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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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einen Ort zu finden, wo er in Sicherheit |129| war. Um sich zu verstecken, brauchte er jedoch Geld und Kleidung. Doch wo sollte er sich das besorgen? Er war sicher, daß die Polizei bereits seine Freunde überwachte. Und Liisa? Vielleicht wußte die Polizei nicht, daß sie auch außerhalb der Arbeitszeit Kontakt hielten. Ratamo war sicher, daß die Frau alles für ihn tun würde. Sie könnte ihm jedoch keine Männersachen besorgen. Zu seiner Überraschung spürte Ratamo eine Art Sehnsucht, als er an Liisa dachte. Ein- oder zweimal, als es zu Hause noch schlechter lief als gewöhnlich, hatte er sogar überlegt, ob er ein Verhältnis mit ihr anfangen sollte. Er fragte sich, was er mehr gefürchtet hatte, den Verlust von Kaisas oder von Nellis Vertrauen.
    Das Bier begann zu wirken. Als Ratamo spürte, daß er etwas ruhiger und lockerer wurde, merkte er auch, wie extrem angespannt er gewesen war. Er sank fast auf den Tisch, als sich die Muskelspannung löste. Eine zahnlose Oma mit rotem Haar, die am Tisch gegenüber saß, lächelte ihm zu. Ratamo überlegte, ob die Frau eine Perücke trug.
    Plötzlich fiel ihm ein, daß Liisa wußte, wo Manneraho seine Ersatzschlüssel aufbewahrte. Auf einer Auslandsreise waren ihm die Schlüssel und die Wertsachen gestohlen worden. Manneraho hatte ihn auf Arbeit angerufen und gebeten, seinen Ersatzwohnungsschlüssel aus dem Schreibtischfach in seinem Arbeitszimmer auf den Flugplatz zu bringen. Ratamo war aber schon fast auf dem Heimweg gewesen und hatte die unangenehme Aufgabe einfach frech an Liisa weiterdelegiert.
    Aus Mannerahos Wohnung könnte er eine ganze Garderobe voll Sachen bekommen. Aber war die Polizei oder die Aufklärungsabteilung dort noch zu Gange? Glaubten sie womöglich, er würde an den Tatort zurückkehren? Er kam zu dem Schluß, daß sie ihn nicht für so simpel halten konnten. Er beschloß |130| jedoch, vorsichtig zu sein und sich zu vergewissern, daß Mannerahos Wohnung nicht observiert wurde.
    Ratamo tippte an dem Telefon in der Kneipe Liisas Nummer ein, die er auswendig kannte. Trotz des Stresses versuchte er, sich von seiner charmantesten Seite zu zeigen.
    »Wo bist du? Hier haben sich den ganzen Morgen Bullen rumgetrieben und Fragen gestellt, sie wollten alles mögliche über dich wissen. In der Nacht ist hier eingebrochen worden. Hast du irgend etwas damit zu tun?« fragte Liisa, ihre Stimme klang wegen der Anspannung und der Neugier schriller als sonst.
    »Natürlich nicht. Ich werde ja wohl nicht auf meiner eigenen Arbeitsstelle einbrechen. In dem Trubel gestern habe ich vermutlich vergessen zu erzählen, daß ich heute und morgen Urlaub habe. Mach dir keine Sorgen, Manneraho weiß selbstverständlich Bescheid. Was haben die Polizisten gesagt?«
    »Daß sie im Zusammenhang mit irgendwelchen Verbrechen nach dir suchen. Ist noch etwas anderes geschehen als dieser Einbruch?«
    Ratamo war erleichtert. Liisa wußte also nichts von Mannerahos Tod, und die Polizei posaunte nicht öffentlich aus, daß sie ihn der Morde verdächtigte. Selbst Liisas Loyalität hätte vielleicht ihre Grenzen, wenn sie gebeten wurde, einem Killer zu helfen.
    Es klang überzeugend, als Ratamo ihr vorlog, er wisse nicht das geringste von dem Einbruch und von anderen dunklen Machenschaften. Erst sei er mit Manneraho zusammen bei einem Arbeitsessen gewesen, und danach hätten sie noch in allzu vielen Gaststätten Station gemacht. Es wäre so ein wüstes Besäufnis geworden, daß Manneraho irgendwo seine Schlüssel verloren hatte. Und er selbst habe sich nicht getraut, nach |131| Hause zu gehen, weil ihre Sauferei bis zum frühen Morgen gedauert hatte. Also waren sie in der nächstgelegenen Kneipe gelandet, um zu überlegen, was sie tun sollten.
    »Seit wann gehst du denn mit Manneraho Bier trinken? Du kannst den Alten doch nicht ausstehen.«
    »Na ja, freiwillig wäre ich ja wohl auch nicht mitgegangen. In der Situation war ich dann aber einfach dazu gezwungen.«
    Ratamo wechselte schnell das Thema, ehe Liisa noch mehr Fragen stellen konnte. »Hör mal, wir sitzen hier in der Gaststätte ›Salve‹ am Markt von Hietalahti.«
    »Ist das nicht irgend so eine Spelunke?«
    »Hm, sie paßt ganz ausgezeichnet zu unserem derzeitigen Zustand. Könntest du Manneraho einen Gefallen tun und ihm seine Ersatzschlüssel bringen, dann kann er nach Hause gehen. Und noch etwas. Könntest du mir ein bißchen Geld borgen? Meine Plastikkarte habe ich in irgendeinem Restaurant hinterlegt und dann vergessen

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