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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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die gar nicht.«
    »Aber dann können wir doch nicht so einfach …«
    »Fang nicht wieder an. Außerdem ist es ja quasi nur ein Ausflug. Und denk mal an dein Auge.«
    Ilse grummelt. Axel und Viivi sind beruhigt. Wir verabschieden die beiden. Sie setzen sich ins Auto und fahren los. Die Mütter winken, bis der blaue VW Käfer nicht mehr zu sehen ist.
    Nun sind wir Kutenhauser dran. Wir packen und verstauen alles im Auto. Dann gibt es nichts mehr zu tun. Wir stehen am Wagen. Wollen uns gar nicht trennen und müssen es doch tun. Kati umarmt Ilse. Dann Hermann. Dann mich. Die Männer reichen sich die Hände.
    »Vielleicht sieht man sich noch mal«, sagt Hermann.
    »Kommt gerne wieder. Jederzeit.«
    »Jetzt seid eigentlich ihr dran. Wenn ihr in Deutschland vorbeikommt, ihr seid uns immer herzlich willkommen. Und ihr müsst auch keine Bettwäsche mitbringen«, sagt Ilse.
    »Vielen Dank für alles«, sage ich.
    »Wofür?«, grinst Matti.
    »Sauna und so.«
    »Das ist normal. Finnisch eben.«
    »Gutes Land. Gute Leute.«
    »Finde ich auch!«
    Ilse sagt: »Und danke, dass ihr euch um Axel kümmert.«
    »Gerne, aber der kommt schon klar«, lacht Kati.
    Wir steigen ein, rollen ganz langsam los und winken, bis uns die Arme schwer werden, bis nach der nächsten Biegung.
    »So, das reicht, nun können die uns nicht mehr sehen!«, gibt Hermann als Kommando an seine Frau. »Sonst glaubt noch der nächste Elch, er wäre gemeint.«
     
    Bei Rekordtemperaturen fahren wir quer durch das Land der Kälte nach Nordwesten. Fast immer mit 80  Stundenkilometern. Ich freue mich über Tempomat und Klimaanlage.
    »Kommen wir denn heute wohl noch zurück nach Lahti?«, fragt Ilse.
    »Ich denke nicht. Wir werden erst am Nachmittag in Kokkola sein.«
    »Aber bei denen bleib ich nicht. Die kennen mich doch gar nicht! Ich geh ins Hotel.«
    »Das ist denen egal, ob die dich kennen, die sind Finnen! Na ja, einer der beiden ist zwar Deutscher, aber der ist mittlerweile auch ein Finne.«
    Angekommen in Kokkola, geschieht genau das, was mein Freund aus Göttingen angekündigt hatte: Wir klingeln, uns wird aufgetan, und wir bekommen einen Kaffee, etwas zu essen und – wenn wir wollen – ein Bett für die Nacht angeboten. Als Erstes aber wird Ilse verarztet. Sie hat richtiggehend Schwein gehabt, nur ein Zentimeter weiter, und das Auge wäre beim Aufprall auf den Liegestuhl schwer geschädigt worden. Gebrochen ist zum Glück nichts. Immerhin, eine große Beruhigung. Sie muss die Schwellung langsam abheilen lassen.
    »Ilse braucht vor allem Zeit und Ruhe«, sagt Anna Maj.
    Nun stellen unsere Gastgeber uns erst einmal Haus und Familie vor: Hajo und Anna Maj. Dazu vier Kinder und drei Enkel. Man spricht Deutsch als Haussprache.
    »Ihr redet in der Familie kein Finnisch?«
    Anna Maj lacht: »Was sollen wir machen? Mein Deutsch ist viel besser als Hajos Finnisch oder Schwedisch.«
    Hajo protestiert fließend finnisch. Da in diesem Teil Finnlands Schwedisch gesprochen wird, haben wir sogar eine Chance, das ein oder andere zu verstehen, denn es ähnelt teilweise unserem Plattdeutsch. Schwedisch ist, ganz im Gegensatz zum Finnischen, für einen Ostwestfalen so etwas wie ein zweiter Heimatdialekt. Wer nur ein bisschen Platt sprechen kann, kommt in Schweden fast problemlos durch.
    Auch hier sind wir Fremde sofort herzlich aufgenommen wie unter alten Freunden.
    »Das ist Finnland«, erklärt Hajo.
    Wir sitzen im Garten, ein Igel wuselt durch die Rabatten. Rauhaardackeldame Rosa, verschmust und charmant, versucht mal wieder Richtung Nachbarschaft auszubüchsen, wird aber von Anna Maj mit einem energischen Pfiff und einem auffordernden »Hopi-hopi« zurückgeholt. Das kenne ich von Ilse. Die beendet ihre Einsatzbefehle auch immer entweder mit »Over moak henn!«, mach aber hin, oder einem »Aber zuck!«.
    Wir naschen
raparperikiisseli
, Rhabarbercreme mit Kartoffelmehl. Das ist so lecker, dass Ilse und Hermann kaum fremdeln können.
    »Hajo, sag mal, wie bist du überhaupt nach Finnland gekommen?«
    Hajo und Anna Maj hatten sich beim Studium in Göttingen kennengelernt. Ihre Assistenzarzt-Zeit verbrachten sie im beschaulichen Wolfhagen, aber als echte 68 er waren ihnen System und Haltung des deutschen Gesundheitswesens zumindest kritikwürdig. Sie gingen nach Kokkola, begeistert vom finnischen Gesundheitssystem. Man zahlte keine zusätzlichen Krankenkassenbeiträge, man leistete »nur« die normale Einkommenssteuer, aber jeder Finne war damit automatisch

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