Finnischer Tango - Roman
irgendeinem Tag. Wir holen einen ganzen Rucksack voll Reiseprospekteund suchen uns irgendeinen tollen Ort aus«, sagte Eeva begeistert. Wenn sie diesen Alptraum überstehen würde, wäre ein richtiger Urlaub mehr als nötig. Sehnsucht packte sie, als ihr Blick auf einen braunen Ledergürtel fiel, der in einer Wohnzimmerecke lag. Sie hatte Lust, Mikko anzurufen.
Es klingelte an der Tür, und Eeva erstarrte vor Angst – der Türke. Der Mann würde es aber nicht wagen, hierherzukommen. Die Polizei überwachte doch ihre Wohnung. Oder hatte der Türke gelogen, als er das behauptete? Eeva traute sich erst an die Tür, als ihr einfiel, dass es Mikko sein könnte.
Sie schaute durch den Spion und war verblüfft, als sie einen Mann im Parka sah, der ungeduldig von einem Bein auf das andere trat. Was suchte der hier? Der Fremde stand mit dem Rücken zu ihr, machte aber einen jungen und finnischen Eindruck. Eeva öffnete die Tür einen Spalt.
Der Mann drehte sich rasch um und wollte ihr etwas in die Hand drücken, sie schrie auf und schloss die Tür.
»Eine Blumensendung«, rief der Mann.
Eeva schaute noch einmal durch den Spion und schämte sich. Sie öffnete, nahm dem jungen Mann den Blumenstrauß aus der Hand und knallte die Tür ohne weitere Erklärung zu.
Das Papier zerriss, als sie die blutroten Rosen auswickelte; sie dufteten nach Erinnerungen. Dann sah sie ein winziges Kuvert, in dem sich eine schön verzierte Grußkarte fand.
»Restaurant Mezopotamya, Tallinnanaukio 1, heute 13.00 Uhr.«
»Was glaubt ihr, verdammt noch mal, wie ich diese Einrichtung leiten soll, wenn ihr Dinge, die mit den Ermittlungen zusammenhängen, verheimlicht und hinter meinem Rücken Klatsch verbreitet!« Ulla Palosuos Stimme dröhnte inder operativen Zentrale der SUPO, und ihre Frisur wackelte. Sie wandte den Kopf Ratamo zu und schaute ihn mit vor Wut funkelnden Augen an. »Du hast also zwei Tage lang gewusst, dass Eeva Hallamaa die gleiche Pistole besitzt wie die, mit der Arkadi Kirilow erschossen wurde.«
Ratamo sah aus wie ein Schuljunge, der sich die Strafpredigt seiner Lehrerin anhören musste. »Die Luger gehört Hallamaas Vater. Eeva hat sie nur ausgeliehen. Ihr Ex-Mann Antti Hytölä war gewalttätig und versuchte manchmal, in ihre Wohnung einzudringen. Eeva hat die Waffe ihrem Vater schon vor geraumer Zeit zurückgegeben, und jetzt ist sie aus Arvo Hallamaas Wohnung gestohlen worden.«
»Keine Ausflüchte. Eeva Hallamaa hat garantiert gewusst, wo der alte Mann die Waffe aufbewahrt und hat sie sich sehr wohl holen können. Oder möglicherweise lügt Hallamaa senior, um seine Tochter zu schützen. Vielleicht hat Eeva die Waffe die ganze Zeit gehabt.«
Ratamo musste sich eingestehen, dass die Chefin recht hatte. »Ich wollte die Seriennummer dieser Luger herausfinden. Wenn die nicht mit der Nummer der Mordwaffe übereinstimmt …«
»Die Jungs von der Überwachung haben gesagt, dass du mit der Hallamaa mitten in der Nacht telefonierst. Du wirst doch nicht auch noch etwas anderes verheimlichen?« Palosuo umkreiste den Beratungstisch mit solcher Geschwindigkeit, dass die Unterlagen flatterten.
»Hier scheinen allerdings auch andere Geheimnisse zu haben.« Wrede überlegte einen Augenblick, ob er es direkt auf den Tisch knallen sollte, dass beunruhigende Gerüchte über Palosuo und Liimatta im Umlauf waren.
»Was meinst du damit?«, fuhr Palosuo ihn an.
»Man sollte jetzt kühlen Kopf bewahren. Beruhigt euch erst mal alle«, appellierte Ratamo. »Ich und Eeva haben gleichaltrige Töchter, die zusammen reiten gehen. Deshalbkennen wird uns. Und das ist alles.« Er schaute beim Reden Riitta Kuurma an.
»Ein ziemlicher Zufall, dass man das Verschwinden der Waffe von Arvo Hallamaa gerade jetzt bemerkt. Oder was meint der Herr Oberkommissar?« Palosuos Stimme hallte von den Wänden wider wie eine der Posaunen von Jericho. Sie wirkte gestresst.
»Ich wollte keine große Nummer daraus machen, es gibt wichtigere …«
Palosuo haute mit der Faust auf den Tisch. »Du wirst in diesem Fall nicht weiter ermitteln. Das ist sicher.«
Die Chefin war so in Rage, dass Ratamo es für besser hielt, zu schweigen. Vielleicht würde sich Palosuo im Laufe der Zeit wieder beruhigen. Er hatte sich das selber zuzuschreiben, warum war er bloß gestern nicht dazu gekommen, Arvo Hallamaa nach der Nummer zu fragen. Der Mann hatte am frühen Morgen die Zentrale der SUPO angerufen, ihn aber nicht erreicht und deshalb dem Diensthabenden eine Nachricht
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