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Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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schließlich seinen künftigen Heimathafen Portsmouth anlaufen. Auf demSchiff reisten so viele britische Prominente, wie es das noch nie gegeben hatte: führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik, Bankiers, Schauspieler, Musiker, hohe Beamte, zwei Minister, vier Minister der konservativen Schattenregierung, und das Allerbeste war: von Helsinki bis Sankt Petersburg auch der Kommandeur der Royal Navy, Admiral Harris. Dann würden sie zuschlagen. Morgen Nachmittag um vier Uhr englischer Zeit.
    »The Peninsular & Oriental Steam Navigation Company.« Umar wiederholte im Kopf den Namen der Reederei. Das Unternehmen war ein Überbleibsel des britischen Imperiums der Viktorianischen Zeit. Was würde sich besser als Schauplatz für den bisher zerstörerischsten Anschlag gegen Großbritannien eignen als das neueste Schiff der P&O, die »Pride of Britain« – »Der Stolz Britanniens«. Umar würde den Anschlag nicht mehr aufschieben, was auch immer geschah. Turan Zanas Erpressungsversuch war ein gutes Beispiel dafür, dass immer etwas schieflaufen konnte. Ursprünglich sollte der Anschlag schon im September ausgeführt werden, aber der Motor der »Pride of Britain« war bei der Probefahrt auf See in Brand geraten, und man hatte die Übergabe des Schiffes und die Jungfernkreuzfahrt um über zwei Monate verschoben.
    Der Anschlag musste gelingen. Seit dem Angriff Großbritanniens auf den Irak waren schon Jahre vergangen, und es war bisher weder ihnen noch anderen Glaubenskriegern geglückt, sich zu rächen. An den USA, Spanien und der Türkei schon, aber nicht an Großbritannien.
    Auf diesen Anschlag hatte ihr Lehrmeister Ibn Abdalwahháb in seinem Grab über zweihundert Jahre warten müssen. Jetzt würden die Wahhabiter die Rückkehr zum Gesellschaftsmodell aus der Anfangszeit des Islam, zum islamischen Staat, zum Kalifat, einleiten. Takfir wal Hijra würde den Islam säubern und die westlichen Staaten mitdem Jihád , dem heiligen Krieg, vernichten. Für sie bedeutete der Jihád einen zulässigen Angriffskrieg gegen alle anderen: Bombenanschläge in Spanien, Saudi-Arabien und Ägypten, Entführungen im Irak und Attentate überall in der Welt. Für die meisten anderen Moslems bedeutete der Jihád nur einen Kampf, der in ihnen selbst stattfand.
    Umar hatte sich bei seinen Überlegungen so ereifert, dass er erst einmal tief durchatmen und sich beruhigen musste. Es war Zeit, an die Arbeit zu gehen: Er öffnete die Tür des einen Meter hohen Tresors, schaute in seinem Code-Heft nach, wie er heute Kontakt zum Chef der Zelle in London aufnehmen konnte, und setzte sich an den Computer. Vor dem Internetzeitalter hatten sie sich in dunklen Gassen oder abgelegenen Gegenden treffen müssen, aber jetzt erreichten sie sich per Computer jederzeit. Die Mitglieder von Takfir hielten über öffentliche E-Mail-Fächer Kontakt, deren Nutzerkennungen und Passwörter vor dem Auslandseinsatz an die Mitglieder der Zelle verteilt worden waren. Sie konnten sich überall auf der Welt in die E-Mail-Fächer einloggen und dort Nachrichten schreiben, die niemals abgeschickt wurden. Die anderen Takfir-Mitglieder waren in der Lage, die Nachrichten zu lesen, indem sie Zugang zu demselben Postfach bekamen. Die Nachrichtendienste mit ihren Überwachungsprogrammen waren machtlos, da nichts abgeschickt wurde, und sicherheitshalber ersetzten die Mitglieder von Takfir die Wörter, die am meisten verrieten, durch Codebezeichnungen.
    Ein paar Minuten später schrieb Umar schon die letzten Anweisungen an die Zelle, die den Anschlag gegen die »Pride of Britain« ausführen würde. Sie war schon seit anderthalb Jahren bereit zum Handeln. Alle drei Männer der Zelle hatten einen Universitätsabschluss, sie arbeiteten bei Großunternehmen in London, und in ihrem Vorleben fand sich kein Makel. Umars Männer waren zum Märtyrertodbereit, ohne mit der Wimper zu zucken, mit derselben Überzeugtheit, mit der im Jahre 60 A. H. der dreizehnjährige Qasim ibn al-Hasan dem Tod begegnet war.
    Umar dachte an die Geschichte, die ihn tief beeindruckt hatte. Imam al-Husain hatte seinem jungen Verwandten Qasim zweimal verboten, in den Kampf gegen einen übermächtigen Feind und in seinen sicheren Tod zu reiten. Schließlich willigte al-Husain doch ein, er ließ Qasim in den Kampf ziehen und fragte den Jungen, was der darüber dachte, dass er den Märtyrertod sterben würde.
    Süßer als Honig. »Ahla min al-’sal«, flüsterte Umar. So lautete die Antwort des jungen

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