Finne dich selbst!
finnisch, aber wir unterhalten uns mit Händen und Füßen. Das Schwimmbecken ist in den tiefsten Punkt des Auslaufs hineingebaut, dahin, wo die Athleten nach dem Sprung sonst landen. Es ist quasi eine Kuhle, aber sauber gekachelt. Am Kopf- und Fußende steigt der Beckenboden sanft an und führt wie ein »Natur-Strand« hoch aufs Gelände. »Im Sommer füllen wir diese Kuhle mit Wasser«, sagt der Bademeister. »In der Übergangszeit legen wir sie mit Kunstrasen aus, und im Winter liegt Schnee drauf!« Das ist jedenfalls das, was ich als Gebärdendolmetscher heraushöre. Er winkt uns in sein Bademeisterhäuschen und zeigt uns Fotos.
»Unglaublich«, kommentiert Hermann.
Der Bademeister nickt: »Es muss nichts umgebaut werden. Im Winter wird nur das Wasser abgelassen.«
Wir bedanken uns vielmals und winken Axel und Ilse heran, um nun zu den Türmen hochzusteigen. Auf der größten Schanze gibt es eine Aussichtsplattform, die man mit einem Fahrstuhl erreicht. Ich schaue zu den Sprunganlagen hoch und schüttele den Kopf. Wer ist so bekloppt und springt da runter? Freiwillig? Manchmal mehrmals am Tag? Wir fahren hoch.
Im Lift frage ich Hermann: »Wie kommt das eigentlich, dass dich Skispringen so interessiert?«
»Weiß nicht. Vielleicht weil ich früher mal Stabhochspringer war.«
»Du?«
»Klar. Kreismeister sogar!«
Ilse schaut ihn von der Seite an: »Früher Stabhochsprung, und heute kommt er nicht mal vom Sofa hoch!«
Hermann grinst. Wir steigen aus. Unter uns liegt die gesamte Region Lahti, mit dem riesigen Vesijärvi-See. Wir haben bei bestem Wetter einen phantastischen Rundblick. Die Stadt selber ist eindrucksvoll umstanden von mehreren senkrechten Bauten, vom alten Schornstein am Hafen, vom Wasserturm, von zwei Radiomasten – denn hier war mal ein Medienzentrum zu Hochzeiten des Hörfunks, und es gibt immer noch ein Radio- und Fernsehmuseum – und der Sprunganlage.
Die drei Schanzen sind ein echter Touristenmagnet, und wir betrachten die kleine Fotodokumentation des Baus. Wir stehen auf der Aussichtsplattform, gleich unter uns befindet sich die Ausstiegsluke für die Springer, wir sehen den Sitzbalken und schauen direkt von oben auf die Anlaufspur, den Sprungtisch und dann die Landezone. Weit unter uns das Schwimmbecken, das Salpaussalkä-Stadion mit seinen Zuschauerrängen. Das ist also die Perspektive der Springer. Wir sehen, wie steil sich die Schanze senkt, wie weit die Sportler herunterfahren müssen, wie eng die Spur verläuft. Wir schnallen uns »mental« Skier unter, spielen den Anlauf im Geiste durch. Keinem von uns ist das geheuer. Hermann und ich sagen wie aus einem Mund: »Das wär nichts für mich!« Gucken ja, aber springen? Uns schaudert. Niemals wird ein Ostwestfale Skispringer werden. Dazu müsste er schon in Oberhof geboren sein, dem Ostwestfalen der ehemaligen DDR .
Wir nehmen wieder den Aufzug, fahren runter und gehen im Bogen an der kleinsten Schanze vorbei zum Parkplatz. Dabei kommen wir an einer weiteren Schanzen-Anlage vorbei, der Janne-Ahonen-Skisprung-Schule, für Anfänger, für Kinder und Jugendliche, eine Schanze mit 1 bis 7 Metern Sprungweite, die nächste mit 5 bis 15 Metern, in der Mitte die größte mit 20 bis 40 Metern und außen rechts die mit 10 bis 25 Metern. Die Schanzen bestehen aus verwitterten Holzgerüsten, dazwischen Stufen für den Weg nach oben, unten ein kleiner Zuschauerrang. Wir setzen uns, schauen auf die vier kleinen, verwitterten, leeren Holzschanzen, und ich denke: »Nicht mal von der kleinsten!«
Hunger und Durst
Nach den Schanzen geht es zurück in die City. Wir machen einen Stadtspaziergang. Dabei kommt Hunger auf, und wir lernen eine finnische Besonderheit kennen, den Mittagstisch.
Lounas.
Das bietet fast jedes Restaurant an. Es heißt immer, die Lebenshaltungskosten in Skandinavien seien exorbitant. Das stimmt an vielen Stellen, aber zumindest für Finnland gilt: Das Mittagessen bekommt man in ganz Europa kaum billiger. Es gibt hier ein traditionelles Mittagsbuffet, in fast jedem Restaurant. Dort gilt das berühmte Prinzip: All you can eat. Es meint aber auch all you can drink. Zumindest in Deutschland wird mit den Getränken der eigentliche Umsatz erzielt, mit Mineralwasser, Cola und dem Kaffee danach. Hier in Finnland ist Wasser zu den Mahlzeiten obligatorisch und umsonst. Normales Quellwasser aus der Leitung steht in den Restaurants auf dem Tisch oder am Buffet. Dazu gibt es normalerweise Säfte und hinterher auch Kaffee. Das
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