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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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brauchen, bringen sie ihn zurück.«
    »Bitte!?!«
    Mittlerweile kann ich nur sagen: Ja, das stimmt! Wenn etwas fehlt, kommt es zurück, sobald der
tonttu
es nicht mehr benötigt. Man muss sich nicht sorgen. Man muss auch nicht erst lange suchen. Es ist sowieso vergeblich. Was auch immer verschwunden ist, Dosenöffner, Kreditkarte oder der linke Joggingschuh – alle Panik, Hektik oder Hast ist sinnlos, man sollte besser innerlich die Abwesenheit des Gesuchten akzeptieren. Ein
tonttu
braucht es gerade und hat es »geliehen«. Das gilt nicht nur innerhalb Finnlands, für die Zeit der Reise. Das gilt auch zu Hause oder an jedem anderen Ort der Welt. Dort sind es dann vielleicht Kobolde, Gnome, Trolle, Zwerge, Elfen oder andere Wesen der unsichtbaren Welten. Auch in meiner Wohnung in Deutschland wohnt mindestens ein
tonttu
. So viel, wie bei mir jeweils gerade verschwunden ist, könnten es allerdings auch zwei sein. Ich habe das vor meiner Finnland-Reise nicht gewusst und hätte es auch nicht geglaubt. Wahrscheinlich ist mein
tonttu
im Auto mit mir gekommen. Wer Finnland besucht, kehrt nicht unbedingt alleine heim. Diesen
tonttu
hat man dann, mindestens vorübergehend, bei sich wohnen. Das ist so einfach wie logisch. Irgendwann wird das gesuchte Objekt irgendwo wieder auftauchen. Oft an einer Stelle, an der man es vorher schon dreimal vergeblich gesucht hat. Und das ist der beste Beweis für seine Existenz, für das Wirken und Tun des
tonttus
.
    Kommt man allerdings nach Hause, und ein Fenster ist aufgebrochen oder die Wohnungstür steht offen, und es fehlen mehrere Gegenstände, wird es sich fast immer um Diebstahl handeln. Da kann auch der
tonttu
nicht helfen …
    Der
tonttu
spricht eine geheimnisvolle Sprache, er artikuliert sich in knarzenden Tönen. Manchmal ist es ein Klopfen, manchmal ein tiefes, hölzernes Pok-Pok-Pok-Pok-Pok, fast schon eine Nachricht in Morsezeichen. Man hört das immer wieder, wenn man in der Sauna sitzt. Nicht immer. Aber oft. Der Saunageist. Er spricht nicht zu jedem, und er spricht nicht jedes Mal. Aber – was sagt er? Die Sprache dieser Wesen ist extrem schwer zu übersetzen.
    Ich sitze mit Axel und Viivi auf dem Steg, wir lassen die Beine ins Wasser baumeln und sprechen über Sprachen. Zuerst erklären mir beide, Finnisch sei die drittschwerste Sprache der Welt. Ich will natürlich sofort wissen, welche Sprachen auf den ersten beiden Plätzen rangieren. Sie denken kurz nach. Axel behauptet, die Sprachen und Dialekte von Indianern, von indigenen Völkern, von Ureinwohnern verschiedener Gegenden, von brasilianischen und afrikanischen Dschungelvölkern, teilen sich den Platz als zweitschwerste Sprache der Welt. Mein Bruder schnalzt zum Beweis minutenlang mit der Zunge und gluckst und gurgelt und produziert allerhand Kehllaute. Und die schwerste? Viivi muss nicht überlegen. Natürlich die der
tonttus
. Kaum jemand spreche sie überhaupt und man könne diese Sprache eigentlich nur verstehen, wenn die
tonttus
sich dazu herablassen, mal unsere menschliche Sprache mit uns zu sprechen. Aha! Ich wüßte zu gerne, was dieser Saunageist so sagt.
    Es ist wirklich schwierig, Gesichertes über
tonttus
zu erfahren. Jede Familie hat etwas anderes erlebt. Wissenschaftler haben natürlich aufgegeben, über
tonttus
und
peikkos
zu forschen, weil diese Wesen so neugierig auf die jeweiligen Untersuchungsergebnisse waren, dass den Forschern dauernd Unterlagen, Manuskripte und ganze Dateien fehlten.
    Die berühmtesten finnischen Trolle sind allerdings sichtbar, die
mumins
. Die
mumins
sind eine Erfindung der finnischen Schriftstellerin und Zeichnerin Tove Jansson. Sie sind in Finnland berühmt wie Mickymaus in Amerika und Asterix und Obelix in Frankreich. Die finnische Literatur hat keine mit der Deutschen vergleichbare Tradition, aber die
mumins
sind hier quasi die Märchenfiguren der Brüder Grimm. Sie sind Rotkäppchen, Dornröschen und Otfried Preußlers Räuber Hotzenplotz zusammen.
    Tove Jansson hat ganze Welten erstehen lassen, vergleichbar denen des Schriftstellers Tolkien. Sein »Herr der Ringe« wurde erstmals 1954 veröffentlicht, die
mumins
gibt es seit 1945 . Ich vermute sogar eine Inspiration des Briten Tolkien durch die Finnin Jansson. Im Unterschied zu seinen Abenteuern in Mittelerde geht es bei den
mumins
zwar auch oft spannend zu, jedoch nie grausam.
    Mumin
steht als Name für die Gattung und die Hauptfigur zugleich – es ist eine nilpferdartige Trollfigur.
Mumin
-Papa trägt immer

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