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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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Ilse früher gearbeitet hat. Finnland und Ostwestfalen!
    Paula empfiehlt uns das schöne Museumscafé im Innenhof des Amuri. Ob wir sie als Dank einladen können? »Gerne.« Ich hole Kaffee.
    »Wir haben heute einen besonderen Gast im Museum«, strahlt sie.
    »Wen?«
    »Seela Sella. Sie ist eine der berühmtesten finnischen Schauspielerinnen. Sie ist genau in diesem Quartier, in einem der Häuser aufgewachsen. Sie wird über ihre Jugend erzählen.«
    Die Sonne strahlt mit Paula um die Wette.
    »Spannend. Aber sie redet natürlich finnisch. Da verstehen wir kein Wort.«
    Hermann sagt: »Da hätten wir Axel und Viivi als Übersetzer mitbringen müssen.«
    Paula hat ein gutes Argument für uns, zu bleiben: »Meine Mama kommt auch. Die spricht Deutsch. Und meine Tante. Die wohnt sogar in Deutschland.«
    »So? Wann geht das denn los?«
    »In einer Stunde. Oh, da sind die beiden schon. Das ist meine Mama Marja-Riitta. Und das ist Telle, ihre Cousine.«
    Wir stellen uns vor. Eltern und Sohn der Mutter der Tochter und ihrer Cousine. Und wieder werden wir von eigentlich fremden Finnen behandelt wie alte Freunde.
    »Was macht ihr in Finnland?«, fragen sie.
    »Mein Bruder lebt hier. Wir drei besuchen ihn.«
    »Hast du keine Frau?«, fragt Telle. Der Finne kann auch sehr direkt sein! Und die Finnin scheinbar noch mehr.
    »Nein, nur meine Eltern.« Ich grinse. »Irgendjemand muss mich doch versorgen. Kochen. Waschen. Am besten macht das meine Mutter, oder?«
    Telle lacht. »Du machst nicht den Eindruck, als ob du ein Mama-Kind wärst!«
    Ich lache auch. »Nein, es ist mein erster Urlaub mit den beiden seit 35  Jahren.«
    Wir stellen fest, dass wir drei etwa im gleichen Alter sind. Ich habe bei den beiden Frauen offensichtlich sofort einen ziemlichen Stein im Brett, weil ich meine Eltern nicht habe allein fahren lassen.
    Paula ruft uns, die Veranstaltung beginnt. Etwa 120  Zuhörer haben sich auf den Bänken im Innenhof versammelt, die meisten sind über 70  Jahre alt. Und dann betritt eine schlanke, charismatische Blonde den Hof. An Ruhm und Popularität gemessen quasi die Hannelore Elsner von Finnland. Eine faszinierende, auratische Gestalt. In den folgenden anderthalb Stunden verstehen wir kein Wort. Es ist so leise im Innenhof, so konzentriert, dass wir während des Vortrags nicht wagen, flüsternd nach Übersetzungen zu fragen. Seela Sella füllt den Raum, und wenn sie redet, spricht ihr ganzer Körper. Mich faszinieren besonders ihre Hände und Finger, mit denen sie ihr Auditorium regelrecht wie an Marionettenfäden durch ihre Erzählungen und Erinnerungen führt. Sie ist sehr fröhlich, und es wird viel gelacht. Das Publikum beteiligt sich rege, und wir erfahren später, dass einige der Zuschauer früher selbst hier gelebt haben und Seela Sella aus dieser Zeit noch persönlich kennen. Am Ende gibt sie kleine Teile aus ihrem in Finnland legendären Soloabend zum Besten. Sehr herzlicher, intensiver Applaus begleitet die Künstlerin am Ende. Nach dem Vortrag gehen wir alle zurück ins Café, und die drei Damen erklären uns einiges.
    »Und, wie gefällt euch Finnland?«, fragt Telle dann. Ich erzähle von unserer bisherigen Begeisterung einerseits, den Begegnungen mit Viivi, Matti und Kati, von unseren Tagen in Lahti, am
mökki
und in Kokkola, und unserer immer noch großen Neugierde auf Land und Leute andererseits. Dass ich gerne mehr wüsste, als ich an Finnland-Bildern in mir trage. Marja sagt sehr charmant, sie könnten uns gerne etwas aus ihrer Sicht über das Land erzählen, was mein bisheriges Bild denn sei? Ob ich überhaupt zum ersten Mal in Finnland sei?
    »Ja, das ist meine erste Reise hierher, und die meisten Bilder über das Land habe ich aus den Filmen von Aki Kaurismäki.«
    In diesem Moment platzt es aus Paula heraus: »Mama, du warst doch mal mit Aki Kaurismäki zusammen!«
    »Was?«, sage ich überrascht, meinem zeitweisen Regie-Idol nun plötzlich so nah gekommen.
    »Nein, Paula. Ich war nicht mit ihm zusammen«, wehrt Marja energisch ab. »Wir waren nur zusammen in der Schule.«
    »Ich dachte, ihr seid mal miteinander gegangen!«
    »Wir haben am Schulabschlussball zusammen getanzt. Wir haben auch ganz lange zusammen getanzt. Aber als es vielleicht mehr hätte werden können, da musste er plötzlich nach Hause.«
    »Er musste nach Hause? Warum musste er nach Hause?«, frage ich.
    »Er sagte, er müsste nach Hause, weil sein Hund kotzt.«
    Wir sechs lachen uns kaputt. Ich fühle mich in diesem Moment in

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