Finnischer Tango - Roman
Seufzer zurück. Mikko würde zu Hause mit Kirsi zusammen auf sie warten. Das war ihr gerade jetzt das Allerwichtigste, die Nähe der Menschen, die sie liebte. Der Stress der letzten Stunden hatte alle Kraft aus ihr herausgesogen, sie hing auf dem Rücksitz wie ein weggeworfener Handschuh.
Das Verlangen nach Speed erwachte irgendwo tief in ihr, auch das machte ihr Angst, in diesem Zustand könnte sie schwach werden, wenn sie die Gelegenheit dazu bekäme. Deswegen wollte sie sich zu Hause einschließen und einen ganzen Tag lang schlafen, das würde helfen, das hatte auch früher geholfen. Es schien ihr so, als wäre von ihrer Kraft nichts, aber auch gar nichts mehr übrig. Aber das Gehirn arbeitete weiter: Die Begegnung mit Adil, das als Gefängnis hergerichtete Büro, das Passwort, das Foltervideo, das Wort forfeit . Sie versuchte sich zu erinnern, was Adil gesagt hatte. »… dass ich alles aus dem richtigen Blickwinkel gesehen habe …auch bösen Menschen muss man ihre Taten in gerechter Weise heimzahlen … wenn ich einen Folterer ermorde, dann sagst du, das ist Rache, aber ich nenne es das Recht … deinetwegen bin ich nach Bagdad zurückgekehrt, deinetwegen bin ich gefoltert worden.«
Adil hatte ihr etwas angedeutet, aber was? Das Taxi bog in die Sepänkatu ein, und Eeva holte ihre Kreditkarte aus dem Portemonnaie. Sie würde schlafen und dabei die Gräuel der letzten Tage vergessen und dann weiterleben wie vorher. Nur eins wusste sie noch nicht, wie sollte sie Mikko davon überzeugen, dass sie kein Speed genommen hatte. Morgen würde sie jedenfalls ihr Verhältnis zu Mikko in Ordnung bringen, beschloss Eeva, so oder so. Sie würde nicht zulassen, dass Adil diese Beziehung zerstörte. Vielleicht wäre Ratamo bereit, mit Mikko zu reden.
Die Tür des Taxis knallte zu. Eeva schaute nach oben und atmete die kalte Luft tief ein. Der Schnee, der weich auf ihr Gesicht fiel, wirkte belebend, und von der Eisbahn im Park hörte man die fröhlichen Stimmen der Kinder, die dort Schlittschuh liefen. Sie drehte sich zur Haustür um und erstarrte, als sie zwei Männer mit ernster Miene sah. Ihr Herz ließ einen Schlag aus, nahm denn diese Hölle immer noch kein Ende? Blonde Haare, blaue Augen, nüchterne Krawatten und graue Anzüge: Eeva fühlte Erleichterung, als ihr klar wurde, dass es finnische Polizisten waren. Sie hatte in ihren Drogenjahren genügend Bullen getroffen und erkannte sie deshalb sofort, selbst wenn sie eine Kapuze aufhätten.
»Sicherheitspolizei, Loponen«, sagte der kleinere der beiden Männer und zeigte seinen Dienstausweis, während sein Kollege die Tür des weißen Ford Mondeo öffnete und Eeva bedeutete, hinten einzusteigen.
Wenige Minuten später saß Eeva wieder in demselben trostlosen Raum wie am letzten Sonnabend, als dieser Alptraumbegonnen hatte. Gleich würde wahrscheinlich dasselbe Bataillon wie damals hereinmarschiert kommen. Sie musste an den Film »Und täglich grüßt das Murmeltier« denken, in dem ein Meteorologe, dargestellt von Bill Murray, denselben Tag noch einmal erlebte, ein ums andere Mal. Was er im Laufe des Tages auch tat, wenn er am nächsten Morgen aufwachte, war alles wieder genau wie vorher …
»So. Jetzt ist Schluss mit dem Ringelreihen«, dröhnte der rothaarige SUPO-Mann, als er die Tür aufriss und hereinpolterte. Eeva erinnerte sich nicht an seinen Namen, aber die Ermittlerin hieß Riitta Kuurma, sie war beim letzten Verhör am freundlichsten gewesen. Völlig überrascht sah Eeva, dass auch Ratamo hereinkam, instinktiv versuchte sie zu lächeln und erhielt als Antwort einen bösen Blick.
»Anscheinend hast du nicht nur gelogen, als es um Adil al-Moteiri ging«, sagte Ratamo.
Eeva begriff sofort, dass sie jetzt noch tiefer in der Klemme saß: Auch Ratamo vertraute ihr nun nicht mehr. Was war geschehen?
Bis die Videokamera endlich lief und Wrede die Litanei am Anfang eines Verhörs aufs Band gesprochen hatte, vergingen lange, bedrückende Minuten, in denen Schweigen herrschte. Kuurma und Ratamo schauten den Schotten an, der zwischen ihnen saß, wie Schöffen den Richter.
»Sie werden verhört, weil Sie unter dem Verdacht stehen, einen groben Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz begangen zu haben«, verkündete Wrede ohne langes Drumherum.
Eevas Welt brach zusammen, das war in den letzten drei Tagen schon zu oft passiert. Hatten die Polizisten die von dem Türken versteckten Speed-Pakete gefunden? Wie war das möglich? Hatte Adil …
»Das abzustreiten ist
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