Finnischer Tango - Roman
sind bereit zu handeln, sobald der Befehl kommt«, versicherte Kivelä den Zuhörern und setzte sich wieder hin.
»Vom Terror-Bomben-Kommando wird hier vermutlich die größte Leistung erwartet«, sagte Wrede und marschierte vor dem Flip-Chart auf und ab. »Nach Ansicht der Engländer ist es am wahrscheinlichsten, dass man versucht, das Schiff, diese … ›Pride of Britain‹, in die Luft zu sprengen. Oder sie haben die Absicht, NBC-Kampfmittel über das geschlossene Klimaanlagensystem des Schiffes zu verbreiten.«
Ratamo bemerkte die Verwirrung im Gesichtsausdruck der Staatssekretärin. »NBC ist die Abkürzung für radioaktive, biologische und chemische Kampfstoffe«, erklärte er und sah, wie Wrede zufrieden nickte.
»Wie sind die Terroristen auf das Schiff gekommen? Und wie konnten sie Sprengstoff oder diese … Stoffe an Bord bringen?« Es schien so, als hätte die Staatssekretärin Schwierigkeiten, die Lage zu begreifen.
»So unglaublich das auch klingt, die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO verlangt von den Häfen immer noch keine strengen Sicherheitsmaßnahmen«, sagte Riitta Kuurma in schroffem Ton. »Nicht einmal nach all dem, was die Terroristen in den letzten Jahren angerichtet und versucht haben.«
»Das stimmt leider«, bestätigte Wrede. »Für die IMO genügt es, dass die Passagiere bloß mit Stichproben kontrolliert werden, auch in den Häfen mit grenzüberschreitendem Verkehr. Von den Tausenden Passagieren eines Schiffes der Größe dieser ›Pride of Britain‹ sind vielleicht zwanzig kontrolliert worden.«
Der stellvertretende Polizeichef von Helsinki schien bereit zu sein, statt vieler Worte nun zur Tat zu schreiten. »Wir müssen noch Kontakt zum Zoll und zum Grenzschutz aufnehmen. Und zur Notrufzentrale, für alle Fälle.« Er stand auf, und man sah ihm an, dass jetzt die Zeit des Handelns gekommen war.
Ratamo und Kuurma verließen den Raum als Erste. Sie hatten es eilig. Ratamo musste sich mit den Grundrissen der Schiffsdecks vertraut machen, bevor die »Pride of Britain« in Hernesaari vor Anker ging, und Kuurma sollte Eeva Hallamaa verhören.
»Ich habe doch gesagt, dass Eeva nicht gelogen hat«, meinte Ratamo zu Riitta, als sie die Treppen hinuntergingen. »Wettest du mit mir um ein Mittagessen, dass sie nichts mit diesen Drogen und Morden zu tun hat?«
Doch Riitta Kuurma biss nicht an. »Das ist durchaus möglich, die Wette lasse ich lieber aus.«
»Übrigens, warum interessiert sich der MI 5 jetzt plötzlich so für al-Moteiri?«, erkundigte sich Ratamo neugierig.
»Der Mann hat noch vor einem reichlichen Jahr mit Umar Hussain in der Organisation Takfir zusammengearbeitet. Nach Melissas Ansicht ist es kein Zufall, dass al-Moteirigerade jetzt hier war, so kurz vor dem Terroranschlag. Eeva könnte etwas darüber wissen.«
53
Adil al-Moteiri saß im hinteren Teil der Passagiermaschine vom Typ Learjet 40, die über sieben Plätze verfügte, und schaute durch das Fenster auf seine von der Morgensonne beschienene Heimatstadt. Die Zerstörungen Bagdads während des letzten Krieges waren aus der Luft nicht zu sehen, und wenn man die Silhouetten der Wolkenkratzer herausfilterte, konnte man sich leicht vorstellen, wie die Stadt in ihren Glanzzeiten ausgesehen hatte. Wenn irgendjemand all das Gute verdient hatte, was der islamischen Welt schon bald bevorstand, dann waren es die Einwohner von Bagdad.
Er tauchte in die Geschichte Bagdads ein, er wusste darüber fast alles. Die Stadt war im Laufe der Jahrhunderte schlimmer drangsaliert worden, als es sich die letzten Eroberer, die Briten und Amerikaner, auch nur vorstellen konnten. Im Jahre 1258 ritt Hulagu, der Enkel von Dschingis Khan, mit einer zweihunderttausend Mann starken Mongolenarmee in die Stadt ein und tötete bei den vierzig Tage dauernden Kämpfen den letzten Abbasiden-Kalifen und fast die gesamte Bevölkerung Bagdads – achthunderttausend Menschen. Die mongolischen Barbaren errichteten aus den Schädeln der religiösen Führer Bagdads, der Gelehrten und der Intelligenz eine Pyramide und löschten in kürzester Zeit einen großen Teil der technischen und geistigen Errungenschaften der Abbasiden-Dynastie aus.
Adil wandte sich mit besorgter Miene seinem Bruder zu, der neben ihm saß. Es war höchste Zeit, alles noch einmal durchzusprechen. Die Reise würde bald vorüber sein; Nadschaflag nur hundertsechzig Kilometer von Bagdad entfernt.
»Alles ist in Ordnung. Die Zelle der Kämpfer hat ihre Stellungen in
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