Finnischer Tango - Roman
Mitteleuropa. An dem Schiff ist nur eins englisch – der Name.«
»Aber bei dem anderen nicht!« Melissa stand mühsam auf und hielt sich den Bauch. »Der Luxuskreuzer ›Pride of Britain‹ der Reederei P&O-Cruises. Symbolisch gesehen, ein hervorragendes Ziel: Die Terroristen würden buchstäblich einen Anschlag auf den Stolz Britanniens ausüben.«
Der Beamte im roten Hemd las immer schneller vor. »Die ›Pride of Britain‹ ist auf ihrer Jungfernkreuzfahrt, auf dem Schiff befinden sich einschließlich der Mannschaft dreitausend Menschen, der größte Teil der Passagiere sind geladene Gäste aus Großbritannien, wirklich bekannte Namen aus Wirtschaft, Politik und Unterhaltungsbusiness: zwei Minister, vier Minister der Schattenregierung und Admiral Harris, der Kommandeur der Königlichen Flotte. Auch der Kapitän ist Engländer, ebenso die Offiziere.«
»Wo ist das Schiff?« Langdons Stimme klang angespannt.
»Auf der Ostsee. In zwei Stunden kommt es im Hafen von Helsinki an.«
Langdon strich sich über seine Bartstoppeln und ging unruhig unter der Lagetafel auf und ab. »In so kurzer Zeit bekommen wir die Eingreiftruppe des SAS nicht an Bord, vermutlich nicht einmal die Antiterroreinheit der Finnen. Bittet den Kapitän des Schiffes, die Überwachung und die Suche nach Sprengstoff zu intensivieren. Und das Tempo des Schiffes zu beschleunigen, wenn das möglich ist. Melissa nimmt Kontakt zu den finnischen Behörden auf: Das Schiff muss geräumt und durchsucht werden, sobald es den Hafen erreicht hat. Aber das alles soll möglichst ohne großes Aufsehen geschehen, es kann sein, dass wir uns irren. Alle anderen durchforsten weiter das nachrichtendienstliche Material.« Langdon gab seine Anweisungen und hoffte, dass man ihm die Angst nicht ansah.Erik Wrede ging in der operativen Zentrale auf und ab wie Napoleon vor der Schlacht von Austerlitz und wartete darauf, dass alle Anwesenden einen Stuhl unter sich hatten. Seine Daumen steckten in den Ärmellöchern des grünen Westovers.
Ratamo warf Riitta Kuurma einen Blick zu, sie sah immer noch wütend aus. Die SUPO war von den in der Regel so taktvollen Briten heftig kritisiert worden, dass sie den MI 5 nicht schon früher über Adil al-Moteiri informiert hatte. Die Verantwortung dafür hatte Wrede ungerührt Riitta Kuurma zugeschoben.
Ratamo war müde. Zwar hatte er letzte Nacht dank zweier Tenox-Pillen fürstliche sechs Stunden geschlafen, aber der chemische Schlaf war auch nicht annähernd so erholsam wie der echte. Er hatte schon das dritte Mal innerhalb einer Woche denselben Alptraum gehabt: Er war mit Nelli auf der Flucht vor einem Erdrutsch, der immer näher kam, sie konnten aber nicht schnell genug weglaufen, weil seine Füße gefesselt waren. Jedesmal wachte er von seinen Schreien schweißgebadet auf, kurz bevor die Gesteinsmassen sie unter sich begruben. Hing das mit der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, mit Nellis Krankheit oder mit beidem zusammen? Zu allem Überfluss war die Ärztin auch noch fuchtig geworden, als er früh wieder wegen der Ergebnisse von Nellis Labortests nachgefragt hatte.
»Wie ihr schon wisst, hat die SUPO vor einer knappen Stunde aus London die Information erhalten, dass Terroristen möglicherweise versuchen, das Kreuzfahrtschiff ›Pride of Britain‹, das gleich im Hafen von Helsinki eintreffen wird, in die Luft zu jagen.« Damit eröffnete Wrede die Besprechung.
»Die Chefin der SUPO, Ulla Palosuo, kann leider nicht an dieser Besprechung teilnehmen, aber von unserer Seite sind die Oberkommissare Arto Ratamo und Riitta Kuurmaanwesend, und verantwortlich bin ich, Erik Wrede, Chef des operativen Bereichs.« Der Schotte wollte sofort klarstellen, wer den Taktstock schwang. »Vom Innenministerium ist hier als … Beobachterin Staatssekretärin Anneli Seppä, und die KRP vertritt Kriminalkommissar Asko Ylinen. Als Leiter vor Ort in Hernesaari wird der stellvertretende Polizeichef von Helsinki, Jukka Munck, fungieren, und die operativen Aufgaben auf dem Schiff übernimmt das Sondereinsatzkommando der Helsinkier Polizei, das Karhu-Kommando. Dessen Leiter ist Kommissar Ville Kivelä. Ville, sag du noch mehr über die Zusammensetzung von Karhu.« Wrede gab einem blonden, durchtrainierten Mann mit kurzgeschorenen Haaren ein Zeichen.
»Es geht hier um eine Bedrohung, die so enorm ist, dass wir unser ganzes Arsenal einsetzen: drei Einsatzkommandos, eine Hundestaffel, eine technische Gruppe und natürlich das Te-Bo-Kommando. Wir
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