Finne dich selbst!
ein wenig in der Aussprache korrigiert. Wie gesagt, das Finnische ist eine höllische Sprache, Sieg und Niederlage liegen da eng beieinander. Plötzlich lachen Kati und Matti spontan auf. Offensichtlich stimmt etwas nicht. Sie erklären es ihrem Schwiegersohn, dann lacht auch Axel herzlich. Und übersetzt uns den Sachverhalt: Sie hatten über die Krabben im See geredet.
Rapu
ist die Krabbe,
rappu
ist die Treppe, aber
reppu
der Rucksack. Und Axel hatte gerade auf Finnisch behauptet: »Der Rucksack wohnt im See!« Ein kleiner Versprecher, der sofort einen kuriosen Unsinn produziert. Nachdem wir drei Ostwestfalen mit Übersetzungsverzögerung mitlachen konnten, tröstet Matti Axel grinsend: »Du sprichst dafür aber sehr gut Deutsch!«
»
Tossi hyvä!
«, antwortet Axel. Vielen Dank!
Matti hantiert bereits in der Außenküche, als endlich auch Viivi eintrifft. Ab nun laufen die Gespräche in einem klaren Rhythmus. Matti und Kati sagen etwas auf Finnisch, Viivi übersetzt ins Englische, Axel übersetzt ins Deutsche. Hermann und Ilse beratschlagen das auf Plattdeutsch, antworten dann Hochdeutsch. Axel oder ich übersetzen ins Englische und Viivi dann wieder für ihre Eltern ins Finnische. Viele Sätze enden in großem Gelächter.
Es wird Abend. Still ruht der See. Manchmal schreien Wasservögel. Ein paar vereinzelte Moskitos tauchen auf. Die meisten werden von Axel in der Luft weggefangen. Unser Großwildjäger bekommt Szenenapplaus wie Borussia Dortmund bei Heimspielen für die Tore.
Er wehrt ab. »Die sind aber auch echt langsam.«
»Nein, nein. Du bist ein sehr guter Jäger«, sagt Viivi.
»Klar«, meint Axel, »seit ich von Darwin gehört habe, ist mir klar, ich stamme wohl aus einer Familie großer Fliegenfänger.«
»Es ist mir nicht so wichtig, dass er Tiere jagt«, sagt Viivi, »ich bin Vegetarierin.«
Axel grinst: »Ich sehe die Fliegenfängerei auch mehr sportlich, als Hobby!«
Matti steht am Grill. Wir decken den Tisch. Axel holt Dosenbier aus dem Kühlschrank. Das sei eigentlich das wahre Leben am
mökki
, sagt Axel zu uns: essen und fischen, angeln, jagen und trinken.
Wie sie denn fischen würden, will Hermann wissen.
Inzwischen überwiegend mit Netzen, aber heute: »No fish!« Matti sagt, es gebe jetzt das finnische Nationalgericht.
Makkara
! Eine Art Bratwürstchen. Dazu Kartoffelsalat und natürlich Axels geliebten
sinappi
zur Wurst.
Matti und Axel schwärmen von dem Hecht, der vor Wochen ins Netz gegangen war. »Ein Weibchen.«
»Das gab es am Muttertag.«
Hermann grinsend: »Die Hechtin hatte aber einen scheiß Muttertag, wenn sie bei euch auf dem Teller gelandet ist.«
Axel übersetzt, und ich staune über meinen Bruder: »Dass du weißt, was Muttertag auf Englisch heißt?«
»Tja!«
Ilse wundert sich, wie sie hier am
mökki
mit dem Müll umgehen. Es gibt Mülltonnen an der Hauptstraße, erzählt Kati. Die Essensreste werden auf den Kompost geworfen, ein Jahr liegt der in einer geschlossenen Tonne, dann noch mal anderthalb Jahre draußen und dann bekommt das alles ein zweites Leben in der Natur, erklärt Matti.
»Überhaupt«, schwärmt Axel, »dieses Leben in der Natur und mit der Natur. Das ist großartig.«
Und dann erzählt er, wie deprimierend es gewesen sei, am Anfang mit dem Boot auf den See hinauszufahren, ob aus Spaß oder um die Netze zu kontrollieren, und dann zu erleben, wie gut Viivi mit dem Boot klarkommt, während er erst mal fast nur im Kreis gefahren sei. »Die kann das und ich nicht?«, hat er sich gefragt. »Und beim Feueranmachen erst …«
Ilse vorwurfsvoll zu Hermann: »Siehst du, ich wollte immer einen Kamin im Haus haben. Dann hätte der Junge hier auch vernünftig Feueranmachen können.«
Axel übersetzt. Die Finnen lachen.
»Natürlich, ich bin schuld!«, sagt Hermann grinsend.
»Bist du ok!«, nickt Ilse.
Das muss keiner übersetzen. Das ist eindeutig.
Es wird aufgetischt. Zum Essen spendieren Matti und Kati das »Gastgeschenk«, das Weizenbier. Frisch gekühlt!
»Aber das ist doch für euch, Matti!«, ruft Ilse.
Matti sagt, für seine Gäste sei ihm nichts zu schade. »Außerdem habe ich ja noch etliche Flaschen in der Kiste!«
Ich glänze mit fachgerechtem Einschenken in die Gläser – Glas schräg halten, Flasche kopfüber hineinstecken, langsam hochziehen – und ernte Bewunderung. Sogar von Ilse. Für diesen Moment also haben sich die Jahre, die ich in Kneipen gejobbt habe, endlich gelohnt!
Ilse sagt: »Datt du datt könnst! Wür ouver
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