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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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führen durch den hoch bewachsenen Weg, und die Halme kitzeln Bodenblech und Auspuff. Mein Navigationsgerät kennt diesen Weg nicht mehr. Ich fahre im Schritttempo, mehr ist nicht drin.
    »Da, jetzt rechts!«
    Ich biege vom Weg ab. Rechter Hand steht ein kleines Blockhaus, geradeaus noch eins. Links neben uns sehe ich ein Dach.  
    »Und, welches ist es?«, frage ich.
    »Wie, welches ist es?«
    »Na, ich meine, wer wohnt in den anderen Häusern?«
    »Die gehören alle dazu.«
    »Ups!«
    Wir steigen aus. Kati und Matti kommen aus dem Haus. Beide in Jeans, T-Shirts und braungebrannt. Kati, jugendlich, mit Brille, Matti mit Viertagebart, Schnäuzer und Pferdeschwanz. Wir schauen uns an, die Frauen lächeln, die Männer grinsen. Alle stehen sich einen Moment gegenüber. Mit Respekt, ohne jede Skepsis. Ostwestfalen und Finnen, Finnen und Ostwestfalen. Sagen nichts, sehen sich nur an und verstehen sich schon in diesem Moment. Dann durchbricht Kati das Schweigen und geht auf Ilse zu, Matti auf Hermann. Hände werden geschüttelt, Schultern berührt, Freundschaften geschlossen, in Sekunden. Und dann reden die vier in ihren Muttersprachen, nur ich rede Englisch, und Axel spricht zu unser aller Überraschung Finnisch.
    »Du kannst das ja richtig gut!«, staunt Ilse.
    »Dann ist es wohl doch nicht so schwer«, sagt Hermann verschmitzt.
    Dann führt uns Kati zur Veranda. Das Haus ist am Hang gebaut. Wir gehen seitlich hinab, über holzbeplankte Stufen, um das Haus herum. Auf der Veranda links eine überdachte Außenküche, daneben Tisch und Bänke. Alles baumumstanden. Das also ist ein
mökki
! Die finnische Datscha. Das
mökki
ist wirklich ein Haus mitten im Wald, am Seeufer. Idylle pur. Wir staunen. Was wir Deutschen nur als Ferienhaus kennen, als Urlaubsdomizil, das besitzt hier fast jeder Finne, mal klein, mal groß. Und dieses
mökki
hier ist in den Jahren zu einer kleinen Ansammlung mehrerer Hütten gewachsen. Mit einem kleinen Garten, in dem Kati Gemüse zieht, und mit einem kleinen Gewächshaus für Kräuter. Rund um das Haus sehen wir Blumen sprießen. Überall stehen Blumentöpfe. Ilse kommt sofort mit Kati ins Gespräch, Botanikerinnen unter sich. Zwei Gärtnerinnen mit vier grünen Daumen tauschen botanisches Fachwissen in zwei Sprachen aus. Keine versteht die andere, aber beide sind glücklich.
    Matti winkt die beiden zu uns. Wir bekommen einen Begrüßungssekt.
    Ilse meint: »Sekt? Für uns? Der ist hier doch so teuer.«
    Ich sage: »Einfach trinken. Nicht rechnen!«
     
    Irgendwann fragt Kati, ob wir das Grundstück sehen wollen. Klar! Eine weitschwingende Treppe mit zahlreichen Stufen, die wie kleine Plateaus gebaut sind, führt hinunter zum Ufer. Hier liegt ein Steg im Wasser, daneben ein Ruderboot an Land. Rechts daneben eine kleine Holzhütte. Das Sauna-
mökki
. Als Erstes gehen wir runter zum See und betreten den Steg. Direkt am Ufer liegen Felsen im Wasser. Röhricht steht dicht, zu beiden Seiten der Holzpfosten. Wasservögel, Haubentaucher und andere, schwimmen mit der Brut des Jahres an uns vorbei. Die eifrigen Küken umkreisen ihre Eltern.
    »Oh, das wackelt aber!« Ilse ist etwas irritiert. Nach einigen Hörstürzen ist sie mittlerweile in ihrem Gleichgewichtssinn leicht gehandicapt. Sie greift kurz nach meiner Hand und hakt sich dann unter. Meine Mutter hat mich seit Jahren nicht mehr angefasst. Außer, wenn wir uns zur Begrüßung die Hand geben. Fühlt sich gut an. Ich stehe mit ihr am Arm auf dem leicht schwankenden Steg, unerschütterlich wie Kapitän Ahab an Deck der »Pequod«.
    Nah am Ufer steht auf dem Steg eine kleine Bank. Hermann geht zurück und setzt sich. Ilse löst sich von meinem Arm, setzt sich daneben und strahlt. Wir anderen schlendern den Steg entlang bis zum Ende. Ich sehe über den Päijänne-See. Wir sind hier in einer kleinen Bucht. Dort erstreckt sich die Wasseroberfläche in ungeahnter Weite. Buchten. Kleine Inseln. Das andere Ufer.
    Wir drehen uns um und schauen hoch zum
mökki
. Es liegt rechts oben am Hang. Hier unten links, das kleine Sauna
-mökki
, war jahrelang das einzige Haus auf diesem Grundstück. Nur zwei kleine Räume, im einen die Sauna, das andere der Schlafraum, davor eine kleine überdachte Veranda. Darunter, durch die Hanglage, gibt es viel Platz für Holzstapel. Holzstapel sind hier auf dem Grundstück praktisch überall. Nach und nach, im Laufe der Jahre, hat Matti dann die anderen Gebäude selber gebaut, die kleinen und das große Haupthaus. Es sind

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