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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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bäter wäsen, du härst ok watt annerste so lehrt!« Dass du das kannst. Aber es wäre besser gewesen, wenn du noch was anderes – Vernünftigeres – so gut gelernt hättest.
    Makkara
, Kartoffelsalat und Bier. An einem warmen Sommerabend am See. Das ist also echt finnisch. Das ist aber auch echt ostwestfälisch. Nur dort meist ohne See. Eigentlich ist es hier gar nicht so viel anders als bei uns. Der Finne und der Ostwestfale haben immens viele Parallelen, Ähnlichkeiten. Der Kartoffelsalat aus finnischen Frühkartoffeln ist absolut lecker. Schon tauschen sich Ilse und Kati mit Hilfe ihrer Dolmetscher über die Rezepte aus. Und wir lernen den wichtigsten Satz, den Gäste von Finnen beherrschen müssen: »
Nyt loppu!
« Wörtlich: »Jetzt stopp!« Das heißt so viel wie: »Nein danke, nicht noch mehr.«
     
    Hermann zeigt auf die einzelnen Häuser und fragt Matti: »Und du hast das alles gebaut?«
    Matti nickt: »Bis auf das Sauna
-mökki
, das stand schon hier, als wir das Grundstück gekauft haben.«
    Hermann staunt: »Das ist ja alles fachmännisch verarbeitet. Demnach bist du Zimmermann?«
    Matti lacht und schüttelt den Kopf.
    »Tischler?«
    »Schneider!«
    »Was?«, entfährt es Hermann, »ein Schneider kann solche Häuser bauen?« Hermann ist fassungslos.
    »Nein«, grinst Matti, »ein Finne! Finnen können alles.«
    Dann erzählt er seine Geschichte. Er hat Schneider gelernt und machte sich später selbständig, einerseits als Herrenschneider und anderseits mit einem »Textilgeschäft«, wie man bei uns sagen würde. Es schlug ein wie eine Bombe. Kati stammt aus Lappland und hatte Friseurin gelernt. Dann war sie nach Helsinki gezogen. Irgendwann besuchte sie mit einer Freundin deren Heimatstadt Lahti. Der junge Matti ging zu dieser Zeit viel zu Rock-Konzerten und kannte die finnischen Bands aus Lahti und andere oft persönlich. Im Torvi trafen sie sich, Matti und Kati. Es wurde eine Liebe fürs Leben.
    Das Torvi, erzählen sie, ist einer der legendärsten Rock-Clubs des Landes, die älteste Diskothek in Finnland. Hier haben alle gespielt.
    »Sogar Axel!«, lacht Matti.
    »Stimmt! Mit Zugaben!«, ruft der zurück.
    Axels Band, »The Raw Cuts«, ist dort mehrfach aufgetreten. Das Torvi nenne sich offiziell »Ravintola«, was so viel heißt wie Restaurant. Es gab dort eine kleine Dinner-Karte, Kleinigkeiten zu essen, und das wiederum war die Voraussetzung, um Alkohol ausschenken zu dürfen. Wir schauen fragend, und Matti erklärt: »Die Alkoholregeln damals waren noch drastischer als heute. Man durfte nicht mal mit dem Getränk zu einem anderen Tisch gehen.«
    Jonni, ein Freund von Matti, war damals der Manager der legendären Hurriganes. Die Hurriganes waren in Finnland und im skandinavischen Raum die Beatles und die Rolling Stones zusammen. Legendär. Axel hatte mir schon von ihnen erzählt.
    »Sie brachten diese Rock-’n’-Roll-Attitüde auf die Bühne und nach Finnland wie niemand vor ihnen«, sagt Matti. Und sie brauchten ein Bühnenoutfit, das ihrer würdig war, und privat sollte es auch nicht weniger sein. Bandleader Remu war mit allem, was es in den Läden gab, nicht zufrieden, und Matti, der Schneider aus Lahti, schneiderte ihm einige Hosen, knalleng oben, unten mit himmelweitem Schlag.
    Matti und Kati erinnern sich auch an andere berühmte und legendäre Bands dieser Zeit. »The Renegades« aus England, die ihre größten Erfolge in Finnland hatten und fast alle ihre Alben in Helsinki aufnahmen. Kati erzählt, wie sie aus dem Ausbildungsheim heimlich zu deren Hotel gegangen waren. Um zehn Uhr hätten sie zu Hause sein müssen. »Und dann sahen wir die Jungs tatsächlich aus dem Hotel gehen! Es war total aufregend damals!«
    Einige Bands stammten direkt aus Lahti, Freddie Falcon, der inzwischen unter seinem echten Namen Jorma Kääriäinen auftritt, und vor allem die Sleepy Sleepers, mit Sakke und Juri, aus denen später die Leningrad Cowboys hervorgingen. Die Sleepy Sleepers sind heute fast allesamt in bürgerlichen Berufen unterwegs, einer ist Polizeichef, wie Matti lachend erzählt. Einer ist Bankmanager, ein anderer ein »verrückter Künstler«, ein Maler, einer ist in Amerika als DJ und Spezialist in Hollywood für Explosionen, Special Effects.
    Matti und Kati klopfen einen Rhythmus auf den Tisch und singen gemeinsam, laut und lachend immer wieder »
Kuka, mitä, häh?
«. Übersetzt: »Wer? Was? Hä?« Ein Song der Sleepy Sleepers. In Finnland ein Welthit!
    Kati holt ein Buch,
Ruis Rock
.

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