieht ein Rätsel vor sich, größer als das Geheimnis ägyptischer Pyramiden. »Und wie bauen die im Winter das Schwimmbad zu?«
»Keine Ahnung.«
»Kommt«, sage ich. »Wir fragen mal.«
»Du kannst doch nicht einfach wildfremde Leute ansprechen«, sagt Ilse.
»Warum?« Ich bin erstaunt. »Machst du doch auch immer.«
Ich bin schon auf dem Weg hinab zum Schwimmbad. Hermann kommt mit. Wo ein Schwimmbad ist, ist auch ein Bademeister. Das ist eines der ältesten Gesetze der Welt. Am fünften Tage schuf Gott das Schwimmbecken, am sechsten Tag den Bademeister, am siebten Tag musste Gott dann ruhen. Dazu setzte er sich an den Beckenrand, und als er später baden gehen wollte, wurde er von seinem eigenen Bademeister gemaßregelt: »Nicht vom Rand springen!«
Dieser Bademeister ist total freundlich, spricht ausschließlich
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