Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
nächsten Stunde ein Telefon, über das ich Anweisungen erteile. Versuchen Sie nicht,es zu präparieren. Das bemerken wir sofort«, sagte Sterligow und beendete das Gespräch. Er wendete den Passat auf dem Hof der Tankstelle von Mullypuro und fuhr zurück in Richtung Westen. Als Nächstes würde er die bevorstehende Operation noch einmal mit seinen Helfern durchgehen, und dann wollte er Kontakt zum »Hund«, dem Verräter, aufnehmen.
Schon bald bekäme er die Gelegenheit, mehrere Finnen hinzurichten.
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Sorgfältig vollendete Irina ihren Lidschatten. Der Farbton »Rosy Wings« passte zu ihr. Sie zog die Konturen ihrer Lippen nach, malte sie rot an und tupfte sich ein wenig mehr Puder auf Stirn, Nasenspitze und Wangen. Es war schwierig, sich genauso dezent zu schminken wie finnische Frauen.
Sie war noch nicht dazu gekommen, Kontakt zu Sterligow aufzunehmen. Ihr Bruder hatte aus Petersburg angerufen und mitgeteilt, dass eine Gruppe von drei Experten bereitstand und sofort in Wiremoney einbrechen würde, wenn sie das Passwort, die Kontendaten und die Kundennummern schickte. Die Männer würden nur ein paar Stunden brauchen, um den Spielautomat der National Bank zu leeren. Sie war so aufgeregt, dass sie einen Schluck Whisky aus der Flasche trank. Ihr blieb nicht viel Zeit, nur dieser Abend und die kommende Nacht. Spätestens am nächsten Morgen, bevor Tang in sein Büro kam, müsste sie Swerdlowsk bei der SUPO denunzieren.
Sie war gezwungen, sich das Passwort jetzt sofort bei Sterligow zu beschaffen. Würde er wenigstens verraten, ob er es überhaupt bekommen hatte? Irina erwog, ihren Plan doch lieber zu begraben, aber dann sah sie das fette, stöhnende Gesicht des verschwitzten Tang vor sich und traf ihre Entscheidung.Vielleicht verdächtigte Sterligow sie nicht, ein Verräter zu sein, selbst wenn sie ihn ausfragte. Schließlich hatte sie einen guten Grund, ihn anzurufen.
Sie ging die Geschichte, die sie sich zurechtgelegt hatte, zum hundertsten Mal durch, drückte die Samokrutka im Wasserglas aus und tippte Sterligows Nummer ein.
»Schlechte Nachrichten«, sagte Irina sofort, als sich Sterligow meldete. Sie erzählte, man habe ihr den Befehl gegeben, der SUPO zu verraten, dass Swerdlowsk Tommila entführt hatte, hinter der Operation Inferno steckte und die National Bank ausrauben wollte. Der Verkehrslärm im Hintergrund verriet ihr, dass der Mann im Auto saß.
Sterligow biss sich auf die Lippe, drückte das Handy noch fester an sein Ohr und bremste, als sich ein langsamer Transporter vor ihn drängte. Ein Schwall russischer Flüche flutete durch das Auto. Er hoffte, dass Irina fähig war, auf Zeit zu spielen, das musste sie einfach können. Er war dem Erfolg nun schon so nahe. »Wie lange kannst du noch warten?«
»Wie viel Zeit brauchst du? Hast du das Passwort schon aus diesem Burschen herausgeholt?«, erkundigte sich Irina und fürchtete, dass in Sterligows Kopf die Alarmglocken läuteten.
»Tommila kannst du vergessen. Arto Ratamo von der SUPO wird mir das Passwort heute Nacht übergeben. Kannst du bis morgen früh warten?«
Irina glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Sterligow hatte ihr genau das erzählt, was sie hören wollte. Ihre Glückssträhne ging anscheinend weiter. »Ich denke schon. Wenn Tang anruft und Druck macht, kann ich sagen, dass die Verschlüsselung der Nachricht tagsüber leichter ist, weil in Europa dann in der elektronischen Kommunikation viel mehr Betrieb herrscht. Ich lasse mir schon etwas einfallen. Tang stand nicht als erster in der Schlange, als der Verstand verteilt wurde.«
Sterligow beendete das Gespräch und entspannte sich ein wenig. Irina war von seinen Helfern in all den Jahren die beste gewesen. Jetzt hatten die Computerspezialisten die ganze Nacht Zeit für ihren Einbruch in Wiremoney, und er konnte sich um Ratamo kümmern. Er hatte die Situation völlig unter Kontrolle.
Irina wurde klar, dass ihr noch weniger Zeit zur Verfügung stand, als sie geglaubt hatte. Arto Ratamo musste sofort gefunden werden. Mit jeder Minute wuchs das Risiko, dass Tang irgendeine Dummheit beging. Chinesen trafen ihre Entscheidungen stets im Verborgenen und setzten sie urplötzlich um, ohne Vorwarnung. Außerdem war Tang so neugierig, dass er selbst beim Niesen die Augen offen hielt.
Sie war sicher, dass sie Ratamo die Unterlagen wegschnappen würde wie einem Parlamentskandidaten die Wahlwerbung. Sie schaute sich in ihrer öden Zwei-Zimmer-Wohnung um und beschloss, nichts mitzunehmen,
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