Finne dich selbst!
Schale dieses unfassbar leckere Gemisch aus Senf, Ketchup und Gurkendressing, das die letzten Kartoffeln regelrecht durchtränkt.
Esstechnisch ist der Finne oft »Selbstversorger«. Vieles pflückt und fängt und jagt er in der Natur. Dazu gehören vor allem die Moltebeeren, für die die Finnen fast so viele Namen haben wie die Inuit für Schnee.
Hilla, lakka, suomuurain
, auf Englisch, nach ihrer Form, Cloudberries, also Wolkenbeeren, da sie aussehen wie kleine Cumuluswolken. Außerdem gibt es
puolukka
, die Preiselbeere, und die Moosbeere,
karpalot
oder Cranberry, die sehr spät, normalerweise im Oktober, in den Mooren gepflückt wird.
Manchmal werden die Beeren nicht einfach gepflückt, sondern »gekämmt«, mit einem kleinen Handkasten mit Griff, mit überdimensionierten Zinken unten dran, mit denen man wie mit einem Kamm durch die Büsche geht. Dieser Sammelkasten heißt auf Finnisch
poimuri
, in Lappland nennt man ihn
koussikka.
Ein kompliziertes Feld in der Welt finnischer Genüsse ist der Alkohol. Die Gesetzgebung in Finnland fordert, dass ein Alkoholausschank nicht direkt zugänglich ist. Also, man kann schon rein, aber er ist klar abgegrenzt. Auf dem Hafenkai in Lahti zum Beispiel stehen zwei kleine Bretterbuden, aus denen ausgeschenkt wird. Es sind getrennte Gastronomien, jeweils von einigen Tischen umstanden. Um diese Tische herum ist ein Zaun aufgestellt gemäß der Auflage, dass Orte mit Alkoholausschank nicht ohne weiteres betretbar sein dürfen. So lächerlich uns das auch erscheint, der Zaun ist absolut wichtig. Und der Barmann bzw. die Thekenfrau haben die Aufgabe, die Einhaltung der Alkoholgesetze, der Ausschankauflagen, zu kontrollieren. Das ist manchmal mehr witzig als dramatisch. Es muss immer mindestens ein Mitarbeiter dort sein, der die entsprechende Schulung nachweisen kann. Bei Zuwiderhandlungen riskiert man die Lizenz. Man darf vor allem nicht mit seinem Bier den Raum innerhalb des Zauns verlassen und sich etwa damit an das Wasser setzen. Man muss »drinnen« konsumieren.
Das vielleicht Wichtigste über Alkohol, das man als Fremder wissen muss, ist die Einteilung der Biere in 4 Klassen. Klasse I ist ganz ohne Alkohol. Klasse II existiert fast nicht, Klasse III hat unter 4 , 7 Prozent Alkohol und Klasse IV über 4 , 7 Prozent. Alle Getränke über 4 , 7 Prozent Alkohol können nur in den sogenannten Alko-Shops gekauft werden. Die Alko-Shops sind ein Staatsunternehmen, eine Aktiengesellschaft. Laut Internet gibt es 341 Alko-Läden in Finnland und dazu 127 Bestellpunkte. An den Bestellpunkten, in kleinen Läden auf dem Land, ordert man das Gewünschte und holt es dort am nächsten Tag ab. In Lappland liefert die Post. Das Problem ist nur, dass man quasi vorher wissen muss, was und wie viel man am Wochenende trinken will. Nachholen geht nicht. Das ist eigenartig für uns als Deutsche mit der allgegenwärtigen Kiosk- und Tankstellenkultur.
Es wird viel über die Trinkgewohnheiten der Finnen kolportiert. Einen geradezu russischen Wodkaverbrauch und exzessives Schütten sagt man ihnen nach. Der Durst von Wüstenkamelen wird ihnen angedichtet. Ich selber habe dort nicht mehr an Saufereien und nichts anderes erlebt als in deutschen Innenstädten oder auf westfälischen Schützenfesten, vom Oktoberfest oder Rosenmontag ganz zu schweigen. Aber die strengen Regeln in Finnland sprechen für sich. Wer in Gaststätten, Cafés oder Restaurants einschläft, wird sofort und bei jedem Wetter gnadenlos hinausgeworfen. Vor fast allen Kneipen und Bars arbeiten Türsteher.
Finnland ist, was den Alkoholkonsum betrifft, rein gesetzgebungsmäßig ein kleines Amerika. Wo Minderjährige Zutritt haben, ist kein Alkohol zugänglich. Es gibt für Konzerte und Diskotheken eine gestaffelte Altersfreigabe, ab 16 , ab 18 , ab 22 Jahren oder »all ages«. Wenn Konzerte ab 16 Jahren freigegeben sind, gibt es dort entweder keinen Alkoholausschank, oder der ist in eine Extra-Bar, quasi den »Raucher-Raum« für Trinker, ausgelagert. Das gilt auch für Festivals: Alkohol darf nur in speziellen, abgetrennten Bereichen des Geländes ausgeschenkt werden. Diese Bereiche sind von Ordnern in Westen in Signalfarben streng bewacht. Niemand darf mit seinem Bier hinaus, und Minderjährige dürfen nicht hinein. In Gebäuden gibt es einen Nebenraum, der meist durch eine Glasscheibe vom Saal getrennt ist. Die Scheibe reicht nicht ganz bis oben, also kann man die Bands hören und sehen. Auch hier wacht ein Ordner.
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