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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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hinreißen lassen könnte, etwas Unüberlegtes zu tun. Hatte Vairiala Siren in bezug auf den Waffenhandel belogen? Irgend etwas Merkwürdiges war jedenfalls im Gange. Er beschloß, Vairiala in die
Box
zu nehmen, das bedeutete, eine Person rund um die Uhr zu überwachen.
    Es war zehn Uhr siebenundzwanzig am Donnerstagvormittag.

|123| 22
    Parola parkte den Lada auf dem Innenhof des Generalstabsgebäudes. Er und Leppä hatten während der ganzen Fahrt von der Polizeistation bis hierher keinen Ton gesagt. Im Aufzug brach Parola das Schweigen mit einem lauten Furz.
    Leppä mußte lachen: »Menschenskind, mit der Leistung hättest du sogar bei den Knastbrüdern einen Preis gewonnen.«
    »Der Frühstücksbrei und die Buttermilch machen sich bemerkbar«, entgegnete Parola fast stolz. Es war halb elf, als die beiden an Vairialas Tür klopften und den Befehl »Herein« hörten. Sie setzten sich wie zwei Schuljungen auf das alte Sofa vor dem Schreibtisch, so als hätte der Schuldirektor sie zu einer Strafpredigt bestellt. Das laute Ticken der Wanduhr verstärkte noch diesen Eindruck.
    Vairiala sah erbost aus, er betrachtete sie eine Weile abfällig über den Brillenrand und seufzte tief. Dann schaute er an ihnen vorbei und konstatierte lakonisch, wie zu sich selbst: »Nun erzählt doch bloß mal, warum zwei Männer, die seit Dutzenden Jahren beim Nachrichtendienst arbeiten, nicht in der Lage sind, einen Wissenschaftler aus einer Polizeistation abzuholen.« Gegenüber seinen Untergebenen selbstsicher aufzutreten war Vairiala schon immer leichter gefallen, als gegenüber seinen Vorgesetzten.
    Die beiden Männer rutschten verlegen auf ihrem Platz hin und her.
    |124| »Ratamo war schon verschwunden, als wir dort ankamen. Da konnten wir nichts mehr tun«, erwiderte Leppä zu ihrer Verteidigung und breitete die Arme aus.
    »Jarmo, keine Erklärungen. Sag nur, was passiert ist«, entgegnete Vairiala müde. Für einen Augenblick hatte er schon geglaubt, Ratamo könnte sofort gefaßt werden und sein eigenes Wappenschild würde frisch poliert in noch hellerem Glanz erstrahlen. Doch nun war seinem Gesicht wieder der Streß anzusehen, unter dem er lebte. Er fuhr sich über die Glatze, als würde er seine Haare suchen. »Wir sind mit durchgetretenem Gaspedal dahin gefahren, und in der Polizeistation hat uns dann dieser Hämäläinen angeguckt wie Pik Sieben und erklärt, daß Ratamo abhauen konnte, während er mit dir am Telefon gesprochen hat. Es wäre ja wohl sinnlos gewesen, dem Mann zu Fuß hinterherzurennen. Versuch das mal zu verstehen.« Vairialas Gesichtsausdruck verriet, daß Mitgefühl jetzt nicht im Angebot war. Parola bemühte sich, Vairiala zu besänftigen, indem er das Thema wechselte und erzählte, daß man das Gefriergerät aus der EELA geholt und in die Waffenkammer der Schlapphutabteilung gebracht hatte.
    Leppä seinerseits berichtete, was die Kollegen bei ihrem Besuch in der EELA erreicht hatten. Die einzige Überraschung bestand darin, daß in der Nacht vorher jemand die Dateien des Ebola-Helsinki-Projekts im Zentralcomputer geöffnet haben mußte. Doch von den Mitarbeitern der EELA hatte das niemand zugegeben.
    Nachdem Parola und Leppä von den Ereignissen am Vormittag berichtet hatten, saßen sie schweigend da und erwarteten ihr Urteil.
    Der Brigadegeneral ging zum Fenster. Der Schulhof lag jetzt leer und verlassen da. Nach einem Schweigen, das ewig zu |125| dauern schien, sagte er ganz ruhig: »Ratamo muß schnell gefaßt werden. Bei der Suche müssen wir so aggressiv vorgehen, daß er keine Zeit hat, seine Geschichte irgendeiner glaubwürdigen Seite zu erzählen.« Vairiala konnte nicht verraten, daß seine größte Sorge darin bestand, wie er Siren erklären sollte, warum man Ratamo nicht gefaßt hatte.
    Vairiala setzte sich hin, legte die Beine auf den Tisch, schob seine fusselige Wollkrawatte gerade und richtete den Blick auf seine Untergebenen. Er sagte, er werde mit der Polizei sprechen und sie darum bitten, alle nur erdenklichen Ressourcen einzusetzen, um Ratamo zu lokalisieren. Wenn man den Mann fand, dürfte ihn die Polizei nicht verhaften, sondern müßte Parola und Leppä den Aufenthaltsort mitteilen. Bis sie ihn abholten, würde man Ratamo im Auge behalten. Es dürfte auf keinen Fall irgendeine Großfahndung eingeleitet werden, nur die Polizeistreifen und Beamte in Zivil sollten nach einer Person suchen, auf die all diese Erkennungszeichen zuträfen. Eine Großfahndung würde die Medien auf den Plan

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