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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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fährt Pentti zu seinen Freunden in die Arktis, kürzlich nach Spitzbergen. Natürlich ist er Ehrenmitglied im Finnischen Arktis-Club, der wiederum seine jährlichen Versammlungen im Museum Nanoq abhält.
    Genauso interessiert ihn aber auch die finnische Kultur selbst. Er tritt mit uns nach draußen. Das Nanoq beherbergt auch ein Museumsdorf mit typisch finnischen Behausungen, mit Grassodenhäusern und mit einer original Rauchsauna. Die wird oft vermietet, gerade auch für Geschäftstreffen, und ist so etwas wie die Grundlage für das Fundraising, das Spendensammeln, für dieses Museum.
    »Das wär doch ’ne Idee für den Kutenhauser Schützenverein«, sagt Ilse, »aber von uns geht ja keiner in die Sauna.« Und schon wieder müssen meine Eltern einem staunenden, weitgereisten Finnen erklären, warum sie jede Sauna meiden.
    Auf dem Gelände stehen finnische Jagdhütten, arktische Torfhäuser und Nachbildungen von Inuit-Gebäuden, unter anderem des nördlichsten Hauses und der nördlichsten Kirche der Welt, die in Uummannaq im Nordwesten Grönlands zu finden ist, erbaut im Jahr 1909 . Außerdem ist eine ständige Ausstellung von Wladimir Goichmann zu sehen, einem russischen Künstler, mit unzähligen arktischen Motiven aus Svalbard, Spitzbergen.
    Das Nanoq verfügt über eine Fülle an Objekten aus der Lebenswelt der Inuit und an Relikten großer Expeditionen. So hat Pentti eine große Sammlung von Ulus, dem Allzweckmesser der Inuit-Frauen. Und es gibt eine Kamera des deutschen Meteorologen und Polarforschers Alfred Wegener zu sehen, dazu einige seiner Expeditionsgegenstände und Schlitten. Mit Hilfe vieler Spender und der Unterstützung von unzähligen Freiwilligen hat es Pentti geschafft, hier diesen Ort des Erinnerns zu schaffen. Verrückte Finnen!

Aki Kaurismäkis Hund kotzt
    Es ist Dienstag, früher Nachmittag. Das Museum Nanoq haben wir erfolgreich »weggekuckt«, Ilses Auge scheint auf dem Wege der Besserung zu sein. Es gibt erste Gelbfärbungen. Unser Weg zurück nach Lahti führt uns über Tampere. Auf der kleinen Stadtumfahrung herrscht plötzlich ein beträchtlicher Stau. Eigentlich sehr ungewöhnlich. Da sich der Verkehr in diesem Teil Finnlands selten staut, kennt offensichtlich niemand Prinzip und Funktionsweise des Reißverschlussverfahrens. Ich rolle einsam auf der rechten Spur an allen vorbei und fahre dann auf einer Parallelstraße um die Baustelle herum. Es lebe der Überblick dank Navigationsgerät. Niemand außer uns wählt diesen Weg. Scheinbar nutzt der Finne die seltene Gelegenheit, sich durch den Verkehr auch mal aufhalten zu lassen.
    Wir suchen uns ein Hotel für die Nacht in der Nähe vom Dom. Dann fahren wir weiter zum Museum Amuri und lassen uns durch die Geschichte Finnlands führen. 150  Jahre finnische Zivilisation bis in die Gegenwart werden gezeigt. Ein Stadtquartier mit verschiedenen Häusern, ähnlich einem kleinen Museumsdorf. In jedem Zimmer ein neues Stück finnischer Sozialgeschichte. In den ersten Räumen sind die Zimmer nur beplankt, die Wände aus Brettern, noch ungehobelt. Dann kleben Zeitungen an den Wänden, dann erste Tapeten, im Hauszentrum die ersten Gemeinschaftsküchen, die von allen Bewohnern genutzt wurden. Ein kluges Museumskonzept. Für jedes Zimmer hat man eine Geschichte möglicher Bewohner konstruiert, Familien, Alleinstehende, Junggesellen-Wohngemeinschaften. Wir sehen Möbel und Hausrat, Teppiche und Bekleidung. Ein stetig wachsender Individualismus. Elektrizität verändert die Zimmerwelten: Kerzen werden durch Glühbirnen ersetzt. Haushaltsgeräte kommen hinzu. Wandschmuck. Ein Marx-Porträt.
    Die Museumsmitarbeiter tragen historische Kleidung. Eine Frau spricht uns an.
    »Sie sind aus Deutschland?«
    »Ja. Sie auch? Sie sprechen hervorragend, ohne jeden Akzent!«
    »Ich habe ein paar Jahre mit meinen Eltern in Deutschland gelebt.«
    Wir stellen uns vor. Paula ist Studentin, und die Arbeit hier im Museum ist ihr Sommerjob. Sie führt uns durch die Räume und zeigt uns die außergewöhnlichsten Stücke. In der Wäscherei finden wir eine alte Heißmangel, aus Deutschland. In der Bäckerei steht eine geheimnisvolle Maschine, die Mehlsäcke ausklopft, damit auch wirklich nichts verlorengeht. Auch diese Maschine stammt, wie die ebenfalls in der Bäckerei aufgestellte Rattenfalle, aus Deutschland. Dann sind wir in den sechziger Jahren angekommen und stehen in einem Laden, der – es ist wie ein kleines Wunder – fast so aussieht wie der Milchladen, in dem

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