Finnischer Tango - Roman
brannte er vor Neugier: Wie würde Wrede mit Palosuo auskommen? Er hatte noch nicht erlebt, wie das Führungsduo zusammenarbeitete. Höchstwahrscheinlich ging es dabei sehr laut zu. Der Schotte, der es auf den Posten des SUPO-Chefs abgesehen hatte, war vor zwei Jahren wegen Palosuos Ernennung zur Nachfolgerin Ketonens unheimlich enttäuscht gewesen, erst hatte er die Türen geknallt und sich dann für ein Jahr beurlauben lassen. Die Atmosphäre in der SUPO war nach Ketonens Pensionierung und Wredes Rückkehr sehr angespannt. Heutzutage belauerten sich alle misstrauisch.
Plötzlich wurde Ratamo klar, dass es mit Arkadi Kirilows Tod etwas Besonderes auf sich haben musste, weil der Fall sowohl die SUPO-Chefin als auch den Leiter des operativen Bereichs interessierte. Er wollte Palosuo gerade danach fragen, da kam Wrede mit wehender roter Mähne hereingeschossen.
Den grünen Westover des Schotten, der so aussah, als hätte man ihn irgendwann in den Jahren der Tauschwirtschaft gestrickt, hatte Ratamo schon vergessen gehabt. »Wie geht’s denn so in Jakomäki?«, fragte er, obwohl er wusste, dass es besser gewesen wäre, den Schotten nicht gleich zu verärgern. Sie hatten sich seit einer Ewigkeit nicht mehr richtig unterhalten, von seinen Kollegen wusste Ratamo jedoch, dass Wrede geschieden und in eine Junggesellenbude gezogen war.
»Jakomäki ist wie Monaco: Viele Ausländer, und kaum einer zahlt Steuern«, entgegnete Wrede, woraufhin Riitta Kuurma ihm einen eisigen Blick zuwarf. »Aber zur Sache.Arkadi Kirilows Leiche ist also in Hernesaari gefunden worden. Der Mann wurde zunächst misshandelt und danach im Stile einer Hinrichtung aus nächster Nähe erschossen.« Beim Sprechen verteilte er einen Stapel Fotos an seine Kollegen. Die Mienen der SUPO-Mitarbeiter wurden noch ernster. Palosuo verzog das Gesicht.
»Die Mordwaffe wurde neben der Leiche gefunden, eine alte Pistole, deren Besitzer jetzt schnellstens aufgespürt werden soll. Verantwortlich für die Ermittlungen ist die Mordkommission der Helsinkier Polizei, die Truppe von Markus Falck. Die Jungs von der Technik durchstöbern den Tatort, und die Leiche wird im Institut für Gerichtsmedizin untersucht. Was gibt es noch …« Wrede blätterte in seinen Unterlagen. »In Kirilows Tasche wurden ausgedruckte E-Mails gefunden … Der Absender ist Wassili Arbamow. Und mehrere Beutel mit Drogen, höchstwahrscheinlich Heroin. Die Proben werden natürlich analysiert. Aber das Allerinteressanteste ist, dass vor zwei Stunden eine Frau namens Eeva Hallamaa nach Pasila gebracht wurde …«
»Diese Eeva Hallamaa ist mit ihrer Geschichte zuerst zu mir gerannt gekommen. Ich habe ihr gesagt, sie soll nach Pasila fahren, und ich habe einen Streifenwagen besorgt, der sie hingebracht hat. Wir haben gleichaltrige Töchter, die zusammen zur Reitstunde gehen. Eeva hat mit diesem Mord überhaupt nichts zu tun, das steht fest«, sagte Ratamo und runzelte die Stirn, während er kurz ein Foto von Kirilows Leiche betrachtete. Im selben Augenblick entschloss er sich, seinen Kollegen nichts von Eevas blutverschmierten Händen zu erzählen. Wahre Freunde erkennt man in der … und so weiter.
»Diese Hallamaa ist also …«
Palosuo unterbrach Wrede selbstsicher und resolut: »Eins nach dem anderen, so sollten wir vorgehen. Arto, informiere uns über diesen Kirilow.«
Ratamo gab seinen Kollegen eine Zusammenfassung der Informationen des Personenprofils, das er seinerzeit von dem Russen angefertigt hatte, und versprach, es zu aktualisieren.
»Weiß jemand, warum Kirilow in Finnland war?«
Kuurma schaute Palosuo an und schüttelte den Kopf. »Auch die KRP, die Zentrale Kriminalpolizei, weiß es nicht, aber sie versuchen, es zu klären. Ganz sicher hängt es mit Drogen zusammen.«
»Diese Hallamaa hat in Pasila eine ziemlich hanebüchene Geschichte erzählt«, sagte Wrede, der nicht abwarten und ruhig bleiben konnte. »Sie behauptet, ein Mann, der sich ›der Türke‹ nannte, habe Kirilow bei ihr zu Hause mit Heroin ermordet; und Wassili Arbamow beabsichtige, den ganzen europäischen Heroinmarkt zu erobern, auch den in Finnland.«
»Eeva behauptet nichts, sie hat lediglich erzählt, was passiert ist.« Ratamo starrte den Schotten wütend an. »Und was hat übrigens die SUPO mit diesen Ermittlungen zu tun?«
»Sagen wir mal so, wir bekämpfen die internationale organisierte Kriminalität. Von den Dingen im Zusammenhang mit Wassili Arbamow erfährst du etwas später«, antwortete Palosuo,
Weitere Kostenlose Bücher