Finne dich selbst!
wunderschöne finnische Holzhäuser. Romantik pur, von der Zweckmäßigkeit mal ganz abgesehen.
Wir bekommen eine Führung mit Einweisung. Das Wichtigste zuerst. Wir gehen unterhalb des Sauna
-mökki
am Wasser entlang über einen schmalen Trampelpfad. Zwischen Steinen und Bäumen hindurch, über knorrige Wurzeln hinweg, kommen wir, etwas abseits gelegen, zum Toilettenhäuschen. »Der Donnerbalken«, wie Hermann sagt. Ein kleines Haus aus dunklem Holz, mit Spitzdach und mit einem Sprossenfenster in der Tür. Wenn man hier wegen »geschäftlicher Dinge« sitzt, schaut man hinaus auf die Seeidylle. Innen, in einem Eisengestell, steht eine Emaille-Waschschale, in die aus einem Krug Wasser nachgegossen werden kann. Das zurückliegende »Geschäft« wird mit Torf bestreut. Man muss allerdings drauf achten, die Tür immer gut zu verschließen, sonst hat man hier ein wildes Stelldichein mit sämtlichen Insekten des Waldes.
Wir gehen zurück zum Sauna
-mökki
. Ob ich einverstanden sei, dort zu schlafen? Mehr als das! Sonst übernachten hier meist Axel und Viivi, aber sie treten den schönsten Schlafraum, direkt am Wasser, mit Blick auf den See, diesmal an mich ab. Ich liege kurz »Probe«, lege mich aufs Bett und schaue aufs Wasser. »Hammer!«
Matti schaut fragend.
»Unglaublich«, sage ich ihm. »König Ludwig II . in Schloss Neuschwanstein hat nicht schöner gewohnt!«
Wir gehen die Treppe hoch, am Haupt-
mökki
vorbei zu zwei weiteren Häuschen weiter oben am Hang. Das eine ist der »Werkzeugschuppen«, im anderen sind ein Holzlager, ein Raum für Fahrräder und Diverses, vor allem aber ein weiterer Schlafraum eingerichtet, hier werden Hermann und Ilse nächtigen. Viivi und Axel wohnen mit im Haupthaus.
Matti und Axel bitten Hermann und mich hinter das
mökki
, zwei Schritte hinein in den Baumbestand. Sie zeigen uns den »Pinkelbaum«, speziell für die Herren. Um sich den Weg zum »Toiletten-
mökki«
sparen zu können und damit »Mann« nicht überall auf dem Gelände »Marken« setzt.
Dann gehen wir ins Haupt-
mökki
. Durch die Hanglage bedingt hat es zwei Stockwerke und noch ein halbes als Schlafebene direkt unter dem Dach. Links liegt die Küche, darüber die Schlafebene, geradeaus das Schlafzimmer der Eltern, rechts ein Wohn- und Esszimmer, dahinter eine Art Wintergarten. Ein Stockwerk tiefer die Veranda. In den Räumen unter dem Wohnzimmer ist eine Waschküche und ein Bad. Und ein großer Kühlschrank. Ob wir ein Bier wollen, fragt Matti. Kühlschrank? Bier? Da war doch was! Ich gehe zum Auto und hole die Gastgeschenke. Auf meiner rechten Schulter trage ich die Kiste Weizenbier und setze sie mit Schwung vor Matti und Kati ab. Matti grinst: »Hast du dir dein eigenes Bier mitgebracht?«
»Das ist für euch! War ein Tipp von Axel.«
»Guter Axel«, sagt Matti.
»Und die Gläser?«, fragt Ilse.
»Moment«, sage ich und gehe noch mal zum Wagen.
Unsere Finnen freuen sich sehr über das Weizen und die passenden Gläser. Die ersten Flaschen kommen sofort in den Kühlschrank. Ilse übergibt Kati den »Kutenhauser Sekt«, eine Sonderabfüllung mit speziellem »Kutenhauser« Etikett. Das heutige Dorfgemeinschaftshaus ist darauf zu sehen, früher ein Bauernhof im Fachwerkbau. In diesem Haus wurde unser Großvater geboren, Hermanns Vater. Kati schaut sehr interessiert. Dann überreicht Ilse die zwei Bildbände über Minden und die Straße der Weserrenaissance, von Bad Karlshafen bis Minden, mit Hameln, Rinteln, Beverungen und anderen Perlen entlang der Weser. Kati und Matti sind begeisterte Reisende und blättern sofort drauflos. Zu manchen Bildern erzählen wir etwas, vor allem zum »Wasserstraßenkreuz« in Minden, nah bei der Schachtschleuse, wo der Mittellandkanal über die Weser führt. Wasser, das über Wasser geführt wird, ist für alle, die ein solches Brückenbauwerk nicht kennen, ein absolutes Faszinosum. Und der Finne mit seinem Hang zum Wasser weiß das umso mehr zu schätzen. Zu den Fotos von Hameln berichten wir vom »Rattenfänger«. Axel deutet auf ein Bild vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica, über der Weser, auf dem Wittekindsberg, dem östlichsten Punkt des Wiehengebirges. »Das lasse ich mir irgendwann mal von Viivi tätowieren!«
Wir sitzen am Tisch auf der Veranda und unterhalten uns. Axel ist unser Dolmetscher, und wir staunen. Er spricht wirklich weit besser Finnisch, als er zumindest uns gesagt hatte. Oder selber dachte. Manchmal wird er von seinen Schwiegereltern
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